ZEB erwartet hohe Kreditausfälle
Kommt es infolge der Corona-Pandemie zu einer schweren Rezession in Europa, befürchten die Bankenexperten von ZEB einen drastischen Anstieg des Wertberichtigungsbedarfs. Die Banken seien abhängig von Portfolio und Region unterschiedlich gefährdet, heißt es in der aktuellen “European Banking Study”.sto Frankfurt – Die Corona-Pandemie könnte dazu führen, dass sich die Wertberichtigungen für Kreditausfälle der europäischen Banken im Vergleich zu 2019 versechsfachen. Dies befürchten zumindest die Bankenexperten der Beratungsgesellschaft ZEB für den Fall, dass es im Gefolge der Krise zu einer sehr schweren Rezession kommen sollte. Wie es in der, der Börsen-Zeitung vorab vorliegenden, aktuellen Ausgabe der alljährlich von der Gesellschaft durchgeführten “European Banking Study” heißt, könnten die Wertberichtigungen im Firmenkunden- und Privatkundengeschäft in den nächsten 18 bis 24 Monaten für die 50 in Augenschein genommenen europäischen Institute bis auf rund 280 Mrd. Euro steigen nach 47 Mrd. Euro im zurückliegenden Jahr.”Covid-19 hat bei vielen der größten Banken Europas erhebliche Auswirkungen auf das Kreditrisiko. Obwohl nicht verantwortlich für die Krise, sind sie jetzt ein integraler Bestandteil der Lösung”, so Dirk Holländer, Senior Partner bei ZEB und Mitautor der European Banking Study 2020.Dabei waren Kreditwertberichtigungen in den vergangenen Jahren angesichts der guten Konjunktur für Banken ein sehr kleines Thema geworden. Seit 2013 lag die Quote der Loan Loss Provision im Verhältnis zur durchschnittlichen Bilanzsumme deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2019 von 0,29 %. 2019 erreichte diese Quote noch nicht einmal 0,2 %. Die ZEB-Experten erwarten im laufenden Jahr eine Quote von bis zu 1,0 % bei einer schweren Rezession und von knapp 0,4 % im Falle einer mittelschweren Wirtschaftsflaute. Zum Vergleich: Im schlimmsten Jahr der globalen Finanzkrise lag diese Quote 2009 bei 0,6 %. Erste AnzeichenDabei zeigte sich in den bislang veröffentlichten Ergebnissen für das Auftaktquartal 2020 bereits ein deutliches Anziehen der Wertberichtigungen bei den europäischen Banken, als die erste Coronaschockwelle die Region erreichte. Die Quote stieg im Vergleich zum Startquartal 2019 von 0,04 % auf 0,10 %. Indes ist das weniger als bei den US-Wettbewerbern, wo es von 0,05 % auf 0,22 % hochging. Allerdings erschwerten die unterschiedlichen Bilanzierungsstandards den Vergleich, schränken die ZEB-Experten die direkte Gegenüberstellung ein.Wertberichtigungsbedarf erwarten die ZEB-Experten in Europa insbesondere im gewerblichen Kreditgeschäft mit Firmenkunden und im geringeren Ausmaß bei (Wohn-)Immobilienkrediten. Die Studie zeigt aber zwischen den europäischen Instituten signifikante Unterschiede in der Höhe, aber insbesondere auch in der Struktur der Kreditportfolien auf. So sei zu erwarten, dass Europas Banken aufgrund verschiedener Branchenfokussierungen im Firmenkundenkreditportfolio, besonderer regionaler Schwerpunkte und individueller Portfolioqualitäten höchst unterschiedlich von den Auswirkungen von Covid-19 betroffen sein werden, heißt es.Banken mit hohem Exposure in den durch Corona besonders gebeutelten Branchen wie Fahrzeug- und Maschinenbau, Verkehr, Handel sowie Gastgewerbe sind stark negativ betroffen, während andere mit viel Engagement im Gesundheitssektor weniger leiden werden, prophezeit ZEB. Zudem gibt es regionale Unterschiede: Banken in Italien, Spanien, Frankreich oder Großbritannien werden tendenziell härter getroffen, weil dort eine stärkere Rezession erwartet wird. Konkret bedeutet dies zum Beispiel, dass nach Ansicht von ZEB Ubi Banca, Intesa Sanpaolo, HSBC oder Banco BPM zu den Banken gehören, die am schwersten unter Corona zu leiden haben. Dagegen sehen die Aussichten für die schweizerische Raiffeisen noch am besten aus. Mit Blick auf die deutschen Banken sind die Auswirkungen den Berechnungen von ZEB zufolge bei den Sparkassen, den Genossenschaftsbanken sowie der DZ Bank eher moderat, während es am schlimmsten für Commerzbank und Deutsche Bank werden dürfte.Dennoch ist ZEB der Meinung, dass die Pandemie auch eine große Chance für Europas Banken bietet. Als Teil der “ökonomischen Rettungsmannschaft” könnten Banken ihre Rolle in der Realwirtschaft festigen und gesellschaftliches Vertrauen weiter aufbauen. “Wir erkennen seit Covid-19 eine neue Qualität im Verhältnis zwischen Bank und Kunden. Profitieren könnten vor allem das klassische Hausbankenprinzip und bereits langfristig bestehende Kundenbeziehungen”, sagt Ekkehardt Bauer, Senior Manager bei ZEB und Mitautor der Studie.