Energie-Start-ups leiten den Investitionsklimawandel am Finanzmarkt ein
Energie-Start-ups leiten
den Investitionsklimawandel ein
Innovative Finanzierungslösungen für Privatkunden beim Kauf von Solaranlagen
Von Dietmar Helms und Sandra Reinecke *)
Viele Haushalte in Deutschland stehen derzeit vor der Wahl, ihre steigenden Energiekosten entweder auf Kosten des Klimas oder auf Kosten ihres Geldbeutels bewältigen zu müssen. Die Energiewende im Privaten wird laut der KfW zwar in neun von zehn Haushalten angestrebt, jedoch nur in ungefähr der Hälfte der Haushalte ist die Anschaffung einer Solaranlage oder Wärmepumpe auch finanziell umsetzbar.
Für viele bleibt es abschreckend, sich trotz staatlicher Förderung mit dem langwierigen und komplizierten Prozess einer klassischen Bankfinanzierung auseinandersetzen zu müssen. Und auch auf Seiten der Banken besteht oft wenig Interesse, die meist relativ geringen Beträge zu finanzieren. Auch die von der KfW mit reduzierten Zinssätzen geförderten Kredite erreichen wegen des Hausbankprinzips in der Praxis oft nicht den Endkunden.
Enpal und Zolar am Drücker
Die ersten Energie-Start-ups haben diese Finanzierungslücke nun erkannt und bieten eigene Absatzfinanzierungslösungen an. So sicherte sich etwa Deutschlands erstes Green-Tech-Unicorn Enpal seit 2022 in mehreren Finanzierungstransaktionen die Mittel, ca. 50.000 Haushalten mit einer innovativen Forderungsfinanzierung den Kauf ihrer Solaranlagen und Wärmepumpen zu finanzieren. Zuletzt schloss auch das Berliner Solarunternehmen Zolar eine solche Transaktion ab.
Die Finanzierungslösung ermöglicht es Privatkunden, die Energiewende in ihrem Haushalt auf möglichst günstige, unkomplizierte und langfristige Weise zu finanzieren. Auf der anderen Seite eröffnet sie professionellen Investoren ein attraktives Angebot, in sehr sichere „grüne“ Anleihen zu investieren.
Ratenkaufverträge
Der Kauf der Solaranlage bzw. Wärmepumpe erfolgt über einen sehr langlaufenden Ratenkaufvertrag, der die monatlichen Raten so weit reduziert, dass der Kunde diese – im Fall der Solaranlage – über die Einsparung der Zahlungen gegenüber seinem bisherigen Stromanbieter finanzieren kann. Für die Endkunden hat diese Art der Finanzierung den Vorteil, dass der Kauf und die Finanzierung optimal aufeinander abgestimmt sind und – wie bei herstellereigenen Automobilfinanzierungen – von den Anbietern besonders attraktive Konditionen angeboten werden.
Das durch die Ratenkaufverträge generierte Forderungsportfolio wird – wie es auch im Bereich der Automobilfinanzierung üblich ist – zur Refinanzierung verbrieft, d.h. an eine separate Zweckgesellschaft verkauft, die den Kaufpreis für die Forderungen über die Emission von Anleihen durch institutionelle Investoren finanziert. Die Nachfrage auf Investorenseite für diese Anleihen ist so groß, dass attraktive Finanzierungskonditionen erzielt werden. Diese können an den Endkunden weitergegeben werden und unterstützen damit den Ausbau grüner Energie in Deutschland.
Politik reagiert
Da durch diese Struktur nicht das Unternehmen selbst zum Kreditnehmer wird, sondern eine separate Zweckgesellschaft die Finanzierung aufnimmt, gelingt es auch jungen Unternehmen, Fremdkapitalfinanzierungen in erheblichem Umfang zu stemmen, die über eine klassische Unternehmensfinanzierung nicht möglich wären. Die Endkunden der Ratenkaufverträge sind ausschließlich Hauseigentümer, die einen zusätzlichen Bonitätscheck durchlaufen. Damit ist sichergestellt, dass die Ausfallrisiken für Investoren reduziert werden. Mittlerweile hat auch die Politik die Bedeutung dieser Art der Absatzfinanzierung für die Erreichung der Energiewende erkannt: Bei der Gestaltung der Subventionierung von Wärmepumpen unter dem neu gefassten Gebäudeenergiegesetz Ende letzten Jahres achtete der Gesetzgeber ganz bewusst darauf, auch Ratenkaufverträge in die Förderrichtlinie aufzunehmen. Damit wurde erreicht, dass sich der Endkunde nicht mehr entweder für den Wärmepumpenzuschuss oder die Ratenfinanzierung entscheiden muss, sondern beides miteinander kombinieren kann.
Mancherorts ist neben den Vorgaben zum erneuerbaren Heizen in bestimmten Fällen auch die Installation von Solaranlagen schon vorgeschrieben. So müssen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Hamburg bei Neubau oder Modernisierung von privat oder gewerblich genutzten Gebäuden geeignete Dachflächen für die Energiegewinnung genutzt werden. Die Berliner Regelung zum Beispiel sieht die Nutzung von mindestens 30% der Dachfläche mit Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen vor.
Hohe Nachfrage
Auch ohne diese Vorschriften sind Solaranlagen auf Hausdächern beliebt, unter den erneuerbaren Energien liegen diese weit vor der Gewinnung von Windenergie an Land und der Erzeugung von Strom mit Biomasse. So speisten schon im Jahr 2022 in ganz Deutschland weit über 2 Millionen Photovoltaikanlagen insgesamt fast 55 Millionen Megawattstunden in das Stromnetz ein – 11% des gesamten einspeisten Stroms im Jahresdurchschnitt und im Juni 2022 sogar ganze 20% – und sparten dabei circa 42 Millionen Tonnen CO2 ein. Mit Blick auf die derzeitigen Zinssätze am Markt, die regulatorische Entwicklung und das generelle Investitionsklima ist damit zu rechnen dass auch andere deutsche Unternehmen dem Beispiel Enpals und Zolar folgen. Gerade im zukunftsträchtigen Bereich der grünen Technologien ist jedenfalls nicht zu erwarten, dass die Nachfrage aufseiten der Abnehmer oder Investoren bald abreißt – insbesondere seit steigende Gaspreise in Folge der russischen Invasion der Ukraine die Energiewende umso dringlicher erscheinen lassen.
*) Dr. Dietmar Helms ist Partner und Sandra Reinecke Associate von Hogan Lovells.
*) Dr. Dietmar Helms ist Partner und Sandra Reinecke Associate von Hogan Lovells.