Kabinett wird CO₂-Speichergesetz laut Koalitionskreisen auf den Weg bringen
Die Bundesregierung will die umstrittene unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (CO₂) gesetzlich erlauben. Das Bundeskabinett werde am Mittwoch dafür das CO₂-Speichergesetz beschließen, wie es am Dienstag in Koalitionskreisen hieß. Derzeit ist die Speicherung des Klimagases verboten. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will sie möglich machen, um besonders für Grundstoffindustrien wie Zement oder auch Stahl den Weg in eine klimafreundlichere Produktion zu erleichtern. Dem Entwurf zufolge soll die CO₂-Speicherung nur für Kohlemeiler untersagt bleiben. Selbst Erdgaskraftwerke könnten danach das Klimagas abspeichern. Es wird davon ausgegangen, dass das CO₂ letztlich vor allem im Meeresboden der Nordsee gelagert wird. Bundesländer können sich dem Gesetz zufolge aber auch dafür entscheiden, dies auf ihrem Gebiet zu tun.
Die CO₂-Speicherung, auch CCS (Carbon Capture and Storage) genannt, war in Deutschland lange wegen Sicherheitsbedenken umstritten und wurde faktisch verboten. Klimaschützer fürchteten zudem, der Ausbau erneuerbarer Energien und sauberer Technologien werde gebremst, wenn das Klimagas im großen Stil unter der Erde gelagert werde.
Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz in Planung
Habeck hatte vor allem mit Blick auf die Industrie für CCS geworben. Verfahren zur Rohstahl- oder Zement-Gewinnung sind rein technisch kaum oder gar nicht mit grünem Strom oder Wasserstoff möglich. Die so derzeit nicht vermeidbaren CO₂-Emissionen könnten so aufgefangen werden.
Der überwiegende Teil der Klimawissenschaft hält CCS für unvermeidlich, um etwa Treibhausgase in Entwicklungsländern beispielsweise aus Kohlekraftwerken abzuscheiden. Deutschland will bis 2045 klimaneutral sein. In den Bereichen, wo Wasserstoff Kohle oder Gas ersetzen kann, soll dies vorrangig umgesetzt werden. Dafür will das Kabinett Mittwoch parallel ein Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz auf den Weg bringen. Die Wasserstoff-Wirtschaft steht auch in Deutschland noch am Anfang.
Während es bei Grünen und SPD nach wie vor Skepsis besonders beim CCS-Einsatz für Gaskraftwerke gibt, bekommt Habeck hier Unterstützung von der FDP: „Der Einsatz von CCS in Deutschland ist eine große Chance für den Klimaschutz und die deutsche Wirtschaft“, sagte FDP-Vize-Fraktionschef Lukas Köhler. „Das CCS-Gesetz markiert einen Wendepunkt für den konsequenten Ausstieg aus den CO₂-Emissionen, auf den die FDP seit vielen Jahren gedrängt hat.“ Dass Länder das Gas auch an Land unterirdisch speichern könnten, sei ein Vorteil: „Besonders in südlichen Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg ist es ökonomisch sinnvoll, das CO₂ direkt vor Ort zu speichern, um die Transportkosten für heimische Unternehmen zu minimieren.“
Lagerung vor allem auf dem Meeresgrund
Die Regierung geht davon aus, dass das CO₂ hauptsächlich im deutschen Hoheitsgebiet unter der Nordsee gelagert oder aber ins Ausland transportiert wird. Gerade Norwegen oder die Niederlande haben die CCS-Technik unter der Nordsee bereits intensiv erprobt und wollen große Mengen als neues Geschäftsmodell aufnehmen. Für den Transport muss Deutschland aber noch ein internationales Abkommen unterzeichnen (London-Protokoll), das in der Zuständigkeit des Umweltministeriums liegt. Nach längerem Zögern hatte es zuletzt signalisiert, zuzustimmen. Klar ist damit, dass neben Speichern auch Transportleitungen für CO₂ gebaut werden müssen. Auch dafür schafft das Gesetz einen Rahmen.
Parallel treibt die Regierung den Ausbau von Wasserstoff-Anlagen voran. Am Mittwoch will das Kabinett das Gesetz zum schnellen Aufbau von Speichern sowie Import- und Produktionsanlagen beschließen. Das Wasserstoff-Beschleunigungsgesetz soll der Infrastruktur ein „überragendes öffentliches Interesse“ zuweisen, wie es etwa bei den Flüssiggas-Terminals der Fall ist. Bei Klagen soll der Rechtsweg verkürzt und Umweltverträglichkeitsprüfungen etwa bei kleineren Elektrolyseuren – also Wasserstoff-Produzenten – abgespeckt werden.
Wasserstoff, zunehmend mit Hilfe erneuerbarer Energien erzeugt, soll der zentrale Brennstoff für Wärme, Flug- und Schiffsverkehr sowie teils auch für die Stromerzeugung werden.
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