Kompromiss mit vielen Hintertüren
Kompromiss mit vielen Hintertüren
UN-Klimakonferenz: Abwendung von fossilen Brennstoffen – Förderung der erneuerbaren Energien – Gemischtes Echo
Die UN-Klimakonferenz (COP) hat sich auf eine Abkehr von fossilen Brennstoffen geeinigt. Bis 2030 sollten zudem die erneuerbaren Energien stärker ausgebaut werden. In dem Kompromiss bleiben aber viele Hintertüren offen. Das Echo aus Politik, Wirtschaft und Umweltverbänden fällt entsprechend gemischt aus.
ast Frankfurt
Von Anna Steiner, Frankfurt
Nach einem Tag Verlängerung ist die UN-Weltklimakonferenz in Dubai am Mittwoch zu Ende gegangen. Erstmals ist es gelungen, sich auf eine Abwendung von den fossilen Brennstoffen zu einigen. Die erneuerbaren Energien sollen hingegen bis 2030 verdreifacht werden, die Energieeffizienz verdoppelt. Zudem soll die Reform der Finanzarchitektur vorangetrieben werden. Die Reaktionen auf den Kompromiss fielen am Mittwoch gemischt aus.
Betroffene übergangen
COP-Präsident Sultan Al-Jaber sprach nach der Abstimmung von einem „historischen Paket“. Es sei ein robuster Aktionsplan, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten, so der CEO des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate. Nach rund 24-stündiger Verlängerung und nächtlichen Verhandlungen kam die Konferenz am Vormittag überraschend zur Entscheidung. Al-Jaber verabschiedete den kurz zuvor veröffentlichten finalen Textentwurf direkt zu Beginn der Plenarsitzung.
Doch die vermeintliche Einstimmigkeit, das Prinzip der Klimakonferenzen, war nur bedingt gegeben. Die besonders von der Klimakrise bedrohten Inselstaaten waren zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben gar nicht im Plenum: Eine Vertreterin Samoas sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Inselstaaten hätten sich noch koordinieren müssen. „Die Kurskorrektur, die wir brauchten, ist nicht erreicht worden.“ Für Änderungen war es aber da schon zu spät.
Habeck: COP sendet Signal an Investoren und Märkte
In dem 21 Seiten starken Papier werden die Staaten aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen abzuwenden. Zuvor war allerdings eine deutlich striktere Formulierung eines Ausstiegs („phase out“) gefordert worden – von immerhin mehr als 100 Staaten, zu denen auch Deutschland zählte. Diese Formulierung ließ sich aber nicht durchsetzen. Und auch andere Formulierungen sorgen nicht nur für Applaus. So haben es die weitere Nutzung von Gas und der Einsatz wissenschaftlich umstrittener Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO2 ebenfalls in das Dokument geschafft.
Politiker wollten aber nicht von einer Niederlage sprechen und zeigten sich optimistisch. „Der Weg in eine klimagerechte Zukunft ist endlich geebnet“, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Erstmals hätten sich die Staaten zur Abkehr von allen fossilen Energien und zum massiven Ausbau von Wind- und Solarenergie bekannt. „Das ist ein klares Signal an Unternehmen, Märkte und Investoren: Die Energie der Zukunft ist erneuerbar und wird effizient genutzt.“ Allerdings, so der deutsche Vizekanzler, bleibe viel zu tun, um das fossile Zeitalter vollständig zu verlassen.
DIHK sieht positives Signal
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) sieht in der Einigung ein positives Signal. DIHK-Präsident Peter Adrian sagte: „Insbesondere das Bekenntnis zum schnelleren Ausbau erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz kann deutschen Technologieanbietern weltweit neue Chancen eröffnen.“ Wenn fossile Energien überall teurer würden, nütze das nicht nur dem Klima. Es begrenze auch die Wettbewerbsnachteile deutscher Unternehmen weltweit.
Auch der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), Thilo Brodtmann, zeigte sich erfreut. Der Wandel gehe weiter. Die Transformation sei eine stabile Basis für Investitionen in Technologien, Märkte und Infrastrukturen. „Das ist auch für den Maschinen- und Anlagenbau wichtig, weil wir die Weltmarktperspektive für unsere Lösungen brauchen.“
„Reines Greenwashing“
Deutlich negativer fallen Reaktionen von Umweltökonomen und Klimaaktivisten aus. „Die COP28-Klimakonferenz war reines Greenwashing“, sagte etwa Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Es würden zu viele Schlupflöcher für fossile Energien offen gelassen. „Diese COP hat an allen Fronten weitgehend enttäuscht“, sagte Arunabha Ghosh, Geschäftsführer des Rates für Energie, Umwelt und Wasser. Es sei misslungen, wirksame Finanzmechanismen einzuführen.