„Selbstregulierung bringt uns nicht weiter“
„Selbstregulierung bringt uns nicht weiter“
Chef von Triodos Deutschland über die Rolle der Nachhaltigkeitsbanken im Wandel – „Mehr Risiken eingehen“ – Regulierung als industriepolitischer Ansatz
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Marc Kirchhoff von der Triodos Bank spricht über die Herausforderungen und Chancen von Nachhaltigkeitsbanken. Er betont die Notwendigkeit, neue Risiken einzugehen und die Nische weiter auszubauen, während Regulierung und Transparenz essenzielle Bausteine für den zukünftigen Erfolg bleiben.
Mit Georg Schürmann ist nach 15 Jahren ein Pionier des Green Banking in Deutschland abgetreten. Er hatte die deutsche Niederlassung der niederländischen Triodos Bank aufgebaut und groß gemacht. Seit Anfang Mai hat Marc Kirchhoff die Leitung der Triodos Bank Deutschland übernommen. Er war in seinem Berufsleben klassischer Banker, lange bei der Commerzbank, zuletzt bei der Akbank. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung betont der 48-Jährige, dass es für Nachhaltigkeitsbanken wichtiger werde, eigene Akzente zu setzen, da sich die Branche stark verändert hat. Die ESG-Trends hätten das Wachstum in diesem Bereich maßgeblich beeinflusst.
Pionierrolle teilweise verloren
„Viele Nachhaltigkeitsbanken hatten lange eine Pionierrolle. Diese haben sie teilweise verloren, da Mainstream-Banken das Thema Nachhaltigkeit entdeckt haben und es zum Teil effizienter umsetzen können“, sagt Kirchhoff. Trotz dieser Entwicklungen sehe sich die Triodos Bank weiterhin als Pionier und strebe eine Neupositionierung an. Ziel sei es, die Nische, in der sich die Bank befinde, weiter auszubauen, insbesondere in Bereichen, in denen Wandel und Transformation noch dringend notwendig seien.
Im Geschäftsfeld der Nachhaltigkeitsbanken gebe es weiterhin eine Nische, so Kirchhoff. Ein Großteil des grünen Geschäfts finde zwar in ausgereiften Technologien wie Windkraft und Photovoltaik statt. Dort seien die Risiken überschaubar. Dennoch sehe er Potenzial in weniger erschlossenen Bereichen wie grünem Wasserstoff, Batteriespeicherung oder nachhaltigen Rechenzentren – alles Gebiete, die noch nicht umfassend bearbeitet worden seien.
Mehr Risiken eingehen
„Wir wollen als Impact-Bank künftig auch mehr Risiken eingehen. Ich rede nicht von Venture Capital, andere Player haben in dem Bereich mehr Erfahrung. Aber wir sehen Chancen in der Zusammenarbeit bei Risikofinanzierungen.“ Innerhalb des Konzerns gebe es zudem eine Einheit, die sich mit Eigenkapitalfinanzierungen beschäftige.
Besondere Bedeutung messe Triodos der Transparenz zu. „Transparenz war immer unser Markenzeichen im Vergleich zu traditionellen Banken.“ Triodos veröffentlicht alle Kredite auf der Website. Kunden können also direkt sehen, wo und wie ihr Geld zum Einsatz kommt. Kirchhoff erklärt, dass die Bank zwar offenlege, wofür sie Kredite vergebe, jedoch nicht die genauen Summen. Die GLS Bank geht einen Schritt weiter und nennt für Finanzierungen auch die Kreditsumme. In der Offenlegung der Beträge sieht Kirchhoff keinen Mehrwert für Kunden oder die Öffentlichkeit. Wichtiger sei, mit wem die Bank Geschäfte mache und zu welchem Zweck.
Vorgaben aus Holland
Die Wachstumsziele der Bank orientierten sich an den Vorgaben des Konzerns in. Die Gesamterträge der Gruppe beliefen sich 2023 auf 466 Mill. Euro, ein Anstieg um 24% gegenüber dem Vorjahr. Der Cost-Income-Ratio lag für den Konzern bei 73%. In Deutschland sei man noch etwas sportlicher unterwegs. Konkrete Wachstumszahlen würden nicht genannt. Jedoch strebe die Bank eine Eigenkapitalrendite von 5 bis 7% an. „Nur mit wirtschaftlichem Erfolg können wir unseren nachhaltigen Zweck langfristig erfüllen.“
Etwa 20% der Finanzierungen sollten in Transformationsbereiche fließen, wobei die Triodos Bank eine eigene Taxonomie zur Messung entwickelt habe. Bis 2035 strebe die Bank CO2-Neutralität in Bezug auf ihre Kunden an, einschließlich Scope 3-Emissionen. Im Bereich Biodiversität und Wiederaufforstung habe man sich das Ziel gesetzt, jährlich 100 Mill. Euro zu finanzieren.
Regulierung ist wichtig
Kirchhoff betont zudem die Wichtigkeit von Regulierung. „Regulierung ist essenziell. Selbstregulierung bringt uns nicht weiter.“ Triodos erfülle nicht nur die EU-Vorgaben, sondern gehe oft darüber hinaus. Er sieht in der Zukunft auch die Notwendigkeit klarer Vorgaben für Geschäftsbanken, welche Bereiche gefördert werden sollten – dies seien industriepolitische Überlegungen. „Leider wird ESG noch immer als Wachstumsbremse gesehen, obwohl es viele Chancen bietet.“ Kirchhoff glaubt, dass ESG als Exportchance für die deutsche Wirtschaft genutzt werden kann, um international eine Vorreiterrolle einzunehmen.