InterviewRené Repasi (SPD)

"Mit Berichten ist es bei Sorgfaltspflichten nicht getan"

Der SPD-Europaabgeordnete René Repasi klagt gegen ein zentrales Element der Taxonomie. Im Interview spricht er über die Erfolgsaussichten, Kritik am EU-Lieferkettengesetz und das Bemühen um einheitliche Insolvenzregeln.

"Mit Berichten ist es bei Sorgfaltspflichten nicht getan"

Im Interview: René Repasi

"Mit Berichten ist es bei Sorgfaltspflichten nicht getan"

Der SPD-Europaabgeordnete über das EU-Lieferkettengesetz, Klagen gegen die Taxonomie und das Bemühen um einheitliche Insolvenzregeln

René Repasi (SPD) ist mit wichtigen Vorhaben zur EU-Kapitalmarktunion befasst und klagt vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen ein zentrales Element der Taxonomie. Im Interview spricht der Europarechtler über die Erfolgsaussichten, Kritik am Lieferkettengesetz und die eingeleitete Reform von Insolvenzverfahren.

Herr Repasi, Sie haben im Zuge der umstrittenen EU-Taxonomie geklagt. Was hat es damit auf sich?

Es geht um den delegierten Rechtsakt zur Taxonomie-Verordnung, Ursula von der Leyens Silvestergeschenk 2021. Darin ist die Energieproduktion aus Gas und Atomkraft als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit eingestuft. Meiner Meinung nach hätte die EU-Kommission das nicht in einem delegierten Rechtsakt tun dürfen.

Warum nicht?

Das ist eine hochpolitische Streitfrage. Sie verlangt eine Abwägung widerstreitender Interessen und muss in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren geklärt werden. Dann können wir als Parlament Änderungsanträge einbringen. Beim delegierten Rechtsakt heißt es hingegen: Friss oder stirb.

Das Parlament hat ihn durchgewunken.

Die zuständigen Ausschüsse haben für die Zurückweisung gestimmt, das Plenum aber nicht. Das ist bemerkenswert. In der Öffentlichkeit hat ein delegierter Rechtsakt noch nie solche Aufmerksamkeit bekommen. Es gab Demonstrationen vor dem Parlament. Meiner Ansicht nach muss man die Frage, ob Gas und Atomkraft nachhaltig sind, politisch klären.

Die Luxemburger Richter haben Ihre Klage in erster Instanz abgewiesen.

Das Gericht hat die Klage im ersten von zwei Schritten für unzulässig erklärt und nicht inhaltlich entschieden. Demnach hätte das Parlament als Institution klagen dürfen, wofür es keine Mehrheit gab, aber nicht ich als einzelner Abgeordneter.

Halten Sie das für unbefriedigend oder auch rechtlich falsch?

Beides. Deswegen sind wir in Berufung gegangen. Wenn der EuGH meine Klage höchstrichterlich zulässt, wird er auch über die materielle Dimension entscheiden. Also ob der Umgang mit Gas und Atomkraft als nachhaltige Wirtschaftstätigkeit im Rahmen der Taxonomie in einem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren statt mit einem delegierten Rechtsakt geregelt werden muss.

Greenpeace und Österreich haben ebenfalls gegen die Taxonomie geklagt. Wie hoch beziffern Sie deren Chancen?

Ich sage mal fifty-fifty. Ein delegierter Rechtsakt bedeutet nicht Narrenfreiheit. Die EU-Kommission ist an Kriterien gebunden. Um zu prüfen, wie klimaschädlich Gas und Atomkraft gegenüber anderen Wirtschaftstätigkeiten sind, hat sie lediglich die Gemeinsame Forschungsstelle beauftragt, deren Unschädlichkeitsergebnisse wissenschaftlich hochumstritten sind, während es andere, deutlich kritischere Studien gibt. Außerdem hat sie das ungelöste Problem der Endlagerung des Atommülls vernachlässigt.

Was, wenn eine der Klagen Erfolg hat?

