Im Gespräch:Karl im Brahm

"Beim KI-Einsatz liegen die Vorteile auf der Hand"

Der Banken-Software-Anbieter Objectway aus Italien möchte im deutschsprachigen Markt noch stärker Fuß fassen. Karl im Brahm, als CEO für die DACH-Region zuständig, erläutert im Gespräch, welche Herausforderungen er für die Bankenlandschaft hier sieht und welche Chancen er für Objectway darin erkennt.

"Beim KI-Einsatz liegen die Vorteile auf der Hand"

Im Gespräch: Karl im Brahm

“Beim KI-Einsatz liegen die Vorteile auf der Hand”

Der Geschäftsführer für die DACH-Region zu den technologischen Marktchancen für Objectway

Der Banken-Software-Anbieter Objectway aus Italien möchte im deutschsprachigen Markt stärker Fuß fassen. Karl im Brahm, als CEO für die DACH-Region zuständig, erläutert im Gespräch, welche Herausforderungen er für die hiesige Bankenlandschaft sieht und in welchen Markttrends er Chancen für Objectway erkennt.

Die italienische Objectway-Gruppe zählt laut IDC Fintech Rankings zu den „Top 100 Global Fintech“-Anbietern in der Banken-Software-Branche. Eigenen Angaben zufolge verwalten deren Kunden über 1 Bill. Euro an Vermögenswerten. Die Anwendungen werden demnach von mehr als 100.000 Finanzberatern, Privatbankiers und Kundenbetreuern bei der Verwaltung von über 700 Mrd. Euro AUM (Assets under Management) für über 5 Millionen Anleger genutzt.

Im Geschäftsjahr 2022 überstieg der Umsatz der Gruppe mit rund 800 Mitarbeitern 100 Mill. Euro. Zu den Kunden zählen mehr als 200 Banken, Vermögensverwalter, Assetmanager und Wealth Manager sowie Versicherer in der gesamten EMEA-Region, darunter internationale Bankengruppen wie BNP Paribas, KBC, ABN Amro, UBS oder Rabobank. Objectway agiert in den einzelnen Ländern/Regionen über lokale Marken und ist in zehn Ländern aktiv. In Deutschland liegt der Fokus auf Privatbanken wie Hauck Aufhäuser Lampe, Bankhaus Metzler, ABN Amro Bethmann, Warburg Bank, Merck Finck, Baader Bank und Oddo BHF.

Ambitionierte Wachstumsziele

Doch obwohl seit drei Dekaden aktiv, ist das Unternehmen im deutschen Markt eher Fachleuten ein Begriff. Das soll sich ändern, denn Objectway hat ambitionierte Wachstumsziele, wie Karl im Brahm im Gespräch mit der Börsen-Zeitung darlegt. Seit Februar 2022 ist er, zuvor Deutschland-CEO der Avaloq-Gruppe, Geschäftsführer bei Objectway für den deutschsprachigen Raum.

Ein halbes Jahr zuvor war „Die Software Peter Fitzon GmbH“ übernommen worden, ein Unternehmen mit über 30 Jahren Erfahrung im Bereich klassische Kernbankenlösungen für Privatbanken. Mit dieser Übernahme habe sich Objectway breiter aufgestellt, unterstreicht im Brahm, und könne „front to back“ alles abdecken, was an Banken-Software erforderlich ist, von Kunden-Onboarding und Client Management bis zu E-Banking-Lösungen. Darüber hinaus offeriere Objectway Back-Office-Anwendungen für das Wealth und Assetmanagement, also auch für die Administration von Wertpapiergeschäft.

Und nicht zuletzt gehöre das klassische Corebanking zu den Dienstleistungen. In Deutschland gebe es elf Kunden, die die Kernbanken-Plattform nutzen, vornehmlich im Privatbankensektor. Wie im Brahm ausführt, gehe es hierbei um ein klassisches „Software as a Service“-Modell (SaaS) mit dem Ziel, die Kunden auf den Wandel, also Technologiewechsel, vorzubereiten: „Dabei verfolgen wir strategisch eine Plattformstrategie, um auch bei unseren Kunden Economies of Scale zu generieren. Das geht nur über Plattformen, über Bündelung und über Standardisierung. Gleichzeitig wollen wir die Kompetenzen, die wir in den Märkten haben, also Economics of Scope, diese Bank-Fachlichkeit, das Bankwissen und das IT-Verständnis, aufrechterhalten, um gemeinsam mit den Kunden zu wachsen und auch mit ihnen in Auslandsmärkte zu gehen.“

