„Für ClimateTech braucht es zwingend Fremdkapital"
Im Podcast: Tobias Lechtenfeld
„Für ClimateTech braucht es zwingend Fremdkapital"
Initiative „Tech for Net Zero“ sieht in Europa große Lücke bei der Finanzierung von Klimaschutztechnologien – Spezialisierte Kreditfonds könnten helfen
Der Bedarf an innovativen Klimaschutztechnologien ist riesig, die langfristigen Renditeaussichten in dem Bereich vielversprechend. Dennoch klafft in dem Markt eine große Finanzierungslücke, die es Unternehmern erschwert, ihre Ideen im größeren Maßstab umzusetzen. Aus Sicht der Initiative „Tech for Net Zero“ braucht es neue Finanzinstrumente, bei denen Fremdkapital eine größere Rolle spielen soll.
Von Karolin Rothbart, Frankfurt
Die Transformation der Industrie hin zur Klimaneutralität ist nicht nur für die Umwelt, sondern auch für Investoren ein aussichtsreiches Unterfangen. Das sagt Tobias Lechtenfeld, der es als Executive Director der Initiative „Tech for Net Zero“ wissen muss: Das Netzwerk vereint knapp 70 Start-ups und Scale-ups sowie Wagniskapitalinvestoren aus dem ClimateTech-Bereich, die im deutschsprachigen Raum angesiedelt sind und die es sich zum Ziel gesetzt haben, Barrieren bei der Gründung, Skalierung und dem Wachstum von Climate Tech-Start-ups zu beheben.
„Wenn man heute ein langfristiges Investment tätigt, ist Klimaschutztechnologie wohl eines der sichersten Investments, weil der Druck auf diese Transformation steigt und der Return steigt dadurch auch“, sagt Lechtenfeld im Private-Markets-Podcast „Betting Billions“.
Und dennoch: Gerade in Deutschland aber auch in Gesamteuropa klafft hier eine riesige Finanzierungslücke, die es Entwicklern von Wasserstoff-Anlagen, Batterieherstellern und Co. erschwert, ihre Innovationen im wirklich großen und damit auch klimawirksamen Maßstab voranzutreiben. „Allein im Kreditbereich sehen wir derzeit im europäischen Markt eine Finanzierungslücke von ungefähr 6 bis 8 Mrd. Euro pro Jahr für die Wachstumsfinanzierung von CleanTech-Unternehmen“, sagt Lechtenfeld.
Und dafür gibt es Gründe: Die Bewertung solcher Technologien ist komplex und es gibt wenig historische Daten, an denen sich Investoren orientieren können. „Gerade im Kreditbereich ist das sehr herausfordernd, denn es geht hier um große Volumina für Kunden mit einem deutlich größeren Risikoprofil", sagt Lechtenfeld. Für klassische Banken sei es entsprechend schwer, in dem Segment als Erstinvestor einzusteigen.
Fokus auf Eigenkapitalfinanzierung wurde Northvolt zum Verhängnis
Dabei sei Fremdkapital bei der Finanzierung innovativer und kapitalintensiver Klimaschutztechnologien so wichtig. „Man kann eine neue Fabrik nicht nur mit Eigenkapital finanzieren, das würde ein großer, etablierter Industriekonzern auch nie machen.“ Ja, um eigenkapitalbasierte VC-Finanzierungen kämen Jungfirmen anfangs kaum herum, denn „niemand anderes wäre so verrückt, Geld für solche Innovationen zu investieren, selbst wenn diese schon patentiert sind“, sagt Lechtenfeld. Das, so der Experte, machen nur Wagniskapitalgeber.
Für die ClimateTech-Gründer gelte es dann aber, möglichst schnell kreditfähig zu werden und nicht weiterhin vornehmlich auf Eigenkapitalfinanzierung zu setzen. Denn das berge Risiken, wie der Fall Northvolt gezeigt hat. „Northvolt hat den absoluten Fokus darauf gelegt, immer wieder neues Eigenkapital einzuwerben und dann später auch größere Summen Fremdkapital“, sagt Lechtenfeld.
Doch Equity-Investor achten nun einmal in erster Linie auf den Unternehmenswert. Diesen könne man zwar durch „gut gesetzte Signale am Markt“ immer weiter in die Höhe treiben. Doch wenn die Technologie mit den Versprechungen nicht mehr Schritt hält, habe die Firma ein Problem, sagt Lechtenfeld. „Irgendwann wurden halbfertige Batteriesysteme produziert, es entstand sehr viel Ausschussware, was stark auf die Profitabilität gedrückt hat.“ Um das Problem zu lösen, habe Northvolt immer mehr Eigenkapital eingesammelt. „Aus dieser Spirale konnte man sich irgendwann nicht mehr befreien“, so das Resümee des Experten.
Um die Schwierigkeiten bei der Fremdkapitalfinanzierung für Climate-Tech-Start-ups zu reduzieren, schlägt Tech for Net Zero unter anderem die Schaffung spezialisierter Kreditfonds vor. Diese könnten etwa auf der geplanten Produktion, auf Abnahmeverträgen mit Kunden sowie auf den finanzierten Assets basieren und womöglich auch für institutionelle Investoren wie etwa europäischen Pensionsfonds oder Versicherungen eine Investitionsmöglichkeit bieten. Erste Versuche in diese Richtung gebe es bereits in den USA oder auch in Großbritannien. Auch die WIN-Initiative der KfW sei ein richtiger Schritt in diese Richtung.
Die ganze Episode Betting Billions jetzt online hören