ESG

Finanzaufsicht steckt ihre Nachhaltigkeits-Rolle ab

BaFin-Präsident Mark Branson will Greenwashing bekämpfen .Regulatorische Belohnungen von grünen und Bestrafungen von braunen Finanzierungen lehnt er dagegen ab.

Finanzaufsicht steckt ihre Nachhaltigkeits-Rolle ab

BaFin-Präsident Mark Branson hat die Sustainable-Finance-Strategie der Finanzaufsichtsbehörde und die Grenzen des aus seiner Sicht Machbaren vorgestellt. Im Fokus steht der Kampf gegen Greenwashing. Regulatorische Belohnungen von grünen und Bestrafungen von braunen Finanzierungen lehnt er dagegen ab.

BaFin steckt ihre Nachhaltigkeits-Rolle ab

Mit ihrer Sustainable-Finance-Strategie grenzt sich die Aufsichtsbehörde von politischen Zielen ab – Kampf gegen Greenwashing im Mittelpunkt

fir Frankfurt

Die BaFin hat am Mittwoch eine Sustainable-Finance-Strategie vorgelegt, in der sie ihre Möglichkeiten und Grenzen in der Beaufsichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken aufzeigt. Die Aufsichtsbehörde will Greenwashing verschärft den Kampf ansagen. Eine Absage erteilt sie dagegen der Idee, grüne Finanzierungen mit Entlastungen in der Eigenkapitalunterlegung zu belohnen oder braune Finanzierungen entsprechend zu bestrafen. “Grüne Kredite und grüne Anlagen sind nicht per se risikoärmer. Entscheidend sollte immer das jeweilige Finanzrisiko sein”, machte BaFin-Präsident Mark Branson beim Bundesbank-Symposium „Bankenaufsicht im Dialog“ in Frankfurt deutlich, wo er auf die Sustainable-Finance-Strategie seiner Behörde verwies. Solche unterstützenden oder benachteiligenden Faktoren lehne die BaFin ab, weil diese zu “nicht risikokonsistenten Kapitalanforderungen” führen.

Keine eigenen politischen Ziele

Wie sich die BaFin in ihrer Rolle als Finanzaufsichtsbehörde versteht, wenn es um Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) geht, gibt sie in dem Papier deutlich zu verstehen: “Die BaFin verfolgt keine eigenen umwelt-, sozial- oder wirtschaftspolitischen Ziele oder lenkt selbst Finanzflüsse in eine bestimmte Richtung.” Das sei Aufgabe der Politik. Aufsichtsrecht müsse ausschließlich den Zielen der Solvenz-, Verhaltens- und Marktaufsicht verpflichtet sein. “Es muss immer klar sein: Wir als Aufsicht machen keine Umweltpolitik”, sagte Branson. Wen oder was eine Bank oder ein Versicherer finanziere oder versichere oder nicht, sei deren Sache, die BaFin könne und wolle dies nicht beeinflussen.

Schwerpunkt auf Klimawandel

Die BaFin hat Nachhaltigkeit als eines von insgesamt zehn gleichrangigen Mittelfristzielen definiert, zu denen beispielsweise auch die besondere Überwachung von Problembanken, der Verbraucherschutz und die Geldwäscheprävention stehen. Die Ende 2021 verkündeten Ziele sollen bis 2025 das Handeln der BaFin bestimmen. Zwar sei Nachhaltigkeit in den Dimensionen Umwelt, Soziales und Governance zu verstehen, doch liege der Schwerpunkt angesichts der verfügbaren Daten und des Stands der Regulierung aktuell auf dem Klimawandel, geht aus der aktuellen Strategie hervor. Dabei würden Klimarisiken nicht als neue Risikoart eingestuft, sondern von bestehenden Risikokategorien wie Kredit-, Markt-, Liquiditäts- oder operationellen Risiken abgedeckt, heißt es. Die Finanzaufsicht gibt zu, dass in dem Zusammenhang teils noch unklar sei, wie sich Nachhaltigkeitsrisiken in die klassischen Risikokategorien des Aufsichtsrechts übertragen lassen.

Ein besonderes Augenmerk legt die Behörde auf Prävention und Bekämpfung von Greenwashing. Branson bekräftigte, dass die BaFin gegen Unternehmen vorgehen werde, die sich und ihren Produkten und Dienstleistungen einen grünen Anstrich verpassten, ohne dass dies gerechtfertigt sei. “Greenwashing zerstört Vertrauen. Es ist eines der größten Risiken der Transformationsfinanzierung”, sagte der Behördenchef. Greenwashing untergrabe den Glauben in einen funktionierenden Markt für nachhaltige Investitionen. Dabei kam er auf zwei Spielarten des Greenwashings zu sprechen, gegen die gleichermaßen anzugehen sei. Zum einen, wenn Firmen Anleger potenziell in die Irre führten. Zum anderen, wenn beaufsichtigte Unternehmen physische Risiken durch Klimawandel wie Überschwemmungen und Stürme sowie Transitionsrisiken auf dem Übergang zu einem nachhaltigeren Wirtschaftssystem unterschätzten oder diese im Risikomanagement nicht transparent darstellten.

Als Gegenmittel gegen Greenwashing setzt die BaFin auf mehr Transparenz, um Anleger die richtigen Investitionsentscheidungen zu ermöglichen. Die BaFin achte verstärkt darauf, dass die von ihr beaufsichtigten Finanzdienstleister ihren Transparenzpflichten nachkämen. Entscheidend seien Offenlegungs- und Berichtspflichten der Unternehmen, wie die Offenlegungsverordnung Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die europäische Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die nichtfinanzielle Berichterstattung ausweitet, oder die EU-Green-Bond-Verordnung.

Drei Produktkategorien

Mit der gängigen Praxis zeigt sich BaFin-Chef Branson jedoch noch unzufrieden. So sei es Anlegern oft nicht möglich, klar und schnell genug ausfindig zu machen, wie es um die Nachhaltigkeit eines Produkts bestellt sei. Er bemängelte ein Übermaß an teils zu komplexen Informationen, welche die Menschen überforderten. Branson schlug deshalb die Einführung von drei Kategorien vor: erstens Anlagen, die zur Finanzierung klimaschonender Aktivitäten geeignet sind, aber noch nicht ausgereift sind. Hier seien wegen der Risiken eher professionelle Investoren gefragt. Zweitens „Ausschlussprodukte“, die bestimmte Aktivitäten oder Sektoren außen vor lassen. Dazu zählten die meisten nachhaltigen Anlageprodukte, und hier schlummerten Risiken des Greenwashings. “Entsprechen sie wirklich den Präfenzen der Anleger, die nachhaltig investieren wollen? Oder sind sie reine Placebos?”, fragte Branson kritisch. Als dritte Kategorie nannte er Anlageprodukte, welche den Transformationspfad von „braun“ zu „grün“ betreffen. Ihre mögliche Wirkung und das Marktpotenzial bezeichnete er als hoch, genauso allerdings das Greenwashing-Risiko.

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