Wenn der Europäische Gerichtshof den delegierten Rechtsakt zu Gas und Atomkraft für nichtig erklärt, war es das für diese beiden Energieträger. Ich denke nicht, dass die Kommission die politische Kraft aufbringen kann, einen vergleichbaren Gesetzgebungsakt vorzubereiten. Dann wären zum Beispiel Investmentfonds, die darin investieren, auf einen Schlag nicht mehr berechtigt, das Label „grün“ zu tragen. Die müssten im Nachhinein korrigiert werden.

Unternehmen und Banken haben im Hier und Jetzt Probleme mit der Taxonomie. Verstehen Sie deren Ratlosigkeit und Verärgerung?

Jedem halbwegs seriösen Menschen ist klar, dass wir in eine Klimakatastrophe hineinlaufen und etwas getan werden muss. Das ist der Ausgangspunkt. Aufgrund der Ausmaße muss jeder seinen Beitrag leisten: Staat, Verbraucherinnen und Verbraucher, Unternehmen. Mit der gewaltigen Kraft des Finanzmarktes lässt sich Geld in grüne Innovationen leiten. Dafür muss bei allen Finanzprodukten Klarheit bestehen: Wenn Grün draufsteht, ist auch Grün drin. Darauf muss man sich verlassen können. Deswegen ist das System für mich weiterhin richtig und durchdacht.

Aber?

Durch Lobbyeinfluss sind Hauptanliegen verwässert worden. Die EU-Kommission hat technische Vorschriften erlassen, bei denen unklar ist, was wie zu berichten ist. Das ist äußerst ärgerlich, weil es genau zu den Phänomenen führt, die Sie zutreffend schildern. Vieles beginnt mit Kinderkrankheiten. Wir sind in einer Anpassungsperiode. Dass Unternehmen und Compliance-Abteilungen ängstlich sind, kann ich zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung ist neu und muss sich einjustieren. Es ist zu früh, das gesamte System in die Tonne zu treten.

Für eine Kinderkrankheit steht allerdings viel auf dem Spiel und Unternehmen müssen jetzt Entscheidungen treffen. Ihr Rat ist: Finger weg von strittigen Teilen der Taxonomie wie Gas und Atom, um Risiken zu minimieren?

Ja, in der Tat. Wobei mich weniger die Finanzdienstleister umtreiben als die Tatsache, dass das einfach keine nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeit ist.

Ein anderes Vorhaben, das mindestens so umstritten ist wie die Taxonomie, ist das EU-Lieferkettengesetz. Kommen obligatorische Sorgfaltspflichten für die Finanzbranche?

Der Stand ist im Prinzip unverändert: Die Parlamentsposition will das, die Ratsposition nicht. Klar ist, dass sich in den Verhandlungen irgendjemand bewegen muss.

Stimmt der Eindruck, dass vor allem Frankreich die Finanzbranche von pauschalen Sorgfaltspflichten ausnehmen will?

Auf der Ebene des Gerüchtes ist das zutreffend. Als ich meinen Bericht im Wirtschafts- und Währungsausschuss zur Abstimmung gestellt habe, haben Mitglieder der französischen Regierungspartei mir zur Mehrheit verholfen. Sonst hätten wir keine andere Position gehabt als der Rat. Das heißt, Paris hätte das durch eine Weisung an die eigenen Abgeordneten verhindern können. Haben sie aber nicht. Die Bundesregierung ist der Ansicht, lediglich institutionelle Investoren sollten außen vor bleiben, und zieht ansonsten mit.

Läuft es somit auf eine Sonderbehandlung für Vermögensverwalter als Kompromiss hinaus, die sogenannte „Blackrock-Ausnahme“?

Nicht für mich. Aber ausschließen kann man das nicht.

Die Fondsbranche argumentiert, Investoren hätten nur eingeschränkte Einflussmöglichkeiten. Ignorieren Sie den Unterschied von Assetmanagern als Unternehmen und als Investoren?

Ganz im Gegenteil. Die Möglichkeiten, auf eine andere Partei Einfluss zu nehmen, beschränken sich nicht auf Vertragsverhältnisse. Wie im normalen Leben gibt es vielerlei Möglichkeiten, um auf andere Einfluss zu nehmen. Derartige Einflussmöglichkeiten können und sollen auch Assetmanager nutzen. Wir werden in der Parlamentsposition den Besonderheiten von Vermögensverwaltern gerecht, indem wir dem Richtlinienentwurf einen neuen Artikel hinzugefügt haben, der die Einbindung von Vermögensverwaltern entsprechend ihrem Einfluss vorsieht.

