Sustainable Finance-Beirat

Der kleine Prinz im ESG-Wunderland

Der Sustainable-Finance-Beirat hat eine Utopie vom nachhaltigen Finanzsystem der Zukunft vorgelegt.

Der kleine Prinz im ESG-Wunderland

Der kleine Prinz im ESG-Wunderland

Der Sustainable-Finance-Beirat legt eine Utopie vom nachhaltigen Finanzsystem der Zukunft vor.

Von Andreas Heitker, Berlin

Antoine de Saint-Exupéry hat nicht nur die berühmte Erzählung „Der kleine Prinz“ hinterlassen, sondern auch eine Vielzahl an Lebensweisheiten, die heute in Kalender gedruckt oder in den Design-Abteilungen der Baumärkte in Poster- oder Holzschnittform verkauft werden. Auch der Sustainable-Finance-Beirat (SFB) der Bundesregierung scheut sich nicht, in sein „Zukunftsbild eines nachhaltigen Finanzsystems im Jahr 2034“ eine Botschaft des Franzosen aufzunehmen.

Das 28 Seiten starke Papier, das die 34 Experten am Donnerstag veröffentlicht haben, enthält dieses Mal keine konkreten Handlungsempfehlungen. Es ging dem SFB vielmehr darum, Wirtschaft und Politik einen Kompass und eine längerfristige Vision vorzulegen, was aus der derzeit so mühevollen grünen Transformation in den nächsten zehn Jahren so werden kann. Ein positives Bild habe man zeichnen wollen, erklärte die Beiratsvorsitzende Silke Stremlau. Die Grenzen zwischen positivem Bild und naiver Malerei, die vielleicht noch eher zu Saint-Exupéry passt, sind aber fließend.

In der Welt, die der SFB beschreibt, operiert die Finanzwirtschaft verantwortlich, langfristig und berücksichtigt die planetaren Grenzen und sozialen Herausforderungen. Bei jeder Investition, jeder Finanzdienstleistung und jedem Kredit wird der sozial-ökologische Beitrag zur Transformation berücksichtigt. Bei Finanzentscheidungen geht es darum, bezahlbaren und klimafreundlichen Wohnraum oder gute und sichere Arbeitsplätze zu schaffen, wobei natürlich Menschenrechte beachtet werden. Dass Vorstände und Aufsichtsräte „kompetent, divers, interdisziplinär, agil und partizipativ“ sind, versteht sich fast schon von selbst.

In dieser Utopie begleiten die Finanzmarktakteure die grüne Transformation „ambitioniert und verantwortungsvoll“. Und die zentrale Infrastruktur wird „in zielführender Verzahnung von privater und öffentlicher Hand“ gestemmt. Das Bildungssystem ist bis dahin grundlegend reformiert und Sustainable Finance berücksichtigt, ebenso wie alle öffentlichen Anlagen und Pensionsrückstellungen, die „planetaren Grenzen“.

Der Beirat will dieses „Best-Case-Szenario im Rahmen des Machbaren“ nun erst einmal mit allen Stakeholdern diskutieren. Dabei könnte dann auch das Zitat von Saint-Exupéry im Ausblick noch eine Rolle spielen: „Die Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen.“ Denn wie der SFB seine Utopie umsetzen will, lässt er offen.

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