„Bei Nachhaltigkeit sollte man nicht in Schwarz und Weiß denken“
Serie: Nachhaltigkeit in Person
„Bei ESG sollte man nicht in Schwarz und Weiß denken“
Marco Meyer, Leiter Sustainability at Banking bei Capgemini Invent
wbr Frankfurt
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Die Wege zu einem Top-Posten in Sachen Nachhaltigkeit sind oft sehr verschlungen. Doch nicht bei Marco Meyer, dem Leiter für das Thema Sustainability at Banking bei der Beratungsgesellschaft Capgemini Invent in Deutschland.
Die erste Berührung mit dem Thema Nachhaltigkeit hatte der 37-Jährige schon während seines Studiums der Volkswirtschaftslehre in Marburg. „Einer meiner Schwerpunkte war die Entwicklungsökonomie, in der es um nachhaltige Nutzung von Ökosystemen geht. Ein Beispiel war damals der Victoriasee, wo die Überfischung zum Nachteil aller Beteiligten führt.“ Das sei das Gegenteil von Nachhaltigkeit, und diese Zusammenhänge hätten ihn beeinflusst.
Anfangs Regulierungsthemen
Der in Braunschweig geborene Niedersachse studierte von 2008 bis 2015 VWL und startete seine Karriere als Unternehmensberater bei SKS in Frankfurt. Von 2017 bis 2019 arbeitete er für PwC, bevor er zu Capgemini wechselte. Auch wenn im Studium das Interesse geweckt war, lagen bei Meyer anfangs Regulierungsthemen auf dem Tisch. Da war die ESG-Regulierung nicht weit.
Im Dezember 2019 flatterte das Merkblatt für die Kreditrisiken der BaFin in sein E-Mail-Postfach. Das Thema packte ihn, noch vor Weihnachten hatte er die 47 Seiten durchgelesen. Nach dem Urlaub machte er mit seinem Chef klar, dass Nachhaltigkeit für ihn jetzt das Thema sei. „Wir müssen hier was machen“, so Meyer vor vier Jahren. Und erreichte, dass die Firma heute Nachhaltigkeit als wichtigen Treiber sieht.
Im Sommer 2020 brachte die EZB den Leitfaden für den Umgang mit Klima- und Umweltrisiken heraus. Damit war auch der berufliche Weg von Meyer vorgezeichnet, für ihn war klar, dass er sich ausschließlich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen wollte. Er begann einen Bereich aufzubauen und leitet heute ein Team mit 25 Menschen. Sie befassen sich mit allem, wo bei Banken in Sachen Nachhaltigkeit der Schuh drückt. Angefangen von der Richtlinie CSRD über Taxonomie bis hin zu Frameworks für nachhaltige Finanzierungen.
Werte schaffen
Die Beschäftigung mit Umwelt, Sozialem und Governance hat Meyer verändert. „Ich schaue heute bewusster auf viele Dinge und freue mich darüber, in einem Feld zu arbeiten, das positiv auf unsere Zukunft wirkt und Werte schafft.“
Aus Sicht des Sustainability-Chefs bei Capgemini sollte man aber vorsichtig sein: „Bei ESG sollte man nicht in Schwarz und Weiß denken. Nachhaltigkeit ist ein Prozess. Schon wenn man einmal in der Woche kein Fleisch isst oder beim Einkauf auf die Verpackung achtet, kann man einen positiven Beitrag leisten.“