Zwischen Geldflut und Corona
Die Preise von Immobilien fallen zunehmend auseinander: Gewerbeobjekte geraten unter Druck, doch der Wert von Wohnhäusern steigt deutlich, hält der Pfandbriefbankenverband VDP fest. Der Befund zeigt Parallelen zum Aktienmarkt, der nicht nur von der Pandemie, sondern auch von der Geldpolitik geprägt wird. jsc Frankfurt – Die wirtschaftlichen Perspektiven in der Coronakrise und die Erwartung anhaltend niedriger Zinsen prägen das Geschehen an den deutschen Immobilienmärkten: Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) berichtet für das dritte Quartal sowohl ein Auseinanderklaffen der Märkte für Wohn- und Gewerbeobjekte als auch eine hohe Bewertung von Immobilien im Verhältnis zu den Neuvertragsmieten.Laut dem Immobilienpreisindex stieg der Wert von Wohnobjekten im Vergleich zum zweiten Jahresviertel um 2,3 %, während die Preise für Büroimmobilien mit 0,3 % nur geringfügig zulegten und Einzelhandelsobjekte mit minus 0,6 % erneut an Wert verloren haben, wie der Verband am Dienstag berichtet hat. Die Entwicklung der Neuvertragsmieten hinkt wie schon häufig in den Vorjahren der Preisentwicklung hinterher. Sie stiegen um 0,7 % bei Mehrfamilienhäusern und stagnierten mit 0,0 % bei Büros; nur bei Einzelhandelsobjekten zeigten sich die Neuvertragsmieten mit minus 0,1 % stabiler als die Entwicklung der Preise.Wenn der Wert der Objekte schneller steigt als die Mieten, sinken rechnerisch die Mietrenditen – offenbar rechnen Investoren damit, dass die Zinsen länger niedrig bleiben werden als bislang erwartet und eine hohe Bewertung somit gerechtfertigt ist. Damit vollziehen die Immobilienpreise eine ähnliche Entwicklung wie der Aktienmarkt, der seit Ausbruch der Coronakrise eine sehr unterschiedliche Kursentwicklung je nach Branche ausgewiesen hat, insgesamt aber angesichts expansiver Notenbankpolitik wieder ein hohes Bewertungsniveau erreicht hat.Um die Immobilienwerte zu schätzen, greift der Verband auf die Preise tatsächlicher Transaktionen zurück, die von den Mitgliedsbanken erfasst werden. Dabei schätzen die Statistiker die Effekte etlicher Variablen, etwa des Baujahres, der Ausstattung, der Lage und der Fläche. Werden die Effekte herausgerechnet, ergibt sich der Preisanstieg je Quartal.Bereits seit Jahren steigen demnach die Preise für Wohn- und Büroimmobilien, während Einzelhandelsobjekte schon länger unter Druck stehen (siehe Grafik). Auch Büroimmobilien droht nun eine Phase der Stagnation, wie der VDP vermutet: Zwar zeige sich der Markt für Büroobjekte angesichts der Wirtschaftskrise bisher stabil und der Preisrückgang im zweiten Quartal sei bereits ausgeglichen worden, erklärte VDP-Hauptgeschäftsführer Jens Tolckmitt. “Je länger die Pandemie aber andauert, desto wahrscheinlicher wird es, dass sich dies auch in der Preisentwicklung niederschlägt.” Die Schere zwischen Gewerbeimmobilien einerseits und Wohnobjekte andererseits dürfte sich laut Verband im vierten Quartal ausweiten, wenngleich sich ein Preiseinbruch für Büroimmobilien demnach nicht abzeichnet. Rekord trotz KriseDie Preise für Wohnimmobilien stiegen im dritten Quartal so stark wie selten zuvor. Im Vergleich zum dritten Quartal des Vorjahres kletterte der Index sogar um 7,1 %. “Wohnimmobilien scheinen besonders immun gegen den pandemiebedingten wirtschaftlichen Einbruch zu sein”, schreiben die Analysten des Verbands. Der hohe Zuwachs hat den paradoxen Effekt, dass der Verband für den Gesamtmarkt einen Rekord verzeichnet: Denn auch wenn die schwächelnden Gewerbeimmobilien mit ihrem geringeren Anteil an den Transaktionen hinzugezählt werden, sind die Immobilienwerte nach Schätzung des Verbands binnen Jahresfrist um 6,1 % gestiegen, stärker als jemals zuvor seit Beginn der Aufzeichnung im Jahr 2003.Die Preisentwicklung der Metropolen hat dazu allerdings nicht beigetragen, denn in sieben großen Städten der Bundesrepublik stiegen die Wohnimmobilienpreise insgesamt nur um 3,8 %. Die bereits erreichte hohe Bewertung und der Mietendeckel in Berlin bremsen laut Verband den Anstieg.