Immobilienkrise trifft Fonds immer härter

Zweiter Stein kippt bei offenen Immobilienfonds

Die aktuelle Abwertung offener Immobilienfonds um mehr als 10% schockiert Anleger. Die jüngste Immobilienfondskrise weitet sich immer stärker aus.

Zweiter Stein kippt bei offenen Immobilienfonds

Zweiter Stein kippt bei offenen Immobilienfonds

Nach dem Leading Cities trifft den UniImmo Wohnen ZBI massive Abwertung – Kritiker appellieren an mehr Ehrlichkeit

wbr Frankfurt

Zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Monaten haben offene Immobilienfonds ihren Anteilspreis um mehr als 10% abwerten müssen. Mitte der Woche schockierte Union Investment die Anleger damit, dass die Tochter ZBI Fondsmanagement beim Wohnimmobilienfonds UniImmo Wohn ZBI von einem auf den anderen Tag um 16,7% im Anteilspreis nachgab.

Solche Werteverluste an einem Tag sind selbst bei Aktien selten. Das Fondsvolumen rutsche mit der Neubewertung unter 4 Mrd. Euro, während es Ende März noch bei 4,9 Mrd. Euro gelegen habe, berichtete das Anlegerportal „Fondsprofessionell“. Mit der massiven Abwertung wurde die Wertentwicklung des Fonds seit Auflage vor rund sieben Jahren vernichtet.

Beschwichtigung der Anbieter

Eine große Abwertung in der jüngsten Immobilienfondskrise liegt erst wenige Monate zurück. Ende November 2023 musste die Fondsgesellschaft KanAm in der „turnusmäßigen Bewertung im vierten Quartal eine Anteilpreisanpassung“ beim Leading Cities Invest durchführen, wie es seinerzeit in der Mitteilung hieß. Zinswende und reduzierte Immobilienpreise seien durch externe Sachverständige berücksichtigt worden, was dazu geführt habe, dass die Verkehrswerte des Immobilienportfolios insgesamt um rund 10% reduziert worden seien. In diesem Fall hieß es, dass die Ertragslage der Immobilien unverändert gut sei.

Die Erklärungsversuche bei Union Investment klingen ähnlich wie im Fall des KanAm-Fonds Leading Cities. „Exogene Einflussfaktoren haben zu einer neuen, unvorhersehbaren Situation auf dem Wohnimmobilienmarkt geführt“, schreibt der genossenschaftliche Fondsanbieter. Corona, Ukraine, Angebotsschock, Inflation – die Stichworte gleichen sich. Der „rasanteste Zinsanstieg seit fast 60 Jahren“ habe den Transaktionsmarkt für Wohnimmobilien in eine Schockstarre fallen lassen. „Der UniImmo: Wohnen ZBI kann sich trotz operativ positiver Entwicklung dem Markt nicht entziehen“, hieß es.

Bei Union Investment bleibt man ungeachtet der Probleme optimistisch, die „operativen Indikatoren des Fonds“ seien positiv. „Wir erwarten daher eine Erholungsphase in den kommenden Jahren. Wohnen ist und bleibt eine wichtige und attraktive Nutzungsart, welche sich in der Vermögensstruktur des Kunden wiederfinden sollte“, trommelt Union Investment für das Produkt.

„Nachhaltiger Vertrauensschaden“

Die Marktbeobachter beschreiben den Fall des UniImmo Wohnen ZBI weniger diplomatisch. Einen „nachhaltigen Vertrauensschaden bei offenen Immobilienfonds“ konstatiert Björn Drescher vom Analyse- und Beratungshaus Drescher & Cie. Mit dieser zweiten massiven Abwertung sei das Zutrauen der Anleger in das Erwartungsmanagement einzelner Anbieter offener Immobilienfonds, in die Wertstabilität dieser Anlageform und in die Bewertungssystematik geschädigt worden. „Was nicht ohne Konsequenzen für die Branche bleiben kann.“

Die beschwichtigenden Worte der Fondsanbieter interpretiert Drescher so: „Hören Sie, liebe Anteilinhaber, auf, Ihr Geld zurückzuverlangen, dann müssen wir auch nicht weiter abwerten.“

Die Ratingagentur Scope verweist darauf, dass der ZBI-Fonds einen Großteil seines Portfolios in der Hochpreisphase aufgebaut habe. Angesichts des niedrigen Anteils junger Immobilien und einer unterdurchschnittlichen Vermietungsquote sieht Scope in dieser deutlichen Abwertung eine Sondersituation. „Abwertungen in gleicher Größenordnung bei den Schwergewichten der Immobilienfondsbranche aus dem Gewerbeimmobilienbereich sind aus aktueller Sicht unwahrscheinlich“, so Analystin Sonja Knorr.

Drescher appelliert indessen, über „Risikoehrlichkeit, Wertermittlungstechniken und Angemessenheit der erzielbaren Renditen offener Immobilienfonds“ zu diskutieren.

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