Ist die EU-Offenlegungsverordnung, die bereits Sorgfaltspflichten für die Fondsbranche vorsieht, nicht besser auf deren Besonderheiten zugeschnitten?

Das stimmt so nicht. Die Offenlegungsverordnung verlangt Offenlegung und Transparenz, also Berichte. Das EU-Lieferkettengesetz verlangt konkrete Handlungen und Maßnahmen. Mit Berichten ist es hier nicht getan. Sorgfaltspflichten sind verhaltensorientiert.

Was spricht dagegen, zunächst die Auswirkungen der Offenlegungsverordnung zu bewerten und anschließend über zusätzliche Anforderungen zu entscheiden?

Wir haben für den Finanzbereich in den Text hineingeschrieben, dass es gerade keine doppelten Berichtspflichten geben darf. Stattdessen sollen vorhandene Informationen genutzt werden, um bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen auch tätig zu werden. Die Forderung, länger zu warten, ist mir daher unverständlich. In der Fondsbranche scheint man nicht wahrgenommen zu haben, dass wir ihre Bedenken aufgenommen und berücksichtigt haben.

Wie sollen Vermögensverwalter und Banken die Sorgfaltspflichten im Tagesgeschäft praktisch umsetzen?

Es kommt uns nicht auf einen tollen Jahresbericht an, in dem der Investor oder die Bank auflistet, wie sorgfältig sie gewesen sind. Wenn sie erkennen, dass ihre Investition in eine wirtschaftliche Tätigkeit geht, die Menschenrechte verletzen oder die Umwelt schädigen könnte, dann sollten sie die daran knüpfen, dass ein Unternehmen seinen Business Case verändert. Und wenn es überhaupt nicht geht sagen: Nein, in Zwangsarbeit in Xinjiang investiere ich nicht. Da Banken und Investoren keine Detektivbüros anheuern können, müssen sie sich auf Berichte verlassen können, die die Realwirtschaft vorzulegen hat. Deren Berichtstätigkeit muss stimmen, damit die Finanzinvestoren ihre Entscheidung korrekt treffen können.

Also ähnlich wie bei der Taxonomie noch ein Bereich, in dem letztlich die Finanzindustrie auf das Mitwirken der Unternehmen angewiesen ist?

Absolut. Deswegen dürften Finanztätigkeiten übrigens de facto von der Haftung ausgeschlossen sein. Die Macht des Finanzmarktes einzusetzen, wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein Business Case Menschenrechte verletzt oder die Umwelt schädigt: Darum geht es. Die Besonderheiten des Finanzsektors sind nicht dadurch zu lösen, dass man sie ganz aus dem Anwendungsbereich des Lieferkettengesetzes herauslöst.

Ein konkretes Beispiel, bitte.

Nehmen wir Shell. Die hat eine Reihe aktivistischer Anteilseigner auf der Jahreshauptversammlung gezwungen, ihre Geschäftspolitik zu überdenken. Da ist dann die Frage, ob der institutionelle Investor sich zurücklehnt, wenn so eine Nummer kommt, oder der entsprechenden Initiative beispringt. Das kann der entscheidende Punkt sein, der ein Unternehmen dazu bringt, fossile Strategien zu überdenken in Richtung grüner Strategien.

Die EU-Kommission will Insolvenzverfahren vereinheitlichen. Wozu?

Wenn ein Investor sich darauf verlassen kann, was mit seiner Investition im Insolvenzfall passiert, motiviert ihn das, mehr im europäischen Ausland zu investieren.

Taugt die Reform überhaupt als erhoffter Katalysator für grenzüberschreitende Investitionen oder ist das ein Trippelschritt der Kapitalmarktunion?

