Eine verlockende Illusion
Klima-ETFs
Eine verlockende Illusion
Klima-ETFs wollen durch passives Investment etwas Gutes, doch sie nehmen keinen direkten Einfluss auf Unternehmen.
Von Wolf Brandes
Die Idee ist bestechend: Eine einfache, transparente und kostengünstige Geldanlage, die gleichzeitig einen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Durch den Kauf eines Klima-ETF können Anleger Unternehmen unterstützen, die CO2-Emissionen reduzieren und sich den Folgen des Klimawandels stellen. Ein passives Investment also, das Gutes tut. Anbieter haben die Idee längst aufgegriffen: Es gibt zahlreiche ETFs, die Indizes abbilden, deren Zusammensetzung sich etwa an den Zielen des Pariser Klimaabkommens orientiert. Diese Indizes wählen Aktien von Unternehmen aus, die im Bereich CO2-Reduktion und Klimaschutz führend sind.
Passiv bleibt passiv
Doch allein die Idee, mit einem passiven Investment etwas Aktives zu tun, wirft Fragen auf. Passiv bedeutet auch, keinen direkten Einfluss auf die Unternehmen zu nehmen, in die man investiert. Und das ist der Knackpunkt: Denn der Kauf eines Klima-ETF allein bringt weder die Unternehmen dazu, mehr für den Klimaschutz zu tun, noch senkt er deren CO2-Ausstoß.
Jonathan Bailey, Global Head of ESG bei Neuberger Berman, weist auf weitere Probleme hin: „Es mag verlockend sein, einfach einer der Klima-Benchmarks zu folgen, um ein Net-Zero-Portfolio aufzubauen. Doch zielführend ist das nicht.“ Dabei werde oft vergessen, dass Klima-ETFs in erster Linie auf rückwärtsgerichteten Daten basieren. Das bedeute, dass Unternehmen nach ihrer bisherigen CO2-Bilanz und ihrem ESG-Engagement bewertet werden. Doch diese Daten können lückenhaft sein, was die tatsächliche Klimafreundlichkeit der Unternehmen schwer einschätzbar macht. Zudem spiegeln diese Zahlen nicht wider, wie stark sich ein Unternehmen in Zukunft für den Klimaschutz einsetzen wird.
Transformation abgestraft
Ein weiteres Problem vieler Klima-ETFs ist, dass sie oft auf Ausschlusskriterien basieren. Unternehmen, die als besonders klimaschädlich gelten, wie etwa aus dem Bereich der fossilen Energien, werden ausgeschlossen. Auf den ersten Blick mag das sinnvoll erscheinen. Doch dieser Ansatz entzieht denjenigen Unternehmen Kapital, die auf Investitionen angewiesen sind, um ihre Emissionen zu reduzieren. Statt diese Unternehmen bei der Transformation hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise zu unterstützen, werden sie quasi abgestraft.
Das Versprechen der Klima-ETFs, den Wandel hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft zu unterstützen, wird also in der Praxis kaum eingelöst. Wer wirklich etwas für den Klimaschutz tun möchte, sollte sich also fragen, ob passive Klima-ETFs der richtige Weg sind. Entscheidend für den tatsächlichen Einfluss auf den Klimaschutz ist nicht nur die Auswahl der Unternehmen, sondern auch die Art und Weise, wie ein Vermögensverwalter seine Rolle wahrnimmt. Es geht darum, aktiv in den Dialog mit Unternehmen zu treten. Es geht nicht nur darum, Kapital bereitzustellen, sondern auch darum, Einfluss auf die Entscheidungen der Unternehmen zu nehmen.
Weniger Ressourcen
Ein Engagement, wie es von aktiven Managern praktiziert wird, ermöglicht es, Druck auf Unternehmen auszuüben, um sicherzustellen, dass diese ihre Klimaziele erreichen. Passive ETFs hingegen bleiben bei der bloßen Nachbildung von Indizes stehen. Sicher werden dort auch Stimmrechte genutzt, aber ein richtiges Engagement erfordert mehr Ressourcen, die ETFs mit niedrigen Gebühren nicht unbedingt haben.
Kein Wunder also, dass Impact-Investments immer beliebter werden. Denn sie zielen genau darauf ab: Eine spürbare Wirkung zu erzielen, indem gezielt in Unternehmen investiert wird, die nachweislich einen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten. Klima-ETFs bieten diesen „Impact“ jedoch kaum. Sie sind ein bequemes Mittel, um das eigene Portfolio grün erscheinen zu lassen, doch sie tragen weniger zum tatsächlichen Wandel bei.
Wer wirklich etwas bewirken möchte, sollte auf aktive Investments setzen, die gezielt in Unternehmen investieren und durch aktives Engagement echte Fortschritte im Klimaschutz erzielen. Der wahre Wandel wird nicht durch passive Nachbildungen von Indizes erreicht.