"Wir haben Impact durch Engagement"
Im Gespräch: Alexis Wegerich
"Wir haben Impact durch Engagement"
Der norwegische Staatsfonds hat kein spezielles Mandat für Impact Investing. Aber der große, langfristige Investor ist überzeugt, dass eine hohe Rendite von nachhaltiger Entwicklung abhängt. Deshalb begleitet NBIM die Unternehmen, in die der Fonds investiert ist, eng auf dem Weg zur Erreichung von ESG-Zielen.
Von Detlef Fechtner, Frankfurt
Norwegens Staatsfonds versucht vor allem einen Impact zu erzielen, indem er einen engen Austausch mit den Unternehmen unterhält und auf diese Weise Veränderungen in den Firmen, in die er investiert ist, erzielt. „Wir haben Einfluss, indem wir Unternehmen auf der Grundlage ihrer Übergangspläne auffordern, sich im Einklang mit unserem Aktionsplan von braunen zu grünen Unternehmen zu wandeln“, berichtet Alexis Wegerich, Head of ESG Analytics von Norges Bank Investment Management (NBIM), der Gesellschaft, die den Staatsfonds verwaltet, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Das ist etwas anderes als Ja-oder-Nein-Entscheidungen zu treffen, also zu investieren oder nicht zu investieren“, fügt der ESG-Spezialist an und fasst zusammen: „Wir haben Impact durch Engagement.“
Wegerich stellt klar, dass NBIM kein spezielles Mandat für Impact Investing habe. Vielmehr bestehe das Mandat darin, die höchste finanzielle Rendite zu erzielen. „Da wir aber ein langfristiger Investor sind, glauben wir, dass langfristig eine gute Rendite für den Fonds von nachhaltigen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Entwicklungen abhängt“, unterstreicht Wegerich. NBIM sei daher eindeutig im Bereich des verantwortungsvollen Investierens verankert, auch wenn sein Haus nicht über ein spezielles Mandat für Impact Investing verfüge.
NBIM zählt zu den größten internationalen Investoren. „Wir haben einen guten Ruf an den Märkten und daher einen guten Zugang zu den Vorständen der Unternehmen.“ Vermittels dieses Zugangs könne NBIM versuchen, Veränderungen in den Unternehmen zu erreichen. Ziel sei es, über alle Aktien des Portfolios abzustimmen – „und das haben wir in mehr als 97% aller Fälle getan.“
Keine Auftritte auf der HV
Allerdings stimme die Investmentmanagementgesellschaft virtuell ab. „Wir tauchen nicht bei der Hauptversammlung auf und halten Reden“, sagt Wegerich. Vielmehr stehe NBIM das ganze Jahr über im Dialog mit den Unternehmen. Auf deren Seiten würden in der Regel Mitglieder der Führungsgremien plus Investor Relations plus Nachhaltigkeitsexperte an den Treffen teilnehmen, auf Seiten der Investmentgesellschaft seien es der aktive Portfoliomanager und je nach Thema ein ESG-Spezialist. „In der ersten Hälfte dieses Jahres haben wir bereits 1675 Sitzungen abgehalten, und in mehr als 1000 Sitzungen war ESG ein Tagesordnungspunkt.“
Wegerich unterstreicht: „Wir sind ein sehr transparenter Fonds.“ NBIM habe Dokumente über seine Erwartungen zu bestimmten Nachhaltigkeitsthemen, in denen dargelegt werde, was der Fonds von den Unternehmen erwartet, zum Beispiel in Bezug auf das Klima oder die Verbraucherinteressen. NBIM sehe sich an, wie diese Ziele in die Strategie integriert sind und wie die Unternehmen mit den Risiken umgehen. „Und dann können wir die Unternehmen im Hinblick auf unsere Erwartungen analysieren und überwachen“, erklärt der Head of ESG Analytics.
Zunächst einmal im Dialog
Der Fonds überwache das Portfolio ständig auf ESG-Risiken und verfüge über eine Reihe von ergänzenden Instrumenten zur Bewältigung solcher Risiken, insbesondere bei kleinen Investitionen. Wenn er das Gefühl gewinne, dass es sich um ein unangemessenes finanzielles Risiko handele, würde sich NBIM davon trennen. „Doch zunächst führen wir einen Dialog mit der Geschäftsleitung, und oft können wir Änderungen erreichen“, stellt Wegerich klar. Die wichtigste Option für eine Eskalation sei die Abstimmung anstelle einer Veräußerung. So habe der Fonds beispielsweise gegen den Vorstand von Berkshire Hathaway gestimmt. Denn das Unternehmen hatte weder ein Emissionsreduktionsziel noch legte es die Emissionen offen. Das sei „einfach nicht gut genug“ gewesen, sagt Wegerich und ist überzeugt: „Engagement kann ziemlich gut funktionieren.“
Was die Verfügbarkeit von nicht-finanziellen Informationen angeht, hebt Wegerich hervor, dass die Hauptquelle für ESG-Daten Unternehmensberichte seien. Es gebe auch andere Datensätze, z. B. aus Satellitenbildern, aber die Hauptquelle sei die Unternehmensberichterstattung. NBIM nutze zudem einige KI-Techniken, um die öffentlichen Berichtsdokumente von Unternehmen zu überprüfen, in denen sich viele Daten im Text versteckten, um Daten zu extrahieren. Es gebe viele Daten-Start-ups, die KI einsetzen. „Derzeit wird viel getan, um Daten aus der Unternehmensberichterstattung besser zu extrahieren.“ Was die Berichterstattung angehe, sehe er im Übrigen „tatsächlich Verbesserungen bei den Unternehmen“. Entscheidend sei eine Konsolidierung der Berichtsstandards. Seit Jahren setze sich NBIM für kohärentere Berichtsstandards ein. „Diese Standards werden dazu beitragen, bessere Daten zu erhalten.“