Eher ein Trippelschritt. Die Richtlinie setzt Mindeststandards. Wenn die Mitgliedstaaten mehr wollen, können sie das machen. Die meisten verstehen darunter mehr Gläubigerschutz, andere mehr Schutz für Unternehmen in der Krise. Wir werden einheitliche Regeln für die Anfechtungsklage bekommen, für das Asset Tracing (Identifikation von Vermögenswerten, d. Red.), für das Pre-Pack-Verfahren (vor dem Insolvenzverfahren vorbereiteter Verkauf) und für die Liquidation von Kleinstunternehmen. Aber das ist nicht das Hauptproblem für Investoren.

Sondern?

Die Länge von Verfahren. Die Gründe für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Die Frage, wann ein Unternehmen eigentlich pleite ist und an welcher Stelle in der "Nahrungskette", der Gläubigerrangfolge, der Investor bedient wird. All diese Dinge sind unterschiedlich zwischen den Mitgliedstaaten. Aber die EU-Kommission geht sie nicht an.

Die Bereitschaft der einzelnen Staaten zur Harmonisierung dürfte gering sein, weil ihre Insolvenzordnungen sehr stark national geprägt sind.

Die sind voll mit nationalen Eigenheiten. Beispielsweise kann die Behandlung von Arbeitsverträgen, Abfindungen und dergleichen in einem sozialdemokratisch geprägten Land anders sein als in einem liberal geprägten Land. Da gibt es Traditionen, die sich vor dem Hintergrund der Schutzzwecke sehr unterschiedlich entwickelt haben. Die Divergenzen sind groß, was teilweise auch durch die Rechtskulturen begründet ist.

Sind bedeutende Änderungen im deutschen Insolvenzrecht absehbar?

Das deutsche Insolvenzrecht kennt ein Instrument, das eine ähnliche Funktion hat wie ein Pre-Pack, sodass nach meiner Einschätzung nicht sehr viel geändert werden muss. Hauptunterschied ist die Liquidation von Kleinstunternehmen bis zehn Mitarbeitern. In Deutschland eröffnen wir das Insolvenzverfahren meistens gar nicht erst, weil die Insolvenzmasse zu klein ist, um die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das will die EU-Kommission ändern und das Insolvenzverfahren für Kleinstunternehmen zur Regel machen. Problematisch ist, Kleinstunternehmen das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung zu überlassen, um das Kostenproblem zu lösen. Da kann ziemlich viel schiefgehen.

Was schlagen Sie vor?

Einen Insolvenzverwalter zu bestellen sollte die Regel bleiben und der Antrag auf Eigenverwaltung die Ausnahme. Zweitens darf die Bestellung eines Insolvenzverwalters nicht aus finanziellen Gründen abgelehnt werden.

Und wer bezahlt dann den Insolvenzverwalter?

In Frankreich legt die Vereinigung der Insolvenzverwalter die Honorare in einem Fonds an. Die Verfahren mit geringer Insolvenzmasse werden aus den Zinserträgen finanziert. Eine andere Möglichkeit ist eine Quersubventionierung über höhere Gerichtskosten, indem mit den Mehreinnahmen aus massereichen Verfahren die öffentliche Finanzierung des Insolvenzverwalters gewährleistet ist.

Das Interview führte Stefan Reccius.
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EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness hat ein allgemeines Provisionsverbot vom Tisch genommen. Sind Sie enttäuscht, dass sie eingeknickt ist?

Ja. Ihre anfängliche Ankündigung war natürlich ein Erdbeben angesichts der Tatsache, dass seit Jahrzehnten über ein Provisionsverbot diskutiert wird und sich die Situation nicht verbessert hat. Wenn sie als Kommissarin so etwas ankündigt und dann nicht liefert, hätte sie es besser gar nicht erst angekündigt.

Die EU-Kommission will Provisionen im beratungsfreien Geschäft verbieten. Ist das nicht ein sinnvoller Kompromiss?

Ein Kompromiss ist das schon, aber der steht eigentlich erst am Ende des Gesetzgebungsprozesses, nicht am Anfang. Dadurch wird der Kompromiss am Ende noch schlechter.

Sie rechnen damit, dass nicht mal ein Provisionsverbot für das beratungsfreie Geschäft herauskommen wird?

