IM GESPRÄCH: JÜRGEN MANEGOLD UND MAIK WANDTKE

Zum Hundertsten zeigt sich die Edekabank in robuster Verfassung

Genossenschaftsinstitut der Handelsgruppe ein Unikum in Deutschland - Ausrichtung auf Kaufleute hilft auch in Niedrigzinsphase

Zum Hundertsten zeigt sich die Edekabank in robuster Verfassung

Von Carsten Steevens, HamburgSie ist innerhalb des genossenschaftlich organisierten Edeka-Verbundes der Spezialist für Finanzdienstleistungen: die Edekabank. In Deutschland ist das Institut ein Unikum. Keine andere der großen Lebensmittelhandelsgruppen – weder Aldi noch Lidl, weder Metro noch Rewe – hat eine eigene Bank. Dabei ist die Verbindung nicht ungewöhnlich: In Großbritannien treten die börsennotierten Handelskonzerne Tesco und Sainsbury’s mit einem Kreditinstitut auf, in der Schweiz bestehen bei Migros Bank und Bank Coop ebenfalls enge Beziehungen zu großen Einzelhandelsketten. Gemessen an diesen Finanzinstituten ist die Edekabank mit einer Bilanzsumme von 1,7 Mrd. Euro klein. Doch reicht ihre Geschichte vergleichsweise weit zurück: Die Gründung des in Hamburg ansässigen Spezialkreditinstituts, das im Ranking der 1 078 genossenschaftlichen Primärbanken in Deutschland an 85. Stelle steht, jährt sich übermorgen, am 9. November, zum 100. Mal. Im Krieg gegründetDamals, vor hundert Jahren, hatte der Erste Weltkrieg gerade begonnen. Die Furcht der selbständigen Kaufleute im 1907 entstandenen Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften (dem Vorläufer des Edeka-Verbunds) vor einer Kreditklemme im Kriegsverlauf führte dazu, dass mit Unterstützung der Preußenkasse, eines Vorgängerinstituts der DZ Bank, ein eigenes Kreditinstitut – die Genossenschaftsbank Edeka eGmbH – entstand. Zu Geldengpässen kam es bis Kriegsende 1918 zwar nicht, doch die Grundlagen für das Geschäft, das die Edekabank bis heute betreibt, waren geschaffen.Bei den Kaufleuten und Einkaufsgenossenschaften werden Gelder eingesammelt, die dann in Form von Krediten dem Ausbau des Edeka-Verbundes zugutekommen. Die Idee des damaligen Gründers, den Edeka-Kaufleuten einen möglichst günstigen und dauerhaften Zugang zu Kapital zu verschaffen, zeugte von strategischer Weitsicht, wie der seit 2005 amtierende Edekabank-Vorstandssprecher Jürgen Manegold (61) im Gespräch mit der Börsen-Zeitung betont. “Das Edekabank-Prinzip hat sich seit Gründung des Instituts nicht geändert: Wir waren immer eine Gewerbebank, ausgerichtet auf den selbständigen Lebensmittel-Einzelhandel.”Die Bank selbst änderte sich. 1972 wird aus der Genossenschaftsbank mit beschränkter Haftung eine Aktiengesellschaft. Mit dem Rechtsformwechsel bleibt das Institut zwar der Genossenschaftsidee verpflichtet, öffnet sich jedoch strategischen Partnern außerhalb der Edeka-Gruppe. Ziel war es unter anderem, auf Dauer auskömmlich mit Eigenkapital ausgestattet zu sein. Mit 18 % stieg die Iduna als Aktionär bei der Edekabank ein. Nach anderen Konstellationen und dem Abschied des Hamburger Versicherers ist heute die DZ Bank mit 8 % beteiligt, auf insgesamt rund 50 % beläuft sich der Anteil der deutschlandweit neun regionalen Edeka-Genossenschaften (dahinter stehen die gut 4 000 selbständigen Edeka-Kaufleute). Die Edeka-Zentrale hält gut 42 % an der Edekabank AG. RechtsformwechselNach dem Rechtsformwechsel lockert sich in den achtziger und neunziger Jahren mit dem Versuch, neue Geschäftsfelder außerhalb des Edeka-Verbunds zu erschließen, auch die Ausrichtung auf die Edeka-Organisation und die Edeka-Kaufleute. Aus betriebswirtschaftlichen Gründen gibt die Edekabank Ende der achtziger Jahre alle Filialen an die jeweils ortsansässigen Volks- und Raiffeisenbanken ab, was zu einem Einlagenrückgang mit Folgen für