Zentraler Spieler und Gestalter im Gesundheitsmarkt werden
Ich kann mich noch gut an meinen ersten Arbeitstag in der Bankfiliale meines Ausbildungsbetriebes erinnern. Kunden warteten geduldig in einer Schlange, um ihre Schecks und Überweisungsträger einzureichen, im Gegenzug erhielten sie große Papierbögen, das waren die Kontoauszüge. Ab und zu wurde ein Sparbuch nachgetragen oder man wartete auf den Berater, der einem ein Darlehen oder eine Wertpapieranlage anbot. So einfach war das Banking damals.Und heute? Bankkunden erledigen ihre Geschäfte online; nur eine kleine Zahl von Kunden findet noch den Weg in eine Bankfiliale, und Banking wird nicht ausschließlich von Banken angeboten, sondern mittlerweile von vielen weiteren Playern. Die Bank hat man heute in der Hosentasche. Zielmarkt im WandelEbenso wandelt sich der Zielmarkt der apoBank, der Gesundheitsmarkt: Der Patient wird zum Gesundheitskunden, Prävention ist ein stark wachsendes Geschäftsfeld. Fitnesstracker und Ernährungsapps gewinnen zunehmend an Bedeutung.Darüber hinaus beobachten wir einen starken Trend zur Anstellung und Kooperation, das heißt die Einzelpraxis, deren Finanzierung aktuell noch einen wesentlichen Teil unseres Geschäfts ausmacht, rückt immer mehr in den Hintergrund. Fachfremde Player kommen in den Markt, bestehende Unternehmen erweitern ihre Wertschöpfungskette, und Private Equity erobert zunehmend auch den regulierten deutschen Gesundheitsmarkt.Jede Menge Veränderungen, die uns als Deutsche Apotheker- und Ärztebank motivieren, unser Geschäftsmodell zu erweitern: Unser Ziel ist es, auf lange Sicht ein zentraler Spieler und Gestalter im Gesundheitsmarkt zu werden. Unser Ausgangspunkt war und ist dabei immer eine einzige Fragestellung: Wie können wir den beruflichen und privaten Alltag unserer Kunden optimal unterstützen? Unsere Antwort auf diese Frage lautet: Indem wir Teil ihres “Biotops” werden und ein “Ökosystem” rund um ihre Bedürfnisse gestalten – mit Lösungen im Banking wie im Non-Banking. Wohin geht die Reise?An dieser Stelle vielleicht zunächst ein paar Worte zum Begriff Ökosystem, den sich die Ökonomie quasi aus der Biologie entliehen hat und derzeit gerne, häufig und in durchaus unterschiedlichen Sinnzusammenhängen verwendet. Für mich bedeutet dieser Begriff nicht weniger, als dass wir eine neue Art der Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen und mit unseren Kunden entwickeln sollten. Auf anderen Gebieten als dem Banking kennen und nutzen viele Kunden Ökosysteme bereits, etwa bei den Themen Beruf (“Xing”), Wohnen (“Houzz”) oder Familie (“Eltern”). Diese Ökosysteme decken die Bedürfnisse bestimmter Kundengruppen mit einem Netzwerk unterschiedlicher und sich ergänzender Anbieter umfassend ab.Zugleich sind die Eintrittsbarrieren für Kunden niedrig – das “Mitmachen und Dabeisein” im Ökosystem ist leicht, bequem und macht meist auch Spaß. Das zieht wiederum fortlaufend Neukunden und neue Anbieter an, ohne dass je ein statischer “Endzustand” erreicht würde. Gleichzeitig beobachten wir, dass in erfolgreichen, ertragsorientierten Ökosystemen ein Orchestrator mit klarem Alleinstellungsmerkmal die Führung und Qualitätssicherung übernimmt, indem er die Produktanbieter mit dem Kunden zusammenbringt und als eine Art Gateway wirkt.Warum ist nun die apoBank aus unserer Sicht prädestiniert, ein Ökosystem für akademische Heilberufler aufzubauen? Die wichtigsten Gründe dafür sind: Wir arbeiten traditionell alsStandesbank der Heilberufler an der Schnittstelle zwischen Banken- und Gesundheitsmarkt – genaugenommen sind wir diese Schnittstelle. Dank unserer langjährigen vertrauensvollen Zusammen- arbeit mit unseren Kunden kennen wir deren Bedürfnisse besonders gut und können sie noch gezielter und umfassender decken. Wir bieten als apoBank schon heute viele Mehrwertleistungen für Heilberufler an. Diese Leistungen werden nun auf einer Plattform zusammengeführt und systematisch ergänzt. Plattformökonomie als ChanceFür Ökosystemanbieter stehen der Nutzen und das Nutzererlebnis im Fokus, das