Zertifikatemarkt in Sparkassenhand
jsc Frankfurt – Die Großbanken aus dem Sparkassenlager bauen ihr Geschäft mit Zertifikaten an private Sparer weiter aus: Der Spitzenreiter Dekabank, die Landesbanken LBBW und Helaba sowie von niedrigerem Niveau aus die BayernLB haben ihre Bestände im ersten Halbjahr jeweils erhöht und bringen nun gemeinsam 34,0 Mrd. Euro auf die Waage, wie der Deutsche Derivate Verband (DDV) berichtet. Insgesamt erfasst der Verband 67,6 Mrd. Euro, inklusive weiterer Anbieter ist der Markt laut der Schätzung in Deutschland 73,5 Mrd. Euro schwer.Treibende Kraft ist die DekaBank, die 2013 in das Geschäft eingestiegen war und es seither durchgehend ausgebaut hat. Zur Jahreswende hat das Wertpapierhaus der Sparkassen die DZ Bank, das Spitzeninstitut der Kreditgenossenschaften, auf den zweiten Platz verwiesen und führt nun mit deutlichem Abstand mit 13,9 Mrd. Euro. Zugelegt hatte in jüngeren Jahren aber auch die Helaba, die das Geschäft einst von der gescheiterten WestLB übernommen hatte und es nun nach einigen Jahren der Bereinigung wieder ausbaut. Im zweiten Quartal verzeichnet das Institut allerdings einen Dämpfer, weil es in der Produktkategorie der strukturierten Anleihen, also von zinsbasierten Zertifikaten, an Volumen verloren hat.Einige private Großbanken ziehen sich derweil zurück: Die Commerzbank hat sich im vergangenen Jahr mit dem französischen Rivalen Société Générale auf einen Verkauf der Sparte geeinigt, die Deutsche Bank führt das Geschäft noch wie gewohnt fort, zählt es aber nicht mehr zum Kerngeschäft. Im Zuge der weitreichenden Neuordnung der Deutschen Bank ist die Zukunft des Segments also ungewiss. Beide Banken haben bereits in den zurückliegenden Jahren ihr Geschäft deutlich gekürzt. Komplexe GebildeZertifikate gehören zur Familie der derivativen Wertpapiere und werden je nach Konstruktion den Anlegern als Alternative zu Sparkonten, Einzelaktien und Fonds angeboten. Einige Produkte weisen eine komplizierte Struktur auf, wie etwa die Express-Zertifikate zeigen, mit knapp 18 Mrd. Euro ein wesentliches Segment. Die Instrumente sind etwa an einen Aktienkurs gekoppelt und zahlen bei Kursgewinnen unter bestimmen Voraussetzungen die Mittel frühzeitig aus. Sie beschränken mögliche Kursgewinne, sichern den Anleger aber zugleich vor Verlusten ab – aber nur, solange der Aktienkurs nicht besonders stark absackt, denn dann verliert auch das Zertifikat entsprechend an Wert.Anleger müssen also nicht nur das Produkt verstehen, sondern brauchen eine konkrete Marktmeinung, um sich auf das Geschäft mit der Bank einzulassen. Das gilt auch für andere Produkte wie Aktienanleihen, Discount- und Bonus-Zertifikate, die je nach Kursentwicklung mal einen festen Betrag, mal eine an den Aktienkurs gekoppelte Ausschüttung ermöglichen. Zertifikat ist aber nicht gleich Zertifikat. Mehr als ein Drittel der Produkte entfallen auf strukturierte Anleihen und Kapitalschutz-Zertifikate, also vergleichsweise weniger spekulative, weitgehend sichere Papiere. Auf der anderen Seite stehen gehebelte Produkte, die gerade von Commerzbank und Deutscher Bank vertrieben werden, insgesamt aber nur wenig Gewicht haben.Insgesamt ist das Marktvolumen seit einigen Jahren weitgehend stabil und pendelt um die Marke von 70 Mrd. Euro – und hat dabei zuletzt sogar leicht zugelegt. Im Zuge der Finanzkrise war das Segment aber eingebrochen, wovon sich die Branche nie erholt hat. Von der Marke von 139 Mrd. Euro, die in der Spitze 2007 erreicht worden war, ist die Branche weit entfernt. BaFin bremst Vertrieb ausAls mögliche Hürde für die Branche erweist sich nicht zuletzt auch die Aufsicht. So hatte die BaFin Mitte 2016 erstmals ein Vertriebsverbot von sogenannten bonitätsabhängigen Schuldverschreibungen erwogen, ehe die Branche noch vor Ende desselben Jahres mit einer weitreichenden Selbstverpflichtung den Vertrieb einschränkte. Das Volumen ist seither um ein Drittel auf 3,9 Mrd. Euro geschrumpft. Das spüren gerade LBBW und DekaBank, die das Segment wesentlich beherrschen.Die Instrumente beziehen sich auf das Kredit- oder Bonitätsrisiko eines Referenzschuldners. Die Aufseher störten sich damals etwa an Produkten mit mehreren Referenzschuldnern und monierten, dass Risiken für Anleger schwer nachvollziehbar seien. Die Anbieter sehen jetzt zum Beispiel eine Mindeststückelung von 10 000 Euro je Papier vor, so dass Kleinanleger ausgeschlossen sind. Außerdem sollen sich bonitätsabhängige Schuldverschreibungen nur auf solide Referenzschuldner beziehen und nicht mehr an Kunden der unteren beiden Risikostufen vermittelt werden, wie die Selbstverpflichtung festlegt. Trotz der Vorgaben hält die Branche weiter an dem Segment fest – mit etlichen Angeboten.