Zu unübersichtlich, um effizient zu sein

Assekuranz leidet an zu hoher Komplexität - Studie diagnostiziert IT-Wildwuchs

Zu unübersichtlich, um effizient zu sein

bn Frankfurt – Deutschlands Assekuranz steht sich infolge überbordender Komplexität selbst im Wege. Dies ergab eine Erhebung der Beratungsgesellschaft ZEB. Neben stetig steigenden regulatorischen Anforderungen haben demnach ein ausuferndes Produktportfolio sowie zunehmend unübersichtliche Zugangs- und Vertriebswege den Grad an Komplexität der Versicherer erhöht.In der Folge empfinden gut zwei Drittel der befragten Verantwortlichen von in Deutschland tätigen Versicherern die Komplexität ihrer Gesellschaft inzwischen als zu hoch (siehe Grafik). Knapp vier Fünftel der Unternehmen benötigen infolge ihrer Komplexität zudem zusätzliche Ressourcen und Spezialisten. Tempo zähltDieser wenig schmeichelhafte Befund fällt in eine Zeit, in welcher sich die Assekuranz eigentlich um Vereinfachung bemühen sollte. Denn Digitalisierung sowie ein intensiver Verdrängungswettbewerb erfordern eine immer höhere Effizienz und Geschwindigkeit in der Entwicklung von Versicherungsprodukten und -diensten sowie eine immer stärkere Kundenorientierung, wie ZEB zu bedenken gibt.Im Bankensektor hat der Trend schon seit längerem gedreht. ING-DiBa verdankt ihren Erfolg unter anderem einer Konzentration auf wenige Produkte. Im Mai vergangenen Jahres kündigte zudem die Commerzbank an, ihre Palette von 400 Produkten im Privatkundengeschäft bis 2020 zumindest zu halbieren.Wie für die Banken erweist sich dabei auch für die Assekuranz manch Zusammenschluss der Vergangenheit zumindest in Sachen IT eher als Fluch denn als Segen. Rund sieben von zehn der befragten Unternehmen haben Fusionen oder Übernahmen hinter sich, und ein Großteil von ihnen arbeitet noch mit unterschiedlichen IT-Systemen und Produktportfolien, wie es heißt.97 % der befragten Gesellschaften sehen zugleich die Vielfalt im Produktportfolio als einen wesentlichen Treiber der Komplexität an. Zwar haben drei Viertel der Versicherer den Angaben zufolge die Notwendigkeit von Komplexitätsmanagement bereits erkannt und entsprechende interne Projekte angestoßen. 96 % sehen dabei noch weiteren Handlungsbedarf für die Zukunft. Dennoch aber fühlen sich nur 28 % der Befragten gut auf das Komplexitätsniveau der Zukunft vorbereitet, wie ZEB mitteilt. “Uns überrascht, dass viele deutsche Versicherer ein professionelles Komplexitätsmanagement nicht wirklich als Handlungsfeld definiert haben, obwohl dieses nach Ansicht aller Teilnehmer hohe Relevanz hat”, erklärt ZEB-Partner Matthias Uebing.Laut ZEB werden künftig nur jene Unternehmen erfolgreich sein, denen es gelingt, “kundenorientiert den optimalen Komplexitätsgrad von Geschäfts- und Betriebsmodell zu identifizieren und dessen Umsetzung entlang der Geschäftsprozesse zu gewährleisten”. Dafür reiche es nicht, Symptome zu kurieren. Die Ursachen von Komplexität müssten “ganzheitlich gesehen und gezielt adressiert werden”. An der Studie beteiligten sich rund 70 % der deutschen Erstversicherer.