Zinstief puscht Gothaer Lebensversicherung

Hohe Nachfrage nach Einmalbeitragsgeschäft

Zinstief puscht Gothaer Lebensversicherung

ak Köln – Das historische Zinstief führt bei den Lebensversicherern zu einem Nachfrageboom nach Verträgen. “Wir werden als Lebensversicherer überhäuft mit Anfragen auch nach großvolumigen Tickets”, sagte Gothaer-Vorstand Michael Kurtenbach am Donnerstag vor Journalisten in Köln. “Das ist in den letzten Monaten eine Managementherausforderung geworden, gewünschtes von nicht erwünschtem Geschäft zu trennen.” So erhalte das Unternehmen Anfragen von Kommunen nach kurzfristigen Verträgen, um Strafzinszahlungen zu vermeiden. “Das machen wir nicht”, betonte Kurtenbach.Dennoch hat das Neugeschäft der Gothaer mit Einmalbeiträgen in der Lebensversicherung 2019 um 30 % zugelegt. 410 Mill. Euro kamen so herein. Die Beitragseinnahmen in der gesamten Lebensversicherungssparte zogen dadurch um 8 % an. Damit dürfte die Gothaer ungefähr im Branchenschnitt liegen.Die laufende Verzinsung in der Lebensversicherung will der in Köln beheimatete Versicherer für 2020 bei 1,8 % stabil halten, in der Pensionskasse wird die Überschussbeteiligung jedoch gesenkt.Deutlich gewachsen ist die Gothaer auch in ihrer größten Sparte Schaden/Unfall. Vor allem das Geschäft mit Unternehmen zog kräftig an. Ein Teil entfiel auf Prämienerhöhungen in der industriellen Sachversicherung, wo die Gothaer von der Verhärtung des Marktes profitiert und ihr Portfolio wie viele Konkurrenten auch saniert.In der Cyberversicherung verzeichnet die Gothaer eine rege Nachfrage. Das Prämienvolumen habe sich im laufenden Jahr verdoppelt, sagte Vorstandsmitglied Christopher Lohmann, wollte aber die Höhe der Beitragseinnahmen nicht nennen. Knapp 1 000 Cyber-Policen hat der Versicherer bislang in den Büchern. Die Schadenquote liege bei unter 20 %. Die Gothaer zeichnet nach eigenen Angaben eine Kapazität im Einzelfall bis 10 Mill. Euro und beteiligt sich auch an großen Cyberversicherungsprogrammen für Industriekonzerne. Einige der großen Cyberversicherer hielten sich derzeit mit Kapazitäten zurück, merkte Lohmann an. Da würden sich für die Gothaer Opportunitäten ergeben. Im kommenden Jahr peilt die Gothaer in der Cyberversicherung ein Wachstum zwischen 30 und 40 % an.In den Kapitalanlagen – die Gothaer verwaltet knapp 30 Mrd. Euro – hat der Versicherer die Ratingqualität zuletzt deutlich erhöht. Während vor drei Jahren der Anteil von “BBB”-Papieren noch fast ein Drittel betrug, ist er jetzt auf 17 % gesunken. Dagegen sind bei der Gothaer jetzt 36 % ihrer Wertpapiere mit einem “AA”-Rating versehen. Vor drei Jahren waren es nur 24 %. Kapitalanlagenchef Harald Epple kündigte an, den Aufbau nicht börsennotierter Assets vorantreiben zu wollen. 1 Mrd. Euro stecken bereits in erneuerbaren Energien. Im Ausblick auf 2020 sagte Epple, dass bis zu 500 Mill. Euro in besicherte Handelsfinanzierungen fließen sollen. Aufgebaut werden sollen Hypothekendarlehen um 1 Mrd. Euro. Die Gothaer plant zudem den Kauf von Immobilienfinanzierungen in Höhe von 300 Mill. Euro über die nächsten zwei Jahre. In Private Debt will die Gothaer 400 Mill. Euro und in Infrastruktur 250 Mill. Euro investieren. Dagegen sollen 1,5 Mrd. Euro Credit-Positionen abgebaut werden.Konzernchef Karsten Eichmann zeigte sich insgesamt mit der Verfassung der Gothaer sehr zufrieden. Im kommenden Jahr feiert der Gegenseitigkeitsversicherer seine Gründung vor 200 Jahren. Am 2. Juli 1820 hatte Ernst Wilhelm Arnoldi die Gothaer Feuerversicherungsbank ins Leben gerufen. Die Gothaer will ihren Geburtstag unter anderem mit einem großen Zukunftskongress begehen.