ESG-Performance verbessert Konditionen
ESG-Performance verbessert Konditionen
Umfrage zur Bedeutung der Nachhaltigkeit in der Kreditvergabe – Im Sanierungsfall zählt ESG weniger
Die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman hat Banken zur Relevanz von ESG im Kreditgeschäft befragt. Zwei von drei Banken gaben an, dass es bessere Kreditkonditionen bei einer positiven ESG-Performance gibt. Aber das Ziel einer erfolgreichen Restruk- turierung hebelt ESG-Kriterien mitunter aus.
wbr Frankfurt
Die Relevanz von ESG-Kriterien für die Finanzierung und im Fall einer Restrukturierung beziehungsweise Sanierung eines Unternehmens hat die Beratungsgesellschaft Oliver Wyman bei 14 großen deutschen Banken abgefragt. Eines der zentralen Ergebnisse: Während die Relevanz von ESG auch im Kreditgeschäft weiter zunimmt, hebelt das Ziel einer erfolgreichen Restrukturierung die ESG-Kriterien mitunter noch aus.
Warten auf Präzedenzfall
Laut den Oliver-Wyman-Experten haben die Banken ihren ESG-Fahrplan abgesteckt, auch wenn zum Teil Unklarheit über die Details der ESG-Anforderungen herrsche. Viele Häuser gingen davon aus, dass die Aufmerksamkeit für ESG noch weiter steigen werde, wenn es zu einem Präzedenzfall komme, bei dem einem Unternehmen aufgrund schwacher ESG-Performance die Refinanzierung verwehrt werde.
Die Umfrage kommt zu dem Ergebnis, dass die Bedeutung von ESG-Kriterien weiter stark zunimmt und heute für mehr als 90% der befragten Banken die ESG-Performance eine Rolle für Kreditentscheidung und/oder Konditionen spiele. „Bei ESG-Kriterien arbeiten Banken vor allem mit internen Vorgaben und es gibt nur wenige Themen, die ganz hart ausgeschlossen sind“, sagt Maximilian Majic, Partner und Restrukturierungsexperte bei Oliver Wyman.
Bessere Konditionen
Zwei von drei Banken gaben an, dass sich die Kreditkonditionen für Unternehmen mit einer positiven ESG-Performance verbessern. Allerdings: Bei knapp der Hälfte der Teilnehmer hat eine schlechte ESG-Performance keinen Einfluss auf die Kreditkonditionen. Ist dies aber doch der Fall, so wirkt sich dies nicht nur auf den Zins, sondern auch Laufzeiten und Covenants aus.
Die Umfrage stellt fest, dass in Restrukturierungssituationen der Fortbestand eines Unternehmens oft wichtiger ist als die ESG Anforderungen. In einer sich verschärfenden Unternehmenskrise wollen die Banken in erster Linie ihr Ausfallrisiko reduzieren.
Nach Einschätzung der befragten Häuser ist die Bewertung der ESG-Kriterien in Restrukturierungssituationen in der Regel eine Einzelfallentscheidung. „Wenn mehrere Finanzierer unterschiedliche ESG-Kriterien anwenden, könnte das bei einer Sanierung zu einem Dilemma führen“, so Majic. Eine Folge könnte sein, dass durch diese Divergenzen bei den ESG-Kriterien die Finanzierungskonditionen für das Unternehmen insgesamt schlechter werden. Im Extremfall könnte auch ein Finanzierer aussteigen. Das sei aber eher unüblich.
Generell würden ESG-Kriterien in Restrukturierungssituationen bislang aber eine geringe bis gar keine Rolle spielen. Das dürfte sich in den kommenden Jahren jedoch ändern.
Bei Restrukturierungen hat sich für Sanierungsgutachten der Standard des Instituts der Wirtschaftsprüfer IDW S6 durchgesetzt. Dort ist festgelegt, wie ein Restrukturierungskonzept auszusehen hat. „Da ESG-Kriterien an verschiedenen Stellen wie dem Geschäftsmodell, den Kosten oder den Finanzierungskonditionen eine Rolle spielen, war bislang unklar, wie ESG im Rahmen von Restrukturierungskonzepten behandelt werden soll“, sagt Majic. Die einzelnen Aspekte sollten aus Sicht der befragten Banken in einem Kapitel als Ganzes zusammengefasst werden.
Kreditlandschaft im Wandel
Majic erwartet aber nicht, dass es durch die Anwendung von ESG-Kriterien zu vermehrten Sanierungen oder Insolvenzen kommen werde. „Wir glauben jedoch, dass sich dadurch die Finanzierungslandschaft ändert und dass Unternehmen in solchen Situationen auf andere Banken oder alternative Finanzierer wie etwa Debt-Fonds ausweichen könnten.“