GastbeitragGrüne Finanzierung

Neue Standards für EU Green Bonds

Der EU Green Bond Standard steht vor der Verabschiedung. Die Hoffnung ist, dass die Bezeichnung als Europäische grüne Anleihen oder EuGB sowie die Offenlegungsempfehlungen für andere grüne Bonds sich nach und nach zum Marktstandard entwickeln.

Neue Standards für EU Green Bonds

Neue Standards für EU Green Bonds

Verhandlungen zur EuGB-Verordnung abgeschlossen – EU wieder einmal Vorreiter – Factsheet, weitere Berichte und externe Bewerter

Von Jochen Seitz*)

Nachdem die EU-Kommission im Juli 2021 einen Vorschlag für eine Verordnung über europäische grüne Anleihen, den sogenannten EU Green Bond Standard, vorgelegt hat, steht die Verordnung nun vor der Verabschiedung: Am 28. Februar 2023 hatten die Kommission, der Rat der EU und das EU-Parlament in den sogenannten Trilogverhandlungen eine Einigung erzielt. Mittlerweile wurde eine finale Fassung der Verordnung veröffentlicht, die allerdings noch unter dem Vorbehalt der finalen Zustimmung seitens des Parlaments und des Rats steht. Erwartet wird, dass die endgültigen Beschlüsse von Parlament und Rat nach der Sommerpause erfolgen. Im Parlament steht das Thema am 2. Oktober 2023 auf der Tagesordnung. Die Verordnung wird dann mit der Veröffentlichung im Amtsblatt voraussichtlich zum Ende dieses Jahres in Kraft treten und wäre ein Jahr später anwendbar.

Der Einigung waren intensive Verhandlungen zwischen Kommission, Parlament und Rat vorausgegangen. Letztendlich umfasst die Verordnung nun nicht nur grüne Anleihen, die als „europäische grüne Anleihen“ oder „EuGBs“ bezeichnet werden, sondern auch von Verbriefungsvehikeln emittierte Anleihen sowie Offenlegungsleitlinien für Anleihen, die als ökologisch nachhaltig vermarktet werden, und nachhaltigkeitsbezogene Anleihen, bei denen Zahlungen unter den Anleihen von der Erreichung von Nachhaltigkeitszielen der Emittentin abhängen (sogenannte Sustainability-Linked-Anleihen oder SLBs). Das Parlament hatte zuvor gefordert, dass die Verordnung ohne Ausnahmen auf alle grünen Anleihen zur Anwendung kommt.

Teilweise Empfehlungscharakter

Letztendlich haben sich aber die EU-Kommission und der Rat durchgesetzt. Es bleibt dabei, dass die Anwendbarkeit des Standards von der Bezeichnung der Anleihe als EuGB abhängig ist und für andere Anleihen nur Offenlegungsleitlinien mit Empfehlungscharakter erstellt werden. Die Anwendung der Verordnung ist somit freiwillig. Bestehende Standards, wie die Green Bond Principles, die SLB Principles oder die Sustainability Bond Guidelines von ICMA (International Capital Market Association) oder die Mindeststandards für grüne Pfandbriefe des Verbands für Pfandbriefbanken haben damit weiterhin eine Daseinsberechtigung. Die Hoffnung des EU-Gesetzgebers dabei ist, dass die Bezeichnung als europäische grüne Anleihen oder EuGBs sowie die Offenlegungsempfehlungen für andere grüne Anleihen sich nach und nach zum Marktstandard entwickeln.

Vermögenswerte definiert

Welche Arten von Anleihen können die Bezeichnung „EuGB“ verwenden? Im Zentrum der neuen Regelungen für EuGBs steht, dass die Erlöse aus EuGBs in Wirtschaftstätigkeiten investiert werden müssen, die den Anforderungen der Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomie-Verordnung) entsprechen oder diesen innerhalb eines Übergangszeitraums entsprechen werden. Damit sollte den Anlegern der Vergleich zwischen grünen Anleihen verschiedener Emittenten erleichtert und Bedenken bezüglich eines etwaigen Greenwashings entgegengewirkt werden.

Im Einzelnen werden in der EuGB-Verordnung bestimmte Vermögenswerte definiert, die im Rahmen der Taxonomie-Anforderungen finanziert werden können. Dazu zählen

a) Anlagegüter,

b) Investitionsausgaben (Capex), gegebenenfalls auch zukünftige Ausgaben, soweit sie in einem Capex-Plan enthalten sind,

c) Betriebsausgaben (Opex), die seit der Emission weniger als drei Jahre zurückliegen,

d) finanzielle Vermögenswerte, die nicht später als fünf Jahre nach der Emission der EuGBs geschaffen wurden, und

e) Vermögenswerte und Ausgaben von Haushalten.

Für die Praxis ist wichtig, dass die Erlöse auch einem Portfolio von Anlagegütern und finanziellen Vermögenswerten zugewiesen werden können. Voraussetzung dafür ist, dass aus den Berichten zur Erlösverwendung hervorgeht, dass der Gesamtwert der Anlagegüter und finanziellen Vermögenswerte im Portfolio den Gesamtwert des Portfolios der ausstehenden EuGBs übersteigt. Dabei ist es den Emittenten erlaubt, nur die Nettoerlöse zuzuordnen und die Emissionskosten abzuziehen.

