Die National Infrastructure Commission hat einem Bericht des „Daily Telegraph“ zufolge eine Schätzung der Kosten für den Rückbau des britischen Gasnetzes abgegeben. Er könnte mit bis zu 65 Mrd. Pfund zu Buche schlagen. Das wären 2.300 Pfund pro Haushalt. Nachdem im derzeitigen Haushalt keine Mittel dafür vorgesehen seien und die Energieunternehmen nicht verpflichtet seien, die Kosten dafür zu übernehmen, könnten sie an den Verbrauchern hängenbleiben, heißt es in dem Bericht. Acht von zehn Haushalten sind an das Gasnetz angeschlossen. Nach der Entdeckung von Erdöl in der Nordsee galt es als billige und saubere Energiequelle. Je nachdem, welchen Pfad das Land auf dem Weg zur Klimaneutralität einschlägt, könnte das landesweite Gasnetz schnell überflüssig werden. Dann müssten die nicht genutzten Rohre wieder ausgegraben werden. Sonst könnten Straßen einstürzen.

Konservative Unterhausabgeordnete nahmen den Bericht zum Anlass, die Regierung dazu aufzufordern, das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 auf den Prüfstand zu stellen. Boris Johnsons Vorgängerin Theresa May hatte es kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit in ein Gesetz gegossen, das ohne große Debatte das Unterhaus passierte. Der ehemalige Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg sagte, es müsse sehr ernsthaft geprüft werden, ob das Ziel noch realistisch sei.

Der ehemalige Schatzkanzler Kwasi Kwarteng sprach dagegen von „hypothetischen“ Kosten. Angesichts der vorhandenen Infrastruktur habe es keinen Sinn, das ganze Netz außer Dienst stellen zu wollen. „Ich kann mir keine Regierung vorstellen, die das macht“, sagte Kwarteng. Es sei unrealistisch zu erwarten, das ganze Land elektrisch beheizen zu können.

Das Gasnetz ließe sich auch für die Verteilung von Wasserstoff nutzen. Der Infrastrukturkommission zufolge wäre das theoretisch möglich. Der dafür nötige Umbau des Netzes würde aber einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten.