IM GESPRÄCH: SVEN GIEGOLD

"Zeit für ein klares Signal der Bundesregierung"

Der EU-Abgeordnete über Green Finance und die Idee, die Eigenanlagen des Bundes nachhaltig anzulegen

"Zeit für ein klares Signal der Bundesregierung"

fed Frankfurt – Der Markt für nachhaltige Finanzierungen zeigt nach Ansicht des grünen Spitzenkandidaten für die Europawahl, Sven Giegold, zwar große Dynamik. Allerdings geben nach Giegolds Einschätzung in diesem Markt Franzosen und Briten den Ton an, da sie die Chancen früher erkannt haben, während in Deutschland zunächst viele Verbände auf der Bremse standen. “Jetzt wäre es an der Zeit für ein klares Signal der Bundesregierung”, fordert der Finanzexperte. Die Bundesregierung sollte vorangehen und “die Eigenanlagen des Bundes konsequent entlang von Nachhaltigkeitskriterien investieren”, lautet sein Appell. “Das wäre ein klares Signal an den Markt, dass Deutschland das Thema Green Finance ernst nimmt.”Es reiche freilich nicht aus, wenn Investoren auf nachhaltige Finanzprodukte umsteigen. Die Politik müsse zugleich Rahmenbedingungen schaffen, damit grüne Investments rentierlich werden. “Umfassendes Green Finance setzt den grünen Umbau der Wirtschaft voraus.”Green Finance werde bislang “als Thema für große, institutionelle Investoren wahrgenommen”, gibt der EU-Parlamentarier zu bedenken. “Der Retailbereich liegt noch ziemlich brach.” Damit das Thema nachhaltige Finanzen auch im Privatkundengeschäft ankomme, “bräuchten wir so etwas wie einen Umweltengel für Finanzprodukte.”Giegold zufolge “gibt es noch viel zu tun, um den EU-Aktionsplan zu nachhaltigen Finanzierungen komplett umzusetzen”. Einige Gesetze seien jetzt zwar verabschiedet, aber die Durchführungsverordnungen der EU-Aufsichtsbehörden fehlten noch. Und auch in Brüssel warteten noch Aufgaben. So hat sich das EU-Parlament zwar bereits auf eine gemeinsame Position für die Schlussverhandlungen mit dem Rat über ein Herzstück des Aktionsplans verständigt – nämlich die Taxonomie, also ein einheitliches Klassifikationssystem. Die nationalen Regierungen sind allerdings noch nicht so weit, um in den abschließenden Trilog einzusteigen. “Bei der Taxonomie liegt der Ball beim Rat”, erklärt Giegold.Es komme indes nicht nur darauf an, dass es zwischen den Regierungen eine Einigung über das einheitliche Klassifikationssystem gibt, “sondern dass die auch Hand und Fuß hat”. So brauche es bei der Klassifizierung nachhaltiger Finanzierung beispielsweise Negativkriterien, um Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden oder Rüstungsgüter auszuschließen. “Alles andere wäre ein schwerer Fehler, denn dann sind Skandale programmiert.” Das würde die Entwicklung des Marktes für nachhaltige Finanzprodukte ernsthaft gefährden, mahnt Giegold. Er erwarte hier von der Bundesregierung “eine klare Positionierung.” Ausnahme vom SREP-ProzessNeben Green Finance bleibt die Entlastung kleiner Kreditinstitute von Regulierungsanforderungen ein zentrales Thema für ihn. “Es ist nach wie vor inakzeptabel, was die EU-Regulierung kleinen Banken und Sparkassen abverlangt”, meint Giegold: “Wir haben einiges durchgesetzt, um das nicht ausufern zu lassen, aber ich kämpfe da weiter.” Institute, die solide kapitalisiert werden, sollten vom SREP-Prozess ausgenommen werden. “Der Aufwand, der ihnen entsteht, steht in keinem Verhältnis zu der Systemgefährdung, die von ihnen ausgeht.” Für Giegold sei es in diesem Kontext “bitter, dass die SPD mit dem Kollegen Peter Simon meinen wichtigsten Bündnispartner für mehr Proportionalität in der Bankenregulierung nicht wieder aufgestellt hat”.