Im Brahm sieht derzeit viele herausfordernde Markttrends sowie veränderte Kundenbedürfnisse und nennt Stichworte wie Mobile First und Cross-Channel-Angebote. „Das sind schöne Buzzwords, aber auch das muss man technologisch abbilden können“, betont der Manager. Denn es gebe eine „sehr ambitionierte“ Wettbewerbssituation im deutschen Markt. Zudem sei die Regulierung nach der Finanzmarktkrise nicht weniger geworden. Das könne aber auch gleichzeitig ein Treiber für Innovation sein: „Themen wie etwa der ganze Mifid-Prozess führen zu einer erhöhten Transparenz für den Kunden, was ja ein Kundenbedürfnis ist. Das kann man natürlich über technologische Lösungen wunderbar abbilden.“

Im Core-Banking-Umfeld sieht sich Objectway gut aufgestellt. Ziel sei nun, den Bestandskunden weitere Lösungen aus einem Technologie-Stack heraus modular anzudienen, um auch Ökosysteme anbieten zu können. Dabei sollen klassische Objectway-Produkte, die bis dato nicht in Deutschland offeriert wurden, auch hier platziert werden. Gleichzeitig solle der Wandel stärker vom klassischen Lizenzgeschäft zum SaaS-Modell gelingen. 10% Wachstum pro Jahr erachtet er als realistisches Ziel, weil der Markt in Bewegung sei. In Deutschland gebe es rund 1.700 Banken.

Eine große Konsolidierungswelle stehe nach wie vor bevor, auch wenn diese schon seit Jahren stetig voranschreite. Während die Anzahl der Institute sinke, würden aber die Total Assets im Markt ansteigen. Im Brahm zufolge gibt es rund 9 Trill. Euro Total Assets im deutschen Markt, der damit einer der größten Märkte in Europa sei. Angesichts dieses Marktumfelds sehe er viel Potenzial. Hinzu käme, dass nach der Finanzmarktkrise die Regulatorik zu Recht stark im Fokus gestanden hätte, sodass über Jahre die IT-Budgets von Banken ausschließlich in regulatorische Projekte gewandert seien. Doch jetzt erkenne im Brahm eine Verschiebung, denn Banken würden weniger in Regulatorik investieren, sondern auch zunehmend wieder in Marktlösungen.

Zudem erkennt im Brahm Chancen in den zahlreichen Herausforderungen, vor denen die Kreditwirtschaft steht: „Da ist neben dem nach wie vor hohen regulatorischen Druck zum einen das Thema Zinspolitik zu nennen, also Margenverfall im klassischen Banking. Banken haben keine andere Wahl, als zunehmend in Zukunftstechnologien zu investieren, um Disruption zu vermeiden.“ Immerhin gebe es auch die Bedrohung durch Neobanks, die mit sehr speziellen Geschäftsmodellen in den Markt gehen und ein Stück vom Kuchen abschneiden. Kreditinstitute könnten eigentlich nur Marktanteile verteidigen, indem sie in Technologien investieren. Im Vermögensgeschäft seien etwa 30% der High Net Worth Individuals wechselwillig. „Die werden in den nächsten zwei bis drei Jahren ihre Wealth Manager wechseln“, ist sich im Brahm sicher.

Als weitere Herausforderungen für Finanzdienstleister nennt im Brahm Cloud Computing, Open API und Open Banking, Blockchain, ESG oder künstliche Intelligenz. Alleine beim Cloud Computing habe im Brahm in den letzten Jahren einen massiven Wandel hinsichtlich der Akzeptanz wahrgenommen. Bei Cloud Services gehe es nicht nur um Kostenoptimierung, sondern vielmehr darum, schneller sowie besser Software entwickeln und ausrollen zu können. In den meisten Häusern gebe es eine klare Cloud-SaaS-Strategie, und die Transformation sei bereits eingeleitet: „In zwei, drei Jahren reden wir hier über eine Selbstverständlichkeit, nicht mehr über einen Trend.“

Gleiches gilt für eine andere wichtige Entwicklung aus Sicht von im Brahm: Open Banking, also die Fähigkeit, Ökosysteme an die Legacy-Kernplattformen von Banken über Schnittstellen (APIs) anzubinden. Auch das sei schon weit fortgeschritten in der Umsetzung.

