Milliarden gesucht für nachhaltige Kredite
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Debatte auf Banken-Gipfel über grüne Transformationsfinanzierung – Kritik an der Taxonomie
wbr Frankfurt
Unter dem Stichwort „Grüne Transformationsfinanzierung“ ging es am Donnerstag beim Banken-Gipfel des „Handelsblatts“ in Frankfurt um die Notwendigkeit der Kapitalmarktunion für die Transformation, die Rolle von Verbriefungen in der ESG-Welt sowie um Bedenken, die die Branche mit der Taxonomie haben.
Lutz Diederichs, CEO von BNP Paribas Deutschland, betonte die Bedeutung der Kapitalmarktunion für das politische Projekt eines Green Deals, der die EU bis 2050 klimaneutral machen soll. Die Finanzierung einer Transformation erfordere rund 600 Mrd. Euro, von denen über 540 Mrd. Euro von privaten Investoren kommen müssten. Ohne eine funktionierende Kapitalmarktunion könne eine grüne Transformation nicht gelingen, da der europäische Kapitalmarkt im Vergleich zu den USA zu klein und fragmentiert sei. Staatliche Gelder könnten aber eben nur etwa 10% der benötigten Summe abdecken, weshalb privates Kapital unerlässlich sei.
Scharfe Kritik von der GLS
Aysel Osmanoglu, Chefin der nachhaltig ausgerichteten GLS Bank, kritisierte, dass Banken seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 insgesamt 7 Bill. Euro in fossile Energien investiert haben. Sie äußerte Unverständnis für die Finanzierung dieser Unternehmen und betonte die Verantwortung der Banken, einen Fokus auf nachhaltige Projekte zu legen, anstatt weiterhin Kohle, Öl und Gas zu finanzieren.
Osmanoglu sieht auf der anderen Seite großes Potenzial, Spargelder in Deutschland in Höhe von insgesamt 2,1 Bill. Euro in grüne Investitionen umzuleiten. Viele dieser Gelder lägen konservativ auf Bankkonten, könnten jedoch zur Finanzierung der Energiewende verwendet werden.
Nicht auf Sparer bauen
Diederichs sieht auch diese Summe, zeigte sich aber skeptisch, dass deutsche Sparer in ausreichendem Maße in grüne Themen investieren würden, um die Kapitalmarktunion überflüssig zu machen. Dies sei ein zu optimistischer Ansatz.
Der BNP-Paribas-Manager wies aber auch darauf hin, dass anders als in einer reinen Nachhaltigkeitslehre nicht nur „dunkelgrüne“ Unternehmen, die bereits vollständig nachhaltig wirtschaften, unterstützt werden sollten. Auch Unternehmen, die sich im Übergang zu nachhaltigeren Geschäftsmodellen befinden, müssten finanziert werden, da sie eine wichtige Rolle in der Transformation spielen.
Zum Thema Taxonomie zeigte sich Diederichs ebenfalls kritisch. Die Taxonomie sei nur notwendig, weil die Preise für externe Effekte nicht korrekt seien. In einem idealen System, in dem Umweltkosten eingepreist wären, wäre seinen Worten nach auch eine Taxonomie überflüssig. Er warnte, dass die Taxonomie in Teilen über das Ziel hinausschieße, und nannte die „Green Asset Ratio“ (GAR) als Beispiel. Diese sei gut gemeint, aber schlecht umgesetzt, da sie die Finanzierung von Transitionsunternehmen nicht ausreichend berücksichtige.
Hengster fordert einheitliches Vorgehen
Barclays-Deutschlandchefin Ingrid Hengster betonte, dass die Debatte um die grüne Transformation nicht nur national oder europäisch zu führen sei, sondern international. Die Banken müssten den Übergang begleiten, um bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Gleichzeitig plädierte sie für ein einheitliches Vorgehen bei der ESG-Regulierung. In Europa gebe es derzeit unterschiedliche Standards, bei denen ähnliche Themen unterschiedlich benannt und reguliert würden. Einheitliche globale Leitlinien seien dringend nötig, um die nötige Klarheit und Konsistenz zu schaffen.
Einigkeit herrschte darüber, dass der Verbriefungsmarkt eine Rolle bei der Finanzierung der Transformation spielen müsse. Verbriefungen seien für die Banken wichtig, um Eigenkapital in den Bilanzen freizusetzen und so weitere Projekte zu finanzieren. Eine Belebung des Markts sei notwendig, da er den Banken ermöglichen würde, mehr Kapital für die Transformation bereitzustellen. Diederichs fügte hinzu, dass die entscheidenden Regeln, um den Verbriefungsmarkt in Deutschland voranzubringen, innerhalb weniger Monate umsetzbar seien.
Abschließend betonten alle drei Diskutanten die enorme Herausforderung, die die grüne Transformation darstellt. Es sei von zentraler Bedeutung, dass sowohl staatliche als auch private Investoren eng zusammenarbeiteten, um die Finanzierung der Transformation sicherzustellen. Die Kapitalmarktunion, eine starke ESG-Regulierung und ein funktionierender Verbriefungsmarkt wurden als wesentliche Faktoren für den Erfolg identifiziert. Die Banken spielten dabei eine Schlüsselrolle, um den Übergang zu unterstützen und bis 2050 die angestrebte Klimaneutralität zu erreichen.