LeitartikelLabour-Regierung

Britische Klimapolitik: Mit Vollgas gegen die Wand

Labour hat noch keine großen Reformen an den Start gebracht. Außer in der Energiepolitik. Doch gerade hier provoziert sie einen Super-GAU.

Britische Klimapolitik: Mit Vollgas gegen die Wand

Britische Klimapolitik

Britische Klimapolitik

Mit Vollgas gegen die Wand

Von Andreas Hippin

Labour hat noch keine großen Reformen an den Start gebracht. Außer in der Energiepolitik. Dort droht der Super-GAU.

Der neue britische Energieminister Ed Miliband hat seit dem Wahlsieg von Labour keine Zeit verloren. Das von ihm entworfene Subventionsprogramm „Green New Deal“ ließ Schatzkanzlerin Rachel Reeves zwar mit Blick auf die Leere der öffentlichen Kassen in der Schublade verschwinden. Doch hat „Red Ed“ einen Hebel entdeckt, mit dem er seine politischen Vorstellungen dennoch vorantreiben kann: das gesetzlich festgeschriebene Emissionsziel des Landes. Für die Energiepolitik des Landes ist seine Ernennung der größte anzunehmende Unfall, der Super-GAU.

Bis 2050 muss das Vereinigte Königreich klimaneutral werden. Theresa May peitschte eine entsprechende Änderung des Climate Change Act von 2008 im Juni 2019 durch das Unterhaus, ohne dass es darüber eine große öffentliche Debatte gegeben hätte.

Dekarbonisierung des Stromsystems

Beraten wurde sie dabei vom Climate Change Committee, einem Expertenrat, der niemandem gegenüber rechenschaftspflichtig ist. Dessen ehemaligen CEO, Chris Stark, machte Miliband zum Chef von „Mission Control“, seiner Kommandozentrale für die Beschleunigung der Energiewende. Man hätte den Eindruck gewinnen können, dass Großbritannien von den Weltuntergangspropheten von Extinction Rebellion regiert wurde.

Bis 2030 soll das Elektrizitätssystem dekarbonisiert werden. Nicht immer verfügbare Energiequellen wie Sonne und Wind haben bereits einen großen Anteil an der britischen Stromproduktion. Hier wurden auf dem Weg zu Net Zero die größten Fortschritte gemacht, nicht zuletzt durch den Bau großer Offshore-Windkraftwerke. Labour will nun den Bau von Windrädern an Land vorantreiben. Die angekündigte Planungsreform dient nicht zuletzt dazu, Projekte auch gegen lokalen Widerstand durchzusetzen.

Nicht grundlastfähig

Das Problem mit diesen Energiequellen ist, dass sie nicht grundlastfähig sind. Wenn der Wind nicht bläst oder die Sonne nicht scheint, liefern sie keinen Strom. Werden noch mehr herkömmliche Kraftwerke stillgelegt, wird es eng. Großbritannien deckt Versorgungslücken bislang mit Importen aus Frankreich und Norwegen. Doch bewegt man sich dort energiepolitisch in eine ähnliche Richtung, was es künftig schwieriger machen dürfte, die Unterseekabel zur Vermeidung von Blackouts zu nutzen.

Kaum jemand will es laut aussprechen, doch das Land wird bei der Stromerzeugung noch auf Jahrzehnte hinaus auf Erdgas angewiesen sein. Die Erschließung neuer Gasfelder würde die Abhängigkeiten von Exporteuren wie Katar oder Russland verringern. Stattdessen wird die vergleichsweise saubere Energiequelle als fossiler Brennstoff verteufelt.

Energiekonzerne als Einnahmequelle

Nun kann man der neuen Regierungspartei nicht vorwerfen, aus ihrer Abneigung für die Öl- und Gasbranche ein Geheimnis gemacht zu haben. Angesichts der dramatischen Umweltschäden durch Tankerkatastrophen und andere Betriebsunfälle ist ihre Haltung durchaus verständlich. Doch gerne würde sie die Energiekonzerne anzapfen, um allerlei soziale Wohltaten zu finanzieren. Investitionen sollen nicht mehr großzügig mit der Übergewinnsteuer verrechnet werden können. Doch die Branche dürfte noch mehr Ölplattformen in der Nordsee stilllegen, wenn sie dort keine Zukunft mehr sieht. Dann könnte sie für die Aufräumarbeiten einen Teil der seit Beginn der Förderung gezahlten Steuern zurückfordern. Neuinvestitionen in Großbritannien wurden bereits heruntergefahren.

Überall tun sich Widersprüche auf, überall wäre mit einer differenzierteren Herangehensweise mehr zu erreichen. Doch je klarer sich abzeichnet, dass die ehrgeizigen Klimaziele der Regierung unerreichbar sind, desto autoritärer werden Miliband und sein Gefolge versuchen, sie durchzusetzen. Früher oder später dürfte das Fahrverbot für Verbrennerautos kommen, dann der Zwang zum Einbau von Wärmepumpen. So fährt Labour das Land mit Vollgas gegen die Wand. Dabei trägt es nur minimal zur Erderwärmung bei.

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