die Refinanzierung führt. Der Ausbau des Drittkundengeschäfts erweist sich als Irrweg, die Edekabank gerät in Turbulenzen. In den neunziger Jahren – es geht um den Fortbestand des Instituts – besinnt sich die Edekabank auf ihren ursprünglichen Auftrag als Gewerbebank des selbständigen Einzelhandels. Mit der Refokussierung auf die Edeka-Gruppe kehrt der Erfolg zurück.Heute bearbeitet die Edekabank als Universalbank und Vollmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) zwei strategische Geschäftsfelder: Neben Firmenkunden wendet sich das Institut auch an Privatkunden, wobei das Geschäft mit Privatkunden erst seit wenigen Jahren – nach dem Eintritt von Vorstandsmitglied Maik Wandtke (43) Mitte 2009 – systematisch aufgezogen wird. Mit dem Wegfall der Filialen zu einer sogenannten Distanzbank geworden, profiliert sich die Edekabank mit Weiterentwicklung der technologischen Voraussetzungen als Direktbank, ausgerichtet vor allem auf die 330 000 Mitarbeiter der Edeka-Gruppe, aber auch offen für andere Kunden. Von einem potenziellen Konflikt mit Volks- und Raiffeisenbanken, die derzeit ebenfalls eine Online-Filiale aufbauen, geht der Vorstand der Edekabank nicht aus – auch mit Blick auf die kommenden Jahre. Überschneidungen gebe es kaum, Kunden würden eher von verbundfremden Wettbewerbern wie der ING-DiBa gewonnen. Das seit 2011 bestehende Direktbank-Portal sei dem der ING-DiBa mindestens ebenbürtig, fügt Vorstandschef Manegold hinzu.Privatkundeneinlagen sieht die Edekabank als eine wesentliche Refinanzierungsquelle an. Den sogenannten gesicherten Einlagen, vor allem den Einlagen von Privatkunden, kommt zudem für die Beitragsbemessung beim neuen europäischen Abwicklungsfonds eine besondere Bedeutung zu, wie Manegold, Sparkassenbetriebswirt und vor seinem Wechsel zur Edekabank u.a. stellvertretender Vorstand der Sparkasse Vorpommern sowie Verbandsprüfer im Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband und im Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV), erklärt. Neben verschiedenen anderen Parametern gelte grundsätzlich: “Je höher diese Einlagen sind, desto kleiner fällt der Beitrag der Bank aus für den Abwicklungsfonds.” Welcher Betrag auf die Edekabank zukommt, weiß der Vorstand noch nicht. Innerhalb von acht Jahren müssen die EU-Banken 55 Mrd. Euro aufbringen. Beratende DirektbankAus Gesamtbankperspektive ist das private Einlagengeschäft freilich unverändert untergeordnet, auch wenn es – ohne Lockvogelangebote – forciert werden soll. Es stehe noch in den Anfängen, so Manegold. Pro Jahr will die Edekabank 5 000 neue Giro-Kunden gewinnen. Dies soll gelingen, indem das Institut in Abgrenzung zu anderen Direktbanken als beratende Direktbank auftritt, Abwicklungsprozesse beschleunigt und Boni auf Girocard-Zahlungen beim Edeka-Händler zahlt, wie Vorstand Wandtke, Diplom-Kaufmann und ehemals Leiter des Vertriebsressorts der Ostseesparkasse (Ospa) Rostock und OSV-Verbandsprüfer, erläutert. Das gewerbliche Kreditgeschäft macht mit 1,2 Mrd. Euro jedoch den Großteil der Bilanz aus. Bei Kundenverbindlichkeiten von 920 Mill. Euro entfällt der Großteil auf gewerbliche Einlagen – Privatkundengelder beliefen sich auf 150 bis 200 Mill. Euro.Dominierendes Geschäftsfeld bleibt für die Edekabank trotz der Avancen im Privatkundensektor auf nicht absehbare Zeit das Firmenkundengeschäft, aufgeteilt in das Geschäft mit dem Großhandel – den Regionalgesellschaften – und in das Geschäft mit den selbständigen Edeka-Kaufleuten. Dem Großhandel, dem Edeka-Verbund, steht die Bank bei Finanzierungen allenfalls als Mitglied in Konsortien zur Seite – die Größe der Bank erlaubt Einzelkredite maximal bis zu 40 Mill. Euro. Im Vordergrund