KommentarVenture Capital

KI für den Krieg schlägt ESG aus dem Feld

Rüstungsaufträge werden von europäischen Regierungen lieber an hiesige KI-Firmen vergeben. Das spielt Helsing im Wettbewerb mit US-Rivalen wie Anduril, Shield AI oder Palantir in die Hände.

KI für den Krieg schlägt ESG aus dem Feld

Venture Capital

KI für den Krieg schlägt ESG

Von Christoph Ruhkamp

Mit 450 Mill. Euro Eigenkapital ist die Finanzierungsrunde für die Münchener Rüstungs-KI-Firma Helsing höchst bemerkenswert. Es ist die größte soweit bekannte Start-up-Kapitalspritze in Deutschland in diesem Jahr. Das frische Geld für Helsing soll zur Produktentwicklung und zur Forschung eingesetzt werden. Es geht passend zum Nato-Gipfel in Washington um die „Sicherung der europäischen Souveränität“, einschließlich des Schutzes der Nato-Ostflanke – etwa durch effektivere Drohnen. Mit der Ukraine war Helsing längst im Geschäft. Jetzt kommen neben Büros in London und Paris auch eine Niederlassung in Estland und neue Kunden aus Osteuropa hinzu. Man gibt sich paneuropäisch. Das Ganze zeigt, wie bedrohlich der Krieg in der Ukraine ist.

Zugleich macht die Investorenliste deutlich: Es handelt sich um rein private Geldgeber. Mit General Catalyst in der Führung und Wagniskapitalgebern wie Elad Gil, Accel oder Lightspeed ist die „Crème de la Crème“ der Venture-Capital-Szene aus dem Silicon Valley vertreten. Staatliche Adressen, namentlich der neue Innovationsfonds der Nato, fehlen gänzlich. Es braucht schlicht keine staatlichen Mittel. KI im Militärbereich ist zu einem großen Investment Case für Wagniskapitalgeber geworden.

Helsing ist eines von vielen neuen Rüstungs-Start-ups, die nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine eine wachsende Menge Risikokapital anziehen. Die Verteidigungsbudgets in Europa sind gestiegen, und die baltischen Staaten schlagen wegen Russlands GPS-Störsendern Alarm. Rüstungsaufträge werden von europäischen Regierungen lieber an hiesige Unternehmen vergeben. Das spielt Helsing im Wettbewerb mit US-Konkurrenten wie Anduril, Shield AI oder Palantir in die Hände. Die Kundenliste ist absolut beeindruckend: Helsing soll den Eurofighter zusammen mit der schwedischen Saab elektronisch erneuern und sieht sich zuständig für die „KI-Infrastruktur für das Future Combat Air System“ – also das neue europäische Kampfflugzeug.

ESG-Bedenken, die bis vor kurzem noch viele Investoren von Militärinvestments abgehalten haben, spielen kaum noch eine Rolle. An Universitäten gilt noch die „Friedensklausel“, die Forschung für den Krieg verbietet. Wohl nicht mehr lange. Einer der ersten deutschen Investoren, die Wagniskapital in die boomende Kriegswirtschaft stecken, ist der Reservist Uwe Horstmann mit seinem Fonds Project A Ventures. Der deutsche Drohnenhersteller Quantum Systems und die Militär-Roboterfirma Arx erhielten ebenfalls Millionen. Andere werden folgen.

KI fürs Militär ist für Venture Capital zum großen Investment Case geworden – auch ohne Staatsgeld und trotz ESG.

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