Zahlungsverkehr verheißt neue Erträge

Investitionen infolge Regulierung lassen Echtzeit-Dienste möglich erscheinen - Skepsis bei Banken

Zahlungsverkehr verheißt neue Erträge

Von Bernd Neubacher, FrankfurtDer Zahlungsverkehr, ein traditionell eher unspannendes Geschäftsfeld des Banking, verspricht neues Ertragspotenzial. Investitionen, die im Zuge neuer Regulierung ohnehin anfallen, lassen Echtzeitabwicklungen von Zahlungen nunmehr realistisch erscheinen. Auf diese Weise könnten Banken nicht nur einen Teil ihrer ohnehin fälligen Investitionen wieder hereinholen, sondern endlich auch einmal wieder über neue Ertragsfelder sprechen, anstatt über regulatorisch bedingten Ertragsschwund, wird bei Beratern vorgerechnet. “In die Regulierung und in Sepa haben die Banken viel investiert”, sagt etwa Sebastian Litschke, der beim Beratungshaus PPI den Bereich Sicherheit im Zahlungsverkehr verantwortet: “Jetzt müssen sie das Potenzial dieser Neuerungen heben.” Als Paradebeispiel dient der Baseler Standard BCBS 239, der systemrelevante Banken verpflichtet, bis 2016 eine konzernweit einheitliche und leistungsfähige Risiko-IT einzurichten. Die DZ Bank etwa muss laut eigener Einschätzung ungefähr 100 Mill. bis 120 Mill. Euro aufwenden, um ihre Bewertungsmethodik für Marktpreis-, Adressausfall- und operationelle Risiken für die Konzerntöchter zu vereinheitlichen und die Daten in einem zentralen “Data Warehouse” zu bündeln. Weitere Investitionen erfordert der Baseler Standard BCBS 248, der neue Kennzahlen und Methoden zur Steuerung der untertägigen Liquiditätsflüsse international tätiger Banken, etwa durch Stresstests, und entsprechende Berichtspflichten ab kommendem Jahr vorsieht.Wer so viel Geld investiert, um jederzeit über seine Risikolage und Liquidität im Klaren sein zu können, kann auch taggleiche Zahlungsdienste anbieten, so die Logik. “Mit Technik kann man Banksteuerung schneller machen, und das ist eine Chance”, sagt Uwe Jürgens, Senior Director Financial Industries beim Business-Analytics-Softwarehaus SAS, der Börsen-Zeitung.Unterdessen stehen die Einnahmen aus dem althergebrachten Zahlungsverkehr bekanntlich unter Druck. So räumen die Regularien im einheitlichen europaweiten Zahlungsverkehrsraum (Sepa) Banken nur mehr einen Tag ein, um eine Überweisung abzuwickeln. Früher hingegen arbeiteten Banken schon einmal eine Weile mit dem Geld von Kunden, bevor sie es transferierten. Zudem drängen Adressen wie Google und Paypal in den Zahlungsverkehr, Apple will das kontaktlose Zahlen vereinfachen.Bei Kunden sei die Erwartung von Echtzeit im Zahlungsverkehr denn auch schon da, wird bei Beratern argumentiert. “Die Banken müssen herausfinden, was Kunden für Zahlungen in Echtzeit zahlen würden”, sagt PPI-Berater Litschke.In Bankenkreisen steht man dem Thema gleichwohl eher skeptisch gegenüber. Mit dem Zahlungsverkehrssystem Target 2 seien taggleiche Überweisungen bereits möglich, heißt es. Das gemeinsame Echtzeit-Brutto-Clearingsystem des Eurosystems aber sei für die Masse an Überweisungen im Zahlungsverkehr gar nicht ausgelegt. Zudem sei die Nutzung von Target 2 viel teurer als im Falle des Vorgängersystems Target 1. Privat- und Firmenkunden gehe es im Zweifel aber eher um den Preis als um die Geschwindigkeit einer Zahlung: “Aus unserer Sicht ist die Nachfrage nicht da”, ist aus der Kreditwirtschaft zu hören.Offen bleibt einstweilen denn auch das Ertragspotenzial. “Das ist schwierig zu beziffern”, räumt PPI-Berater Litschke ein. “Aber wir sehen jetzt, wie sich das in England entwickelt. Und Fakt ist, dass etwas passiert im Markt, und Deutschland ist wieder hintendran.”SAS-Manager Jürgens erklärt: “Im Moment ist Intraday-Zahlungsverkehr nicht das Prio-eins-Thema.” Grund: “Die Banken haben andere Prioritäten, vor allem regulatorisch getriebene Themen.”