Es wird spannend, aber dieses Teilverbot kann die Verhandlungen überleben.

Im Gegensatz zur Honorarberatung werden durch die provisionsbasierte Beratung Kosten sozialisiert, wodurch sich weniger vermögende Kunden Fonds und Aktien leisten können. Was ist daran verkehrt?

Das trifft zu, wenn es kein Marktversagen gibt. Bei versteckten Gebühren hat der Makler allerdings einen Anreiz, eher das Produkt zu empfehlen, mit dem er selbst mehr verdient, anstatt jenes, das für den Verbraucher am interessantesten ist. Letztlich stiften Unternehmen den Makler dazu an, weil sie ihm überhaupt erst diese Anreize schaffen. Das hat das Vertrauen von Verbrauchern in die Beratung unterwandert. Wenn das Ziel der Kleinanlegerstrategie sein soll, dass mehr Kleinanleger tatsächlich anlegen, dann muss man das Vertrauen in die Beratung wiederherstellen.

Dafür ist ein Best-Interest-Test geplant. Außerdem sollen Berater in der Pflicht sein, mehrere Produkte zur Auswahl anzubieten. Transparenzpflichten werden verschärft. Warum einen Vertriebskanal komplett einstampfen?

Ist das so? Die Frage ist, wer für die Beratung zahlt. Wer den Vermittlern nicht mehr über den Weg traut, hat schon jetzt die Möglichkeit, über Honorare diese Anreize rauszunehmen. Wenn Banken die entsprechenden Angebote machen, wird es bankintern internalisiert. Der Markt wird da seine Wege schon finden. Einen Information Overkill wird es für einen Teil der Verbraucher, die Angst vor Informationen haben, nicht bringen. Das sehen wir in vielen anderen Bereichen des Verbraucherschutzrechts. Die häufigste Lüge der Welt ist schließlich: Ich habe die allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden.

Beschlossen ist ein Verbot von Rückvergütungen (Payment for Orderflow, PFOF), ein Schlag für Neobroker. Ist das PFOF-Verbot ein Vorbote für ein umfassendes Provisionsverbot?

Ich glaube, in Deutschland wäre ein PFOF-Verbot nicht notwendig gewesen, weil die Alternative zum Handel an der Frankfurter Börse Regionalbörsen sind, die ihrerseits weiterhin ordentlich beaufsichtigt sind. Ein Problem entsteht, wenn nicht an einer Börse gehandelt wird, sondern im Nirwana. Diese Situation haben wir nicht in Deutschland, weswegen wir auch Sonderregeln in der Umsetzung bekommen haben. In anderen Regionen Europas ist das hingegen anders, deswegen ist die Entscheidung für ein PFOF-Verbot schon richtig. Nun wird das Horrorszenario an die Wand gemalt, dass diese tollen, hippen Fonds zusammenbrechen werden. Das glaube ich nicht. Die Anbieter werden ihr Geschäftsmodell verändern, dafür ist die lange Übergangszeit da. Es wird wahrscheinlich einen Tick teurer werden, aber genügend Nachfrage wird es immer noch geben.

Das Interview führte Stefan Reccius.


Zur Person René Repasi:
Ein Mann, zwei Welten: Am Tag nach dem Interview mit der Börsen-Zeitung im Abgeordneten-Restaurant des Brüsseler EU-Parlaments streifte René Repasi sich in Rotterdam einen Talar über, um Absolventen der Erasmus-Universität für ihre bestandenen Abschlussarbeiten zu ehren. Seit 2022 sitzt Repasi als Nachrücker für die SPD im EU-Parlament. Parallel lehrt er in Rotterdam weiter Europarecht. Immer wieder überschneiden sich beide Welten: Für eine geplante Richtlinie zum Insolvenzrecht hat Repasi eine Stellungnahme ausgearbeitet. Vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) klagt er gegen den delegierten Rechtsakt zu Gas und Atomkraft im Rahmen der berüchtigten Taxonomie. Außerdem ist der 43-Jährige aus Karlsruhe für den Umgang mit der Finanzbranche im EU-Lieferkettengesetz verantwortlich. Repasi ist mit einer Polin verheiratet und hat zwei Söhne.

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