„So viel Veränderung gab es selten in Banken“
„So viel Veränderung gab es selten in Banken“
fir Frankfurt
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Der Wunsch, die grüne Transformation der Bankenlandschaft mitzugestalten und Veränderungen zum Besseren anzustoßen, treibt Petra Sandner an. Seit nunmehr bald drei Jahren verantwortet die 48-Jährige als Chief Sustainability Officer die nachhaltige Entwicklung der gesamten Helaba-Gruppe. Die Position wurde eigens für den gesamten Konzern neu geschaffen und intern mit ihr besetzt. „Mein jetziges Themenfeld empfinde ich als eines mit unglaublich vielen Gestaltungsmöglichkeiten“, führt sie aus. „Es bietet sehr viel Raum – so viel Veränderung gab es selten in Banken.“ Jeder könne sich einbringen, Gutes bewirken und Sinn in der eigenen Tätigkeit erleben.
Der Weg dorthin war nicht unbedingt vorgezeichnet. Nach Hotelfachausbildung und BWL-Studium stieg Sandner 2003 bei der Aareal Bank ein, wo sie in der Hotelfinanzierung tätig war. Auf eine weitere Station bei der IKB folgte 2008 der Wechsel zur Helaba, um sich der Transportfinanzierung anzunehmen, von 2016 an als Abteilungsdirektorin. Nach 15-jähriger Tätigkeit für die Landesbank seien ihr nicht nur Strukturen und viele Beschäftigte wohlvertraut, sagt Sandner, sondern ihre Erfahrungen im Kreditgeschäft würden ihr in der jetzigen Rolle helfen, um zu verstehen, wie die grüne Transformation der Bankkunden am besten zu unterstützen und zu finanzieren sei.
„Wir haben viel erreicht und viel verändert“, resümiert Sandner die vergangenen Jahre. Auch wenn sie sich sicher ist, die Ziele, die sich die Helaba in Sachen Nachhaltigkeit vorgenommen hat, zu erreichen, habe sich manches als zäher erwiesen als anfangs gedacht. „Das ist normal“, sagt Sandner. „Man braucht auch Beharrlichkeit und ein gewisses Maß an Frustrationstoleranz.“
„Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, dass wir etwas erreichen können, dann bräuchte ich morgens nicht aufzustehen.“
Petra Sandner
Im Kampf gegen den Klimawandel sieht sie Geduld geboten, Veränderungen bräuchten eben Zeit. „Natürlich wäre es besser, wenn es schneller ginge, aber die Hauptsache ist, dass die Veränderung passiert. Wenn ich nicht zuversichtlich wäre, dass wir etwas erreichen können, dann bräuchte ich morgens nicht aufzustehen.“ Stolz mache sie, dass Bewerber der Helaba spiegelten, dass die nachhaltigen Aktivitäten der Landesbank als authentisch und glaubwürdig wahrgenommen würden.
Zwischenziele sind bald erreicht
Zum Jahresende soll das Helaba-Sustained-Programm abgeschlossen werden, dessen Zweck es ist, die Gruppe nachhaltig zu stärken und regulatorische Vorgaben von der Europäischen Union und Aufsichtsbehörden zu implementieren. Dann wird die Helaba Sandner zufolge konzernweit die Zwischenziele erreicht haben, so etwa für die geschäftliche Ausrichtung, also für Produktentwicklung und Marktauftritt, sowie für die Umsetzung der Regulatorik.
„Helaba sustained“ bringt die Nachhaltigkeitsexperten mit Beschäftigten aus Fachabteilungen der ganzen Gruppe zusammen. So werde Nachhaltigkeit im Konzern verankert und von dort aus auch weiterentwickelt. Darum kümmert sich die im vergangenen Jahr gegründete, achtköpfige Gruppe Sustainability Management, die Sandner anführt.
Sechs Messgrößen
Die Helaba-Gruppe hatte sich 2021 fünf Nachhaltigkeitsziele gesetzt und daraus Messgrößen abgeleitet, an denen sie die Zielerreichung festmachen kann. Mittlerweile gibt es sechs dieser Kennzahlen (KPI). Eine davon ist die Förderung von Vielfalt. So soll der Anteil von Frauen in Führungspositionen auf mehr als 30% erhöht werden. Eine andere KPI lautet, den Anteil des nachhaltigen Geschäftsvolumens im Bestand bis 2025 auf 50% auszuweiten. Dieser Zielgröße hat sich das Haus stark angenähert: Im vergangenen Jahr waren es 46%. „Bei allen Messgrößen sehen wir eine gute Entwicklung“, sagt Sandner. „Wir werden die vorhandenen weiterentwickeln und, wo erforderlich, auch um neue KPIs ergänzen. Daran arbeiten wir schon.“
Etwas, das ihr besonders am Herzen liegt, sei, noch stärker als bisher die Möglichkeiten zu nutzen, um die Transformationsfinanzierung voranzubringen. Bei den großen Unternehmen sei das in der Regel kein Thema, aber bei mittelständischen Firmen bestehe noch Bedarf. Bei den größeren mittelständischen Kunden der Helaba würde Sandner gern ansetzen, um diese noch besser zu unterstützen und auf dem Transformationspfad zu begleiten. „Es gibt schon viele positive Beispiele, aber da geht noch mehr.“ Vorstandschef Thomas Groß hat dieser Tage erklärt, die Finanzierung und Begleitung der grünen Transformation als eines der Wachstumsfelder der Bank zu betrachten.
Bei Transformationsfinanzierungen steht Sandner zufolge immer der Finanzierungsgegenstand im Fokus. Relevant sei die finanzierte Aktivität, das heißt, dass beispielsweise grüne Aktivitäten eines Energieerzeugers finanziert würden, der zu großen Teilen noch in Kohle oder Erdgas behaftet sei, sich aber weiterentwickele.
Kriterien für Nachhaltigkeit
In ihrem Sustainable-Lending-Framework hat die Helaba Kriterien aufgestellt und erarbeitet, was sie als nachhaltig betrachtet. Das Framework soll Lücken schließen, die sich aus der sich noch entwickelnden ESG-Regulatorik ergeben. Zu Finanzierungen, die positive ökologische oder soziale Effekte entfalten oder zu verantwortungsvoller Unternehmensführung beitragen, zählen demnach etwa Investitionen in erneuerbare Energien, bezahlbaren Wohnraum, in Gesundheit und Bildung. Kontroverse Waffen, also Streumunition etwa, werden demnach genauso wenig finanziert wie Glücksspiel, Atomkraft oder Kohle. Die auf Nachhaltigkeit spezialisierte Ratingagentur ISS ESG hat das Framework bewertet und für gut befunden.
Achtsamkeit im Alltag
Persönlich bedeutet Nachhaltigkeit für Sandner, sich stets zu überlegen: „Soll ich diese Entscheidung so treffen, muss ich das kaufen und dahin verreisen? Welche Effekte löse ich damit aus?“. Großen Wert legt sie nach eigenem Bekunden darauf, dieses Bewusstsein, wie sie konsumiert, lebt und mit Ressourcen umgeht, auch an ihre beiden Kinder weiterzugeben. Mit Abstrichen sei die Achtsamkeit nicht zu vergleichen, verdeutlicht Sandner. „Nachhaltig zu leben, hat nicht automatisch etwas mit Einschränkung zu tun. So empfinde ich das nicht. Sondern als eine Veränderung.“