durch personalisierte Angebote erhöht wird. Diese Angebote werden auf einer technischen Plattform bereitgestellt. Über diese Plattform findet die Kommunikation und Zusammenarbeit aller Elemente des Ökosystems statt.Beim Begriff “Plattform” denken viele zunächst an Unternehmen wie Ebay oder Amazon. Aber auch Bewertungsportale, Social-Media-Netzwerke und Suchmaschinen sind Plattformen. Gemeinsam ist ihnen: Sie sind internetbasierte Foren für die digitale Interaktion und/oder Transaktionen, geprägt durch eine große Vielfalt und Dynamik. Der Betreiber der Plattform stellt die Infrastruktur zur Verfügung. Er moderiert laufende Transaktionen und steuert das Netzwerk. Seinen Nutzen zieht er aus der Nutzung der Plattform durch Dritte. Es gibt kaum andere Banken, die außerhalb des Bankgeschäfts eine Plattform aufbauen, und die Plattformökonomie ist sicherlich auch kein Patentrezept für Banken. Aber: Sie ist eine Möglichkeit, sich im Wettbewerb zu differenzieren, Kunden mit unverwechselbaren Mehrwerten zu begeistern, dadurch zu binden und so indirekt das Kerngeschäft zu stärken. Die apoBank ist auf diesem Weg zum Plattformanbieter. Mehr als eine BankSelbstverständlich bieten wir auch weiterhin Bankdienstleistungen an. Aber für unsere Kunden sind wir schon längst mehr als ein reiner Anbieter von Finanzdienstleistungen. Wir sind die Standesbank der Heilberufler. Wir denken von unseren Kunden her und wissen, dass für sie nicht die Finanzierung im Mittelpunkt steht, sondern die eigene Praxis oder Apotheke – beim Thema Existenzgründung haben wir daher über die Jahrzehnte ein riesiges informelles Netzwerk aufgebaut und viel Know-how generiert.Wir wissen auch, dass unsere Kunden sich stärker auf das konzentrieren wollen, was ihnen wirklich wichtig ist: auf ihre heilberufliche Tätigkeit. Damit das besser gelingt, wollen wir unser großes Netzwerk und Know-how künftig noch stärker für unsere Kunden einsetzen und unsere Kenntnisse systematischer und ertragswirksamer anbieten.Einige Schritte auf diesem Weg sind wir bereits gegangen. Beispielsweise haben wir ein Kompetenzzentrum für die Digitalisierung im Gesundheitswesen aufgebaut, das Heilberufler dabei unterstützt, die Digitalisierung in ihrer Praxis oder Apotheke nutzbar zu machen. Und wir entwickeln gemeinsam mit der Zahnärztlichen Abrechnungsgenossenschaft ein innovatives Praxismodell – eine Zahnarztpraxis nach modernstem Standard, die Zahnärztinnen und Zahnärzte mieten und damit budgetschonend in die Selbständigkeit starten können. Die erste Praxis dieser Art werden wir dieses Jahr in Düsseldorf eröffnen. Der Leitgedanke dieser Ansätze ist: Heilberufler sollen sich auf das für sie Wesentliche konzentrieren – ihre Patienten.Künftig werden wir weitere neue Lösungen zum Nutzen der Heilberufler entwickeln und umsetzen. Dafür steht unsere Tochtergesellschaft naontek AG. Ihr Fokus liegt auf dem Aufbau eines Plattform-Geschäftsmodells. Mit der digitalen Plattform wollen wir unseren Kunden einen vielfältigen und intuitiven Zugang bieten. Außerdem werden wir auf dieser Plattform Leistungen sorgfältig ausgewählter Kooperationspartner vermitteln und Akteure im Gesundheitsmarkt vernetzen – nutzenstiftend für alle Seiten.Letztlich will naontek einen One-Stop-Shop für den Gesundheitsmarkt aufbauen. Auf der Plattform sollen Heilberufler perspektivisch alles, was sie für ihren Job brauchen, finden können – von Fortbildungen über die Personalvermittlung bis zum Praxismarketing. Wir wollen sukzessive weitere Angebote aufschalten und immer mehr Partner gewinnen, um diese miteinander und mit unseren Kunden zu verknüpfen.Eine solche übergreifende Plattform gibt es in der Gesundheitsbranche bisher nicht. Mit ihr wollen wir den Gesundheitsmarkt noch leistungsfähiger gestalten. Dies ermöglicht es uns zugleich, die einzigartige Positionierung der apoBank im Gesundheitsmarkt zu erhalten und auszubauen – und unseren Anspruch zu verwirklichen: “Wir ermöglichen Gesundheit.” Ulrich Sommer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (apoBank) eG