Flexibilität gewährt auch die Regelung, dass Emittenten bis zu 15% der Erlöse für Wirtschaftstätigkeiten verwenden können, die nicht den technischen Bewertungskriterien der Taxonomie-Verordnung entsprechen müssen, wenn (i) zum Zeitpunkt der Emission des EuGB die technischen Bewertungskriterien noch nicht vorliegen oder (ii) die Tätigkeiten im Einklang mit internationalen Standards stehen, die ebenfalls zu den Umweltzielen der Taxonomie-Verordnung beitragen.

Übergangsfrist von sieben Jahren

Positiv ist zudem, dass eine Übergangsfrist von sieben Jahren in die EuGB-Verordnung aufgenommen wurde. Grundsätzlich müssen die technischen Bewertungskriterien im Zeitpunkt der Emission eingehalten werden. Innerhalb der Sieben-Jahres-Frist besteht ein Bestandsschutz im Fall einer nachträglichen Änderung der Bewertungskriterien der Taxonomie-Verordnung für Erlöse, die noch nicht zugeteilt wurden und im Capex-Plan enthalten sind.

Vor der Emission eines EuGB muss der Emittent ein Factsheet zum EuGB unter Verwendung der Vorlage in Anhang I der Verordnung veröffentlichen. Die Idee ist, dass ähnlich zu dem Green Bond Framework nach den ICMA Green Bond Principles vorab Transparenz zu der Erlösverwendung hergestellt wird, u. a. mit Angaben zu dem Zeitraum bis zur vollständigen Erlösverwendung, dem Auswahlverfahren und bereits ausgewählten Projekten. Das Factsheet muss von einem externen Bewerter vor der Emission geprüft werden. Für diese externen Bewerter wird auch ein umfassender Aufsichtsrahmen geschaffen, u. a. mit dem Erfordernis, dass sich diese bei ESMA vor Aufnahme ihrer Tätigkeiten registrieren müssen.

Darüber hinaus müssen die Emittenten noch weitere Berichte und Informationen veröffentlichen, insbesondere jedes Jahr bis zur vollständigen Zuweisung der Erlöse einen Bericht über die Erlösverwendung (unter Verwendung der Vorlage in Anhang II der EuGB-Verordnung). Alle Berichte und sonstigen Informationen müssen auf der Website des Emittenten veröffentlicht werden.

Prospekte zu EuGBs

Für einen EuGB muss grundsätzlich ein Prospekt nach der Prospektverordnung erstellt werden. In dem Prospekt muss die Anleihe auch als EuGB bezeichnet werden. Intensiv diskutiert wurde die Frage, ob weitere Informationen zu der Einhaltung der Anforderungen der EuGB-Verordnung in den Prospekt nach der Prospektverordnung aufgenommen werden müssen. Das Parlament forderte, dass das Factsheet ein Bestandteil des Prospekts werden müsse. In die finale Fassung wurde das nicht übernommen, das Factsheet kann aber in den Prospekt auf einer freiwilligen Basis einbezogen werden. Im Ergebnis kann es somit dabei bleiben, dass im Rahmen der Angaben zur Verwendung der Erlöse, wie bisher, eine überblicksartige Angabe zu dem Factsheet (bislang dem Green Bond Framework) erfolgt und im Übrigen auf die Website verwiesen wird, wo weitere Informationen zu finden sind, ohne dass die Angaben Prospektbestandteil werden und der Prospekthaftung unterliegen.

Es ist aber zu erwarten, dass sich das künftig ändern wird. Die EU-Kommission bereitet nämlich derzeit im Rahmen des EU Listing Acts eine Reform der Prospektverordnung vor. Nach dem Vorschlag der Kommission zur Überarbeitung der Prospektverordnung vom Dezember 2022 sollen künftig basierend auf delegierten Rechtsakten ESG-bezogene Informationen in den Prospekt aufgenommen werden, soweit diese Prospekte Nichtdividendenwerte zum Gegenstand haben, die ESG-Faktoren berücksichtigen oder ESG-Ziele verfolgen.

Globaler Marktstandard?

Die EuGB-Verordnung ist ein zentraler Bestandteil der Strategie der EU-Kommission zur Finanzierung des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Man muss abwarten, ob sich der EU Green Bond Standard tatsächlich als Marktstandard etabliert. Nicht zuletzt hängt das davon ab, ob ausreichend Wirtschaftsgüter vorhanden sind, die über EuGBs finanziert werden können. Das ist angesichts der strengen Anforderungen durch die Taxonomie-Verordnung alles andere als selbstverständlich. Es ist insofern positiv, dass nach der finalen Fassung der EuGB-Verordnung etwas mehr Flexibilität gewährt wird. Auch wenn man die ein oder andere Bestimmung der Verordnung nach wie vor kritisch sehen kann, verdient der EU-Gesetzgeber Respekt. Mit dem Standard für grüne Anleihen hat sich die EU wieder einmal als Vorreiter bei den globalen ESG-Regulierungsbemühungen positioniert.

*) Dr. Jochen Seitz ist Partner von Hogan Lovells.
| Quelle: Hogan Lovells

Dr. Jochen Seitz

Partner von Hogan Lovells

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