Zäsur im Schweizer Bankenmarkt

Im Zuge des Steuerstreits regeln Institute auch die Zukunft des internationalen Geschäfts - Weniger Spielraum bei Wahl der Strategie

Zäsur im Schweizer Bankenmarkt

dz Zürich – Die meisten der 24 schweizerischen Kantonalbanken haben ihre Position im amerikanischen Steuerstreit geklärt und am Montag auch gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert. Mit einem Marktanteil von rund einem Drittel bilden die Kantonalbanken eine zentrale Säule des schweizerischen Bankenmarktes. Viele dieser oft in ländlichen Gebieten und nur lokal tätigen Institute nehmen das US-Sühneprogramm nun zum Anlass, die Weichen für die Zukunft des internationalen Geschäftes zu stellen.Von den 16 Staatsbanken, deren Entscheide über die Art ihrer Teilnahme an dem US-Programm inzwischen bekannt sind, werden sich voraussichtlich sechs Institute in die Kategorie 4 einteilen. Banken in dieser Kategorie können vom Department of Justice einen Freibrief gegen eine Strafermittlung – einen sogenannten Non-Target Letter – verlangen, wenn sich in ihrer Kundschaft erstens keine Steuerflüchtlinge verstecken und wenn sie zweitens den im Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca) stipulierten Kriterien einer Lokalbank genügen.Die Fatca-kompatiblen Lokalbanken werden in ihren geschäftsstrategischen Freiheiten erheblich eingeschränkt. Den Banken ist es unter dem voraussichtlich im Juli in Kraft tretenden Gesetz nicht mehr erlaubt Auslandsfilialen zu betreiben. Auch das Anwerben von Kunden im Ausland ist nicht mehr zulässig. Ferner müssen die Banken nachweisen können, dass 98 % ihrer Kunden aus der Schweiz oder aus der EU stammen. Liechtenstein gehört nach Fatca-Definition nicht zur EU.Zwar dürften diese Einschränkungen für viele Lokalbanken aus heutiger Sicht keine oder nur eine sehr geringe Bedeutung haben. “Die Beschränkungen decken sich mit unserer ohnehin schon bestehenden Geschäftsstrategie”, sagt Christoph Loeb von der Basellandschaftlichen Kantonalbank, die sich ebenfalls in die Kategorie 4 einreiht. Tatsache ist aber auch, dass die Lokalbanken mit ihrer Entscheidung für die Kategorie 4 auch in der Zukunft einen deutlich engeren Spielraum in der Festlegung der Geschäftsstrategie in Kauf nehmen.Als Gegenwert versprechen sich die Banken einen weniger großen bürokratischen und finanziellen Aufwand im Zusammenhang mit den umfangreichen Reportingpflichten, als ihn die vollständig Fatca-kompatiblen Institute treiben müssen. Die Schweiz und Amerika haben das Fatca-Abkommen am 30. September unterzeichnet. Aber gegen den Vertrag wurde im Oktober das Referendum ergriffen. Das SühneprogrammUrs Müller, Präsident des Schweizerischen Kantonalbankenverbandes, bezeichnet das Sühneprogramm der Amerikaner als “ein großes Ärgernis” für viele Mitgliedsinstitute, aber eines “ohne existenzielle Folgen”. So sehen das offensichtlich auch jene Staatsinstitute, die ihre Teilnahme am US-Programm gestern in der Kategorie 2 bekannt gegeben haben. Die Banque Cantonale Vaudoise, eine Staatsbank mit einem sehr großen internationalen Vermögensveraltungsgeschäft, erklärte gestern in der Medienmitteilung, der Entscheid für die Gruppe stelle die Dividendenpolitik nicht in Frage. Eine Selbstverständlichkeit ist dies insofern nicht, als die Banken der Kategorie 2 tatsächlich Steuersünder in den Reihen ihrer Kunden vermuten oder sogar bereits identifiziert haben. Die Kategorie-2-Banken sind bereit, hohe Bußen von 20 % bis 50 % der unversteuerten Gelder zu leisten, um einer Strafverfolgung durch die US-Justiz zu entgegen. Darüber hinaus verpflichten sich die Institute, Informationen über die Kunden und deren Betreuer innerhalb und außerhalb der Bank an das DOJ zu liefern.Institute, die auch in Zukunft zu ihrem internationalen Vermögensverwaltungsgeschäft stehen und keine Verletzung amerikanischer Steuergesetze eingestehen wollen, scheint es unter den Kantonalbanken nicht zu geben. Diesen Weg in die Kategorie 3, in der eine Bank mit Hilfe eines unabhängigen Prüfers dem DOJ den Unschuldsbeweis erbringen muss, hat bislang nur die Zürcher Bank Vontobel gewagt.