Beim Thema Blockchain seien die Vorteile erkannt, nun gehe es darum, Effizienzen und Sicherheit bei Daten und Transaktionen zu verbessern sowie die Kosten zu senken. Es gebe immer noch Berührungsängste bei den Banken, doch: „Alle unsere Kunden beschäftigen sich mit der Technologie und mit den Prozessen. Es gibt eine große Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen. Viele Häuser haben Sonderprojekte aufgesetzt, Abteilungen gegründet. Unsere Kunden haben ‚Digital Assets‘ durchgängig in ihren Prozessen abgebildet.“ Doch nach wie vor müsse man schauen, für welche Use Cases das gewinnbringend ist und wo nicht.

Bei Künstlicher Intelligenz (KI) gibt sich im Brahm als Fan zu erkennen: „Beim KI-Einsatz liegen die Vorteile so was von auf der Hand“. Gleichwohl sehe er auch die Risiken, etwa bei ChatGPT. Hier bräuchte es einen regulatorischen Rahmen. Anwendungsfälle bei Banken gebe es indes viele, im Kundenservice über Chatbots, beim Risikomanagement, indem sich über Algorithmen Risiken im Bankwesen minimieren oder Betrugsfälle früher erkennen lassen. Kundenverhalten zu analysieren und personalisierte Angebote daraus zu generieren, sei ebenfalls eine Option. Und auch bei Kreditvergabeprozessen lasse sich eine KI gut einsetzen, etwa bei der Kreditanträge-Automatisierung oder der Beschleunigung des Bewilligungsprozesses.

Darüber hinaus könne eine KI auch im Wealth oder Assetmanagement Portfoliostrukturen generieren und Anlageportfolios optimieren. Damit würden sich im Brahm zufolge alle Häuser beschäftigen. Objectway biete bereits KI-basierte Lösungen in einzelnen Services an. Doch wie schnell Banken bereit sind, hier einen Technologiewechsel einzuleiten, sei auch ein kapazitäres Thema. Da gehe es um den Kampf um Talente und darum, die richtigen Skills und Mitarbeiter an den richtigen Projekten und Stellen zu haben. Es sei eine ganz eigene Herausforderung, die neuen Technologien zu verstehen und nutzbringend einzusetzen.

EBIT-Marge von 25 bis 30 Prozent

Insgesamt sieht im Brahm Objectway gut positioniert, um zu wachsen und in dieses Wachstum zu investieren. Das liege auch an der Struktur des Unternehmens, bei dem der Gründer Luigi Marciano die meisten Anteile hält. Die Firma sei kerngesund, betont im Brahm mit Blick auf eine EBIT-Marge von 25 bis 30%. In den nächsten Jahren werde die Gruppe sich mit Finanzierungsmöglichkeiten am Markt auseinandersetzen. Über Wachstumsfinanzierung mache sich der Gründer zwar Gedanken, es sei aber noch nicht so weit, dass man konkrete Maßnahmen einleiten würde. Ziel sei nicht, Anteile zu verkaufen, um bloß Geld zu generieren. Vielmehr müsse ein potenzieller Investor zum Geschäftsmodell passen.

Gleichzeitig sei Objectway umgekehrt immer bereit, Zukäufe zu tätigen. Es gehe also nicht nur um organisches Wachstum. Wenn es gute Opportunitäten in den Märkten gebe, sei die Gruppe bereit, zu investieren und Zukäufe zu tätigen.

Karl im Brahm (60) ist seit anderthalb Jahren als CEO DACH-Region und Leiter Banking Practice für das deutschsprachige Private-Banking- und Wealth-Management-Geschäft von Objectway verantwortlich. Zuvor war er für alle Aktivitäten der Avaloq-Gruppe im deutschen Markt zuständig sowie davor Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung der Postbank, Vorstand der S Broker AG & Co. KG und bei der Deutschen Wertpapier Service Bank AG.

Von Franz Công Bùi, Frankfurt
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