Zinsanstieg beflügelt ING
Zinsanstieg beflügelt ING im zweiten Quartal
Wachsende Erträge und niedrige Risikokosten heben Nettogewinn der Gruppe um vier Fünftel an – In Deutschland mehr als doppelt so viel verdient
ING Deutschland hat den Nettogewinn im zweiten Quartal im Jahresvergleich mehr als verdoppelt. Vor allem die gestiegenen Zinseinnahmen trieben das Ergebnis auf 431 Mill. Euro, aber auch geringere Regulierungskosten und Auflösungen von Kreditrisikovorsorge. Das entspricht dem Gesamtbild der ING Groep.
fir Frankfurt
Die ING Groep hat dank des Zinsanstiegs und niedriger Risikovorsorge im zweiten Quartal über vier Fünftel mehr verdient als im Vorjahr. Bei stabilen Kosten sprangen für die Niederländer unterm Strich 2,16 Mrd. Euro heraus, hieß es am Donnerstag. In Deutschland verdoppelte sich der Nachsteuergewinn auf gut 431 Mill. Euro, wie aus dem nach Regionen gestaffelten Zahlenwerk der ING-Gruppe hervorgeht. Nahezu verdoppelt hat sich demnach auch der Zinsüberschuss, der dank gestiegener Margen auf 867 Mill. Euro zulegte, so dass die ING Deutschland trotz verminderter Provisions- und sonstiger Erträge insgesamt rund die Hälfte mehr einnahm.
Provisionseinnahmen schrumpfen
Die Provisionseinnahmen gingen den Angaben zufolge angesichts von weniger Brokerage-Geschäften bei Anlageprodukten zurück, darüber hinaus schmälerten sie geringere Vermittlungsvolumina von Baufinanzierungen der ING-Deutschland-Tochter Interhyp. Den Rückgang der sonstigen Erträge führt die Bank auf ein gedämpfteres Treasury-Geschäft zurück.
Risikovorsorge aufgelöst
Zugleich schrumpften die Kosten leicht, da die Regulierungsaufwendungen abnahmen. Auch profitierte das Haus von Auflösungen in der Kreditrisikovorsorge. Statt dieser wie im Vorjahresquartal unterm Strich 25 Mill. Euro zuzuführen, verminderte sie sich nun um 23 Mill. Euro. Die Entwicklung der regulatorischen Kosten hänge mit niedrigeren Beiträgen für den einheitlichen Abwicklungsfonds und mit saisonalen Schwankungen zusammen, hieß es.
Einlagen sprudeln wieder
Der ING flossen hierzulande knapp 16 Mrd. Euro an Kundeneinlagen zu, nachdem sie im Vorquartal ohne Bewegung bei annähernd 139 Mrd. Euro verharrt hatten. Im Vergleich zu Mitte 2022 legte das Einlagenvolumen um 24 Mrd. Euro zu. ING Deutschland hat im Zuge der Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) vor einem Jahr die Zinsen sukzessive angehoben und im Wettstreit um Kundeneinlagen mit Lockangeboten eine Art Vorreiterrolle eingenommen. Zuletzt waren im Juni für Tagesgeld die Zinsen auf 3,5% befristet auf sechs Monate aufgestockt worden.
Baufinanzierungen stagnieren
Bei den Baufinanzierungen blieben größere Veränderungen aus. Das Volumen von 87,1 Mrd. Euro Ende des zweiten Quartals weist gegenüber dem Vorquartal und dem Vorjahr geringes Wachstum auf. Das Nettokreditwachstum im Retailgeschäft im zweiten Quartal belief sich ING zufolge auf 400 Mill. Euro und war ausschließlich auf Hypotheken zurückzuführen. Allerdings ist das Neugeschäft der Banken in Deutschland mit privaten Baufinanzierungen angesichts der Verteuerung durch stark gestiegene Zinsen stark eingebrochen. Im Juni betrug es dem Analysehaus Barkow Consulting zufolge nur noch 14 Mrd. Euro und damit fast 40% weniger als ein Jahr zuvor. Das übrige Kreditgeschäft, vor allem mit Firmenkunden, legte leicht auf 42,6 Mrd. Euro zu.
Das Bild, das die Deutschland-Tochter der ING abgibt, entspricht im Jahresvergleich im Großen und Ganzen dem des Gesamtkonzerns: starker Anstieg der Nettozinseinnahmen, weniger Risikovorsorge und sinkende Aufwendungen dank verminderter Regulierungskosten. Entsprechend zufrieden zeigte sich Vorstandschef Steven van Rijswijk. Obwohl „anhaltende Herausforderungen“ das Quartal geprägt hätten – sei es die schlechtere wirtschaftliche Stimmung, seien es hohe geopolitische Unsicherheiten und Inflation –, habe die ING starke Ergebnisse erzielt. „Das derzeitige Zinsumfeld hat das Ertragswachstum sowohl im Retail als auch im Wholesale Banking vorangetrieben, mit anhaltenden Einlagenzuflüssen in unseren Retailmärkten“, kommentierte der CEO das Ergebnis. Verglichen mit dem zweiten Quartal 2022 legte das Einlagenvolumen der gesamten Gruppe um 5,6% auf insgesamt 678 Mrd. Euro zu. Zugleich stagnierte das Kreditvolumen bei 643 Mrd. Euro.
Mehr Kunden
Die Zahl der Primärkunden wuchs van Rijswijk zufolge um 227.000 auf 14,9 Millionen. Er bezifferte den Anteil der „Mobile only“-Kunden, die ausschließlich über das Mobiltelefon Bankgeschäfte mit der ING abwickeln, auf nun 60%. Ein Jahr zuvor waren es noch 53% gewesen.