Im Gespräch Udo Kersting, Infront

"Wir wollen kleineren Anbietern Marktzugang bieten"

Die Skandinavier drängen nach Übernahme von Assetmax auf den Schweizer Vermögensverwaltungsmarkt. Die Nachfrage nach ESG-Daten treibt das Wachstum.

"Wir wollen kleineren Anbietern Marktzugang bieten"

Im Gespräch: Udo Kersting

"Wir wollen kleineren Anbietern Marktzugang bieten"

Skandinavier drängen nach Übernahme von Assetmax auf den Schweizer Vermögensverwaltungsmarkt – Nachfrage nach ESG-Daten treibt Wachstum

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Die Digitalisierung und die Konsequenzen aus der Finanzkrise von 2008 haben das Datengeschäft grundlegend verändert. „Früher waren Börsendaten der wesentliche Treiber im Datengeschäft, heute sind es regulatorische Daten“, sagt Udo Kersting, Deutschlandchef des skandinavischen Wealth-Tech-Unternehmens Infront, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Kerngeschäft der Skandinavier sei es keineswegs, Daten zu generieren. Das überlasse man den darauf spezialisierten US-Technologie-Konzernen, allen voran Google. „Infront ist kein Datenlieferant. Wir kaufen Daten ein und stellen sie so zusammen, dass die Kunden das bekommen, was sie brauchen“, erläutert Kersting das Geschäftsmodell.

Marktzugang für Mittelständler

Das Angebot richte sich vor allem an Mittelständler, für die es oft besonders schwierig ist, die gestiegenen regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Infront sehe es als seine Aufgabe an, auch kleineren Anbietern den Zugang zu den Märkten zu ermöglichen, sagt Kersting: „Anders als die Großbanken können sich mittelständische Finanzdienstleister den Zugang zu den großen Datenanbietern oft weder leisten, noch haben sie die IT-Kapazitäten, um die Daten für sich nutzbar zu machen.“

Nicht mehr die Katze im Sack

„Der Verkauf von Finanzprodukten, die sich nicht bewerten lassen, ist heute de facto verboten. Die Berater gehen das damit verbundene Haftungsrisiko nicht ein“, konstatiert Kersting. Das betrifft insbesondere nicht fungible Assets wie geschlossene Fonds, bei denen Anleger vor der Finanzkrise üblicherweise die Katze im Sack gekauft haben.

Infront bietet Kersting zufolge hier Abhilfe in Form eines Tools, mit dem sich diese Anlageklasse annäherungsweise bewerten lässt. Um die Vorgaben der europäischen Finanzmarktrichtlinie Mifid II zu erfüllen, wird dabei zugleich ein Risikoprofil erstellt, sodass der Berater dokumentieren kann, dass es sich um ein geeignetes Anlageprodukt handelt.

ESG sei ein weiteres Beispiel dafür, wie Regulierung den Markt treibe. Um die immer häufiger eingeforderten ESG-Profile von Anlagen zu erstellen, arbeitet Infront mit dem Datenanbieter Clarity AI zusammen. Die Plattform, bietet auf Knopfdruck Zugriff auf ESG-Daten von mehr als 40.000 Unternehmen weltweit. Ziel sei es, das Datenangebot für alle Wealth-Anbieter entlang der Wertschöpfungskette zu optimieren, sagt Kersting. Deshalb bietet Infront Vermögensverwaltern weitere Analysetools und Marktdaten. Der Bedarf hierfür sei weiterhin vorhanden, auch wenn es sich angesichts der sinkenden Zahl von Beratern offensichtlich nicht um einen Wachstumsmarkt handelt.

Marktzugang hinzugekauft

Wachstum erhofft sich Infront aber von der im vergangenen Herbst abgeschlossenen Übernahme des Schweizer Spezialisten Assetmax, dessen Portfolio-Management-Tool sich Kersting zufolge hervorragend eignet, um Private-Equity-Investitionen und Sachwertbeteiligungen abzubilden: „Das ist besonders für Family Offices hilfreich, die hier in der Regel stark investiert sind.“ Daher werde auch das Geschäft mit Family Offices in Deutschland von der Übernahme profitieren, zeigt er sich zuversichtlich.

Neben 70 eigenen Kunden, die Assetmax mitgebracht hat, bietet die weitgehend mit Eigenkapital finanzierte Übernahme auch den Marktzugang zur Schweiz. „Das ist wegen seiner hohen Dichte an unabhängigen Vermögensverwaltern und Family Offices ein sehr attraktiver Markt für uns.“

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