„Geld in die falsche Richtung gelenkt"
„Geld in die falsche Richtung gelenkt"
GLS geht zum 50. Jubiläum über Nachhaltigkeit hinaus – Regenerative Wirtschaft als Ziel
wbr Frankfurt
Die Bochumer GLS Bank will zunehmend ihre PS auf die Straße bringen. Als größte und bekannteste Nachhaltigkeitsbank in Deutschland tritt sie immer häufiger in der Öffentlichkeit auf und nutzt dazu auch das diesjährige 50-jährige Jubiläum. Mittendrin ist Aysel Osmanoglu, die seit 2023 Vorstandssprecherin und damit die erste Frau an der Spitze der sozial-ökologischen Genossenschaftsbank ist. Sie folgte auf den langjährigen Vorstand Thomas Jorberg, der das Institut 20 Jahre lang führte. Mit Osmanoglu (Jahrgang 1977) ist nicht nur ein Generationenwechsel verbunden, sie versucht auch, die Bank stärker gesellschaftlich und politisch zu positionieren.
Ein großes Thema für die GLS Bank bleibt der Klimawandel. Osmanoglu wird bei ihrem Auftritt auf dem Banken-Gipfel des „Handelsblatts“ deutlich. Sie kritisiert scharf, dass „in den vergangenen Jahren viel Geld in die falsche Richtung gelenkt wurde – in Investitionen und Subventionen für fossile Energien“. Wären diese Mittel in erneuerbare Energien geflossen, wäre die Situation heute eine andere. „Als privates Unternehmen brauchen wir auch politische Rahmenbedingungen“, betont Osmanoglu. Ein zentrales Instrument sei der CO2-Preis, für den sich die GLS Bank stark einsetzt. Ziel sei es, die externen Kosten zu internalisieren.
Die grüne Bank aus Bochum geht inzwischen jedoch über das Thema Nachhaltigkeit hinaus und spricht von einer regenerativen Wirtschaft. „Gesellschaftlich sind wir einen Schritt weiter“, sagt Osmanoglu. „Es reicht nicht mehr, nur Ressourcen zu entziehen. Wir müssen regenerativ wirtschaften und etwas zurückgeben.“ In diesem Zusammenhang kritisiert sie die Taxonomie der EU: „Die Taxonomie ist nicht unser Ansatz von Nachhaltigkeit. Man kann sich damit nicht schmücken.“ Ihr sei es wichtig, die Zusammenhänge zu erkennen. „Wir merken, dass wir die ökologische Transformation ohne die sozialen Themen nicht bewältigen können.“ Die Bank möchte auch weiterhin ihre Vorreiterrolle in der sozial-ökologischen Transformation einnehmen – mit dem Ziel, nicht nur nachhaltiger, sondern regenerativer zu wirtschaften.
Soziale Verantwortung wichtiger
Osmanoglu hebt zudem die soziale Verantwortung der Bank hervor, insbesondere im Hinblick auf die jüngere Generation. „Fridays for Future war ein Booster für das Klima und die Nachhaltigkeit“, erklärt sie. Viele Menschen hätten erkannt, dass die Sorgen der jungen Generation ernst genommen werden müssen, was ein wichtiger Bestandteil einer funktionierenden Demokratie sei. „Wir sind mit Fridays for Future auf die Straße gegangen“, betont sie und ergänzt, dass die ökologische Transformation ohne soziale Themen nicht zu bewältigen sei. Ein Beispiel dafür sei die Finanzierung erneuerbarer Energien, die häufig auch soziale Komponenten wie Bürgerbeteiligung umfasse. Den Tagebau in Lützerath verurteilte sie, äußert sich jedoch zurückhaltender zu den Aktionen der „Letzten Generation“ und deren Blockaden von Straßen und Flughäfen.
Keine Verbriefungen
Die GLS Bank sieht sich nicht nur in einer politischen Rolle, sondern legt auch großen Wert auf Glaubwürdigkeit. Osmanoglu betont, dass die Transparenz – etwa bei den vergebenen Krediten – ein Alleinstellungsmerkmal der Bank sei. Dies zeige sich auch in der Finanzierungsstrategie. „Ich habe kein Interesse daran, die Kredite unserer Kunden zu verkaufen“, erklärt sie, denn die Bank pflege enge Beziehungen zu ihren Kunden. Für die GLS Bank als mittelständisches Unternehmen hätten Verbriefungen nicht die gleiche Bedeutung wie für internationale Großbanken.
Mit einer Bilanzsumme von 9,9 Mrd. Euro und 366.000 Kunden ist die GLS heute eine mittelgroße Bank. „An uns kommt man nicht vorbei“, sagt Osmanoglu. „Unsere Kunden schätzen, dass wir jeden Kredit offenlegen. Kürzlich haben wir sogar unser Gehaltsgefüge veröffentlicht, inklusive meines eigenen Gehalts. So weit gehen andere Bankchefs bei Weitem nicht.“