ESG etabliert sich in der Vorstandsvergütung
ESG etabliert sich in der Vorstandsvergütung
Aktionärsvereinigung DSW erkennt mehr Bereitschaft zur Incentivierung von Managern über Nachhaltigkeitsziele
swa Frankfurt
Viele Unternehmen haben sich anfangs schwergetan, Nachhaltigkeitskriterien in der Vorstandsvergütung zu berücksichtigen, um ESG-Ziele auch über die Incentivierung des Top-Managements voranzubringen. Erste Versuche gab es mit ESG-Zielkomponenten in den Kurzfrist-Boni, wobei die Vorgaben in der Regel nicht so ambitioniert waren, dass jemals eine Zielverfehlung zu beobachten gewesen wäre, wie Vergütungsberater feststellten. Das Bild hat sich gedreht – zumindest was die Berücksichtigung von ESG betrifft. Nach einer Studie der Aktionärsvereinigung DSW und der Technischen Universität München hat sich das Thema Nachhaltigkeit breit in der Vorstandsvergütung etabliert.
Aktionäre machen Druck
Nahezu alle 40 Dax-Unternehmen haben der Studie zufolge 2022 mindestens eine der drei ESG-Komponenten in ihre Vergütungspläne integriert. „Dieser Trend wurde sowohl durch den Druck von Investoren als auch durch regulatorische Anforderungen vorangetrieben“, sagt DSW-Vergütungsexpertin Christiane Hölz. Dabei nutzen die Konzerne unterschiedliche Ansätze der Incentivierung. Die ESG-Kriterien könnten einen genauen Prozentanteil der kurzfristigen oder langfristigen variablen Vergütung ausmachen, aber auch als Multiplikator oder Zu- bzw. Abschlag auftreten. ESG-abstinent im Vergütungssystem 2022 sei die Porsche Automobil Holding.
Unterschiede zeigen sich darin, wie viele Nachhaltigkeitsaspekte einbezogen werden, doch das Bild hat sich auch hier sichtlich aufgehellt. So berücksichtigten nun 22 Dax-Gesellschaften alle drei ESG-Komponenten, während es im Vorjahr erst 15 Firmen waren. „Zudem geben alle 39 Unternehmen klare ESG-Kriterien an, wohingegen im Vorjahr drei Unternehmen noch generische Ziele hatten, also entweder keine Details nannten oder keinen klaren Fokus auf E, S oder G erkennen ließen“, sagt Hölz. Der neue Trend sei im Sinne der Investoren: „Diesen Anstieg begrüßen wir, da Anleger nur bei klar definierten Kriterien den Nachhaltigkeitsbezug der Vergütung nachvollziehen können.“ Nachhaltigkeitskomponenten neu eingeführt habe etwa Sartorius, und zwar in den kurz- und langfristigen Incentives.
Governance rückt in den Fokus
In der Auswahl der Kriterien liegen „Umwelt“ und „Soziales“ in den Dax-Unternehmen vorn, sie sind bei 38 bzw. 37 Gesellschaften zu finden. Auffällig ist nach den Worten von Hölz, dass im Vergleich zum Vorjahr mehr Unternehmen soziale und Governance-Kriterien berücksichtigen. Speziell das Thema Governance sei vermehrt in den Fokus gerückt, haben doch mehr als die Hälfte der Firmen im Dax dieses Kriterium in ihre Vergütungssysteme aufgenommen – im Geschäftsjahr 2021 waren es erst 15.
Gleichwohl bleibe „Governance“ die ESG-Komponente, die von den wenigsten Unternehmen berücksichtigt werde. Aus Sicht der Aktionärsschützer ist das nicht nachzuvollziehen, denn gute Unternehmensführung sei doch das Fundament, auf dem die beiden anderen Komponenten aufbauten. Insgesamt hält Hölz den Dax-Unternehmen aber zugute, dass sie „Bereitschaft zeigen, das Thema Nachhaltigkeit in all seinen Dimensionen aufzugreifen und in der Vergütung zu verankern“.
Die Konzerne nutzen ein breites Spektrum an ESG-Themen für die Incentivierung. Bei den Umweltaspekten meistgenannt sind Klimaschutz, Senkung des Energieverbrauchs, Reduktion der CO2-Emissionen und Umstieg auf nachhaltigere Materialien. Zu den relevantesten sozialen Kriterien für die Vergütung zählen laut Hölz Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sowie die Themen Diversität und Inklusion. Für Governance würden Compliance, Datenschutz sowie Produkt- und Servicequalität oft verwendet. Einige Unternehmen führten auch sehr unternehmensspezifische ESG-Kriterien an wie die Steigerung des Anteils recycelter Materialien in Plastikverpackungen (Beiersdorf) oder die Dekarbonisierung des Anlageportfolios im Einklang mit der Asset Owner Alliance (Allianz).
Transparenz in der Zielerreichung
Die Aktionärsvereinigung fordert Transparenz ein. ESG-Ziele müssten mit Vergleichswerten aus vergangenen Geschäftsjahren dargestellt werden, „um diese im Kontext als adäquat anspruchsvoll und ehrgeizig erkennen zu können und ein potenzielles Greenwashing zu verhindern“, sagt Hölz. Genauso transparent müssten Unternehmen in ihren Vergütungsberichten offenlegen, inwieweit finanzielle und nichtfinanzielle ESG-Ziele erreicht worden seien und welchen Anteil die ESG-Komponente an der Vergütung des Vorstands ausmache.