Staaten treiben Sustainable Bonds voran
Staaten treiben Sustainable Bonds voran
Markt knüpft wieder an jahrelangen Wachstumstrend an – Marke von 5 Bill. Dollar im Visier
Staaten setzen auf nachhaltige Anleihen (Sustainable Bonds) und treiben mit ihren Emissionen den Markt voran. In diesem Jahr könnte beim Marktvolumen die Marke von 5 Bill. Dollar erreicht werden. 15% Marktanteil hat dieses Segment am weltweiten Anleihemarkt mittlerweile schon.
kjo Frankfurt
Das Thema Sustainability nimmt an den internationalen Finanzmärkten immer mehr Fahrt auf, was neue Emittenten und auch die Emissionsvolumina betreffender Schuldtitel betrifft. Denn Umwelt- und Klimaaspekte kombiniert mit sozialen Belangen erhalten bei vielen Adressen einen immer höheren Stellenwert. Und so wächst auch der Markt entsprechend zweckgebundener Anleihen recht kräftig. Aktuell stehen nach Daten von Environmental Finance Data grüne, soziale, nachhaltige, Sustainability-Linked Bonds und Transition-Anleihen im Umfang von rund 4,3 Bill. Dollar aus. Der Markt hat damit eine nicht mehr wegzudiskutierende Größenordnung erreicht und ist somit fester Bestandteil des internationalen Anleihemarktes. Zum Vergleich: Die aktuell am Kapitalmarkt in Form von Bundeswertpapieren (im Wesentlichen Anleihen) ausstehende Bundesschuld beträgt nach Angaben der Deutschen Finanzagentur, die das Liquiditäts- und Schuldenmanagement des Bundes regelt, 1,821 Bill. Euro (Stand 15. Mai 2024).
Green dominiert
Das Segment der rein grünen Anleihen ist mit einem ausstehenden Volumen von rund 2,5 Bill. Dollar am stärksten am Bondmarkt vertreten. Es folgen die Social Bonds (ca. 775 Mrd. Dollar), die Sustainability Bonds (rund 750 Mrd. Dollar), Sustainability-Linked-Titel (knapp 260 Mrd. Dollar) und die Transition Bonds (gut 25 Mrd. Dollar).
Im vergangenen Jahr realisierte der Markt nachhaltiger Anleihen auch wieder ein Emissionswachstum. Nach einjähriger Unterbrechung knüpfte er damit wieder an seinen zuvor zehn Jahre andauernden Wachstumstrend an. Der GSSS-Markt (Green, Social, Sustainability, Sustainability-Linked) wies 2023 nach Daten des Reports Sustainable Bonds Insight 2024 von Environmental Finance ein Wachstum der Bondemissionen von 6% auf rund 981 Mrd. Dollar auf. 2022 waren es Begebungen von 925 Mrd. Dollar. Damit bleibt der Markt aber hinter seinem bisherigen Rekordwert von 1,08 Bill. Dollar zurück, der im Jahr 2021 aufgestellt wurde. In Anbetracht steigender Zinsen aufgrund der Inflationsentwicklung ist dieses Marktwachstum laut Analysten schon recht bemerkenswert. Das liegt aber auch daran, dass die künftigen Herausforderungen in Sachen Klima- und Umweltschutz und sozialen Belangen bei Staaten, supranationalen Emittenten sowie Gebietskörperschaften mit entsprechenden Projekten angegangen werden, die dann auch ein Finanzierungserfordernis nach sich ziehen. Das treibt die Anleiheemissionen an. In diesem Jahr wird angesichts des Marktwachstums der Vorjahre von einer knappen Billion Dollar auch damit gerechnet, dass die Marke von 5 Bill. Dollar durchaus geknackt werden könnte.
EIB als Pionier
Zum Vergleich: Das kumulierte Emissionsvolumen von 1 Bill. Dollar der grünen und nachhaltigen Anleihen wurde 2019 erreicht, d.h. nach zwölf Jahren Marktexistenz. Denn ins Leben gerufen wurde der Markt grüner Anleihen, der sich später in Richtung Sustainability weiterentwickelte, im Jahr 2007. Pionier ist die Europäische Investitionsbank (EIB), die Bank der EU mit Sitz im Großherzogtum Luxemburg.
Eine klare Triebfeder des Marktes waren im vergangenen Jahr die staatlichen Emittenten und auch supranationale Adressen. 2023 wurde ein Rekord markiert, und zwar sowohl beim Emissionsvolumen als auch bei der Anzahl der Emittenten. Im vergangenen Jahr nahmen mehr als 130 Staaten insgesamt rund 160 Mrd. Dollar via Sustainability Bonds auf. Im Vergleich dazu 2022: Da waren es 95 Emittenten mit einem Emissionsvolumen von 105 Mrd. Dollar. Und auch 2024 läuft schon recht gut an und lässt bei der Emissionstätigkeit für dieses Jahr insgesamt hoffen. Rekorde im grünen Bereich durften auch schon vermeldet werden: Italien brachte in dieser Woche einen weiteren Green Bond des Landes am Markt unter. Mehr als 84 Mrd. Euro Nachfrage gab es für einen bis Oktober 2037 laufenden Bond im Volumen von 9 Mrd. Euro. Damit wurde der bisherige Nachfragerekord für einen grünen italienischen Schuldtitel von März 2021 in den Schatten gestellt, für den seinerzeit etwas mehr als 80 Mrd. Euro an Orders zusammenkamen. Zwischen 40 und 55 Mrd. Euro erhielten die Italiener in den Jahren 2021, 2022 und 2023 für ihre übrigen grünen Emissionen an Nachfrage.
Weltbank liegt vorn
Der größte supranationale Emittent war im vergangenen Jahr die Weltbank, die nachhaltige Schuldpapiere für 42,6 Mrd. Dollar am Markt platzierte und damit zugleich der größte Sustainability-Bond-Emittent weltweit war. Die größte nachhaltige Einzelemission in Höhe von 5 Mrd. Dollar kam ebenfalls von der Weltbank. Die größte staatliche Emission wurde dagegen von Mexiko gestemmt mit einem Volumen von 6,8 Mrd. Dollar. Aber auch Deutschland ist in diesem Ranking vertreten. Nordrhein-Westfalen ist laut Environmental Finance 2023 der größte Nachhaltigkeitsbond-Emittent in den Reihen der Gebietskörperschaften gewesen (Volumen von umgerechnet 2,1 Mrd. Dollar). Der größte Agency-Emittent im Nachhaltigkeitsbereich war 2023 die Agence française de développement (Volumen von 3,6 Mrd. Dollar) und die BNG Bank, die Bank der niederländischen Gemeinden, war hier die größte Finanzinstitution (3,4 Mrd. Dollar).
Die nachhaltigen Anleihen konnten infolge der gestiegenen Emissionstätigkeit auch ihren Anteil am gesamten weltweiten Bondmarkt steigern. Er liegt laut Environmental Finance bei 15% nach 14% im Jahr 2022. Im Rekordemissionsjahr 2021 lag ihr Anteil bei 12%. Dieser Anteil am gesamten globalen Bondmarkt ist damit nicht mehr zu vernachlässigen und zeigt, dass die zweckgebundenen Anleihen mit grüner, sozialer und nachhaltiger Ausrichtung längst ihren Kinderschuhen entwachsen sind. Die durchschnittliche Laufzeit der Anleihen ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen und liegt mittlerweile unter acht Jahren. 2019 waren es noch durchschnittlich zwölf Jahre.