stehen stattdessen Dienstleistungen wie der Zahlungsverkehr.Bei den gut 4 000 Edeka-Kaufleuten wiederum kommt die Edekabank, wie Vorstand Wandtke erklärt, als Hauptbankverbindung auf einen Marktanteil von 45 bis 50 % – für rund 80 % wickelt sie hingegen den Zahlungsverkehr ab. Der Marktanteil als Hausbank soll bis 2017 auf 60 bis 65 % steigen – zum einen durch die konkurrenzlos gute Kenntnis des Edeka-Verbunds: Von den rund 150 Mitarbeitern des Instituts kümmern sich 30 in den Regionen – im Außendienst – um die Einzelhändler; hinzu kommen 30 Beschäftigte, die für die Kreditbearbeitung zuständig sind. Zum anderen soll der Markteil durch die bereits vollzogene Beschleunigung der Kreditbearbeitung sowie durch Bereitstellung von günstigen Finanzierungen zulegen. Voraussetzung für günstige Kredite, so Wandtke, seien passende Kostenstrukturen: Die Edekabank kommt, weil sie kein Filialnetz unterhält, auf ein Aufwand-Ertrags-Verhältnis von 36 %. Zahlungsverkehr als TüröffnerChancen zum Marktanteilsausbau rechnet sich das Institut auch bei den Händlern aus, für die sie den Zahlungsverkehr abwickelt, die aber die Edekabank bislang nicht als ihre Hausbank nutzen. “Diese Händler sind nicht bei uns, weil wir Edekabank heißen, sondern weil wir für sie den Zahlungsverkehr so günstig abwickeln wie keine andere Bank in Deutschland”, betont Bankchef Manegold. Für den Zahlungsverkehr im Edeka-Verbund unterhält die Bank ein eigenes kleines Rechenzentrum, über das sie 2013 rund 220 Millionen Transaktionen abwickelte. In diesem Jahr werden es voraussichtlich 240 Millionen sein.Mit ihren Bankverfahren ist die Edekabank der in Norddeutschland zuständigen genossenschaftlichen Rechenzentrale GAD angeschlossen. Die geplante Fusion der GAD mit dem anderen Verbund-IT-Dienstleister Fiducia hält Bankchef Manegold für überfällig. Der Zusammenschluss komme angesichts mehrerer gescheiterter Anläufe zehn Jahre zu spät. Der Einigungsdruck sei jetzt höher zu bewerten als kurzfristige Kostenvorteile für die einzelnen Genossenschaftsbanken, mahnt er mit Blick auf die Ende November und Anfang Dezember anstehenden Abstimmungen der Gesellschafter.Als besondere Herausforderung betrachtet der Edekabank-Vorstand neben der verschärften Regulatorik und den Kartenzahlverfahren, die Veränderungen durch neue Alternativen wie Paypal oder Apple Pay sowie durch eine vom Bundeskartellamt ausgelöste neue Entgeltordnung ausgesetzt sind, die andauernde Niedrigzinsphase. Die erschwere es, die Cost-Income-Ratio auf dem derzeit günstigen Niveau zu halten, sagt Manegold. Derzeit wachse die Bank in ihrem Kerngeschäft mit Firmenkunden aber stärker, als die Zinslage für Ertragseinbußen sorge. Damit das so bleibe, konzentrierten sich die Vertriebsanstrengungen auch auf die selbständigen Edeka-Kaufleute, ergänzt Wandtke. Stärkung aus eigener KraftMittelfristig strebt die Edekabank wie in den vergangenen Jahren ein jährliches Wachstum im Kreditgeschäft von rund 10 % an. Dies sei mit Blick auf die Gewinnthesaurierung und die Stärkung der Eigenkapitalausstattung wichtig. Ihre Eigenkapitalquote will die Bank bis 2018 aus eigener Kraft auf 18 % von 14,3 % Ende 2013 steigern. Ein “Deleveraging”, der Abbau von Risikoaktiva, sei dabei keine Option, sagt Manegold.Der Ertragsstabilisierung dienen die rund 500 Mill. Euro Eigenanlagen der Bank – wobei wegen der Niedrigzinsphase in den kommenden Jahren mit einem sinkenden Zinsergebnis gerechnet wird. Risiken werde man zwecks möglicher Kompensation nicht ausweiten. 2014 bezeichnet der Edekabank-Vorstand als ein “sehr zufriedenstellendes” Geschäftsjahr. Der Zeit nach ihrem 100. Geburtstag sehe die Bank, so die Botschaft, insgesamt mit Zuversicht entgegen.