Finanzen und TechnikInterview mit Lena Hackelöer

„Echtzeit wird bei Zahlungen online immer wichtiger“

Brite Payments bietet eine Plattform für Konto-zu-Konto-Zahlungen (Account-to-Account, A2A). Wenige Wochen nach dem Markteintritt in Deutschland erläutert Gründerin und CEO Lena Hackelöer, welche Strategie das schwedische Fintech verfolgt und warum es hier ein A2A-Markt der ersten Stunde ist.

„Echtzeit wird bei Zahlungen online immer wichtiger“

Im Interview: Lena Hackelöer

„Echtzeit wird bei Zahlungen online immer wichtiger“

Die Gründerin und CEO von Brite Payments über die Beschleunigung im Zahlungswesen und die Veränderungen bei den Verbrauchererwartungen

Brite Payments bietet eine Plattform für Konto-zu-Konto-Zahlungen (Account-to-Account, A2A), die bereits in einigen Ländern etabliert ist. Wenige Wochen nach dem Eintritt in den deutschen Markt erläutert Gründerin und CEO Lena Hackelöer die Strategie des schwedischen Fintechs, welche Chancen sich hier bieten und warum Deutschland eigentlich ein A2A-Markt der ersten Stunde ist.

Das Interview führte Franz Công Bùi.

Frau Hackelöer, vor wenigen Wochen ist Brite Payments in Deutschland gestartet. Mit welcher Strategie gehen Sie hier an den Markt?

Brite ist ein Anbieter von Pay-by-Bank-Lösungen in Echtzeit, also man bezahlt mit seinem eigenen Bankkonto. Und das ist tatsächlich das Einzige, was wir machen wollen. Hierbei handelt es sich um eine Kategorie im Payment-Bereich, die auf der PSD2-Regulierung basiert und sehr stark wächst. Der Anteil an Zahlungen, die in Echtzeit ausgelöst und empfangen werden können, nimmt beständig zu. Und das Verfahren wird immer attraktiver sowohl für Unternehmen, die Zahlungen empfangen möchten, als auch Verbraucher, die möglichst einfach und sicher zahlen wollen.

Was treibt dieses Wachstum?

Die Verbrauchererwartungen ändern sich stark. Alles beschleunigt sich, Echtzeit wird immer wichtiger. Und das wirkt sich auch aufs Zahlungswesen aus. Ich habe gerade erst eine mit Kreditkarte bezahlte Retoure gehabt und warte seit drei Tagen darauf, dass der Betrag meiner Kreditkarte gutgeschrieben wird. Die Verbrauchererwartung wird sich hier extrem ändern. Es ist mittlerweile bekannt, dass es Sepa-Instant-Überweisung gibt. Das wird der neue Standard, und in Zukunft wird kein Mensch mehr drei Tage warten wollen. Das zeigt sich zunehmend auch in Deutschland. Auf der Verbraucherseite wird das noch spannend, zum Beispiel bei den Themen Rückerstattung im E-Commerce oder Auszahlungen von Versicherungen. In dem Moment, wo der Händler das verarbeitet, machen wir sofort eine Echtzeit-Retouren-Zahlung. Nachdem der Knopf gedrückt wurde, ist zehn Sekunden später das Geld auf dem Bankkonto. Sobald die Verbraucher sich daran gewöhnt haben, wird es schwierig sein, davon wieder wegzukommen.

Bei welchen Kooperationspartnern kommt das zum Einsatz?

Unser Unternehmen stammt ja aus Schweden. Also sind das aktuell natürlich vor allem Marken in Schweden, Finnland, im Baltikum, aber zunehmend auch in Zentraleuropa. Ein Beispiel für einen internationalen Kunden ist Auctionet, die größte Plattform in Europa für Auktionshäuser. Dort machen wir nicht nur Zahlungen in Echtzeit, wenn Kunden mit ihrem Konto bezahlen, sondern auch Auszahlungen an Endkunden. Man kann dann online bieten, wie man das von Ebay kennt, und wenn der Einkauf abgeschlossen ist, kann die Zahlung über Brite erfolgen. Das ist ein Beispiel für einen Kunden, der in mehreren Ländern in Europa aktiv ist und den wir jetzt in Deutschland unterstützen.

Ihre Anwendungsfälle reichen von E-Commerce zu E-Mobility, Versicherungen oder Gigworking. Wo liegen Ihre Prioritäten? Oder gehen Sie nach dem Gießkannenprinzip vor?

Theoretisch kann man mit Brite alles online bezahlen. Insofern müssen wir uns nicht einschränken. Aber wenn man einen neuen Markt erschließt, muss man einen Fokus setzen. Und in Deutschland ist die Sofortüberweisung schon sehr etabliert. Eigentlich ist Deutschland ein Account-to-Account-Markt der ersten Stunde, weil man traditionell hierzulande eine relativ geringe Kreditkartenpenetration gehabt hat. Dementsprechend etabliert ist im Gegensatz zu anderen Märkten neben der bekannten Bargeldpräferenz die EC-Karte. Account-to-Account ist im Grundsatz hier also schon länger populär. Das heißt für uns, dass wir uns auch in die traditionellen Onlinesegmente schneller vorwagen, beispielsweise in den Bereich E-Commerce. Das klassische Online-Retail-Shopping ist ein großer Fokus für uns.

Sie stoßen in ein Feld vor, das die Kreditwirtschaft hier schon lange bearbeitet. Wo sehen Sie Ihren Vorteil?

Für den Einkauf mit Brite braucht man an sich nur die Daten, die man ohnehin auswendig weiß, weil man sich mit denen normalerweise auch im Bankkonto einloggen würde. Daher gibt es dann nur noch eine Freigabe. Es geht bei dem Verfahren nicht um Cashmanagement oder Kreditlinien, sondern darum, wie das Verbrauchererlebnis ist. Und wir haben ein Team, das seit 15, teilweise schon 20 Jahren Payment macht. Ich selbst habe für Klarna den deutschen Markt mit aufgebaut und viele Händlergespräche geführt. Da bekommt man mit der Zeit ein gewisses Gefühl dafür, was wichtig ist und wie man Pain Points lösen kann.

In Europa gibt es die European Payments Initiative. Sehen Sie sich da in Konkurrenz oder betrachten Sie das eher als Chance, eventuell für Kooperationen?

Verschiedene Länder und lokale Entitäten miteinander zu vereinen ist komplexer, als man denkt. Grundsätzlich ist es so, dass die Kategorie, in der wir uns bewegen, eine extreme Wachstumsprognose hat, weil der Vorteil gegenüber Kreditkartenzahlungen so groß ist, speziell auch für die Händler. Wir sind nun noch ein junges Unternehmen, das diesen Markt nicht komplett allein aufrollen kann. Da helfen andere, ähnliche Anbieter natürlich, auch eine gewisse Sichtbarkeit zu schaffen für die Kategorie. Marktbegleiter sind gesund. Insofern koexistieren wir da fröhlich. Wir haben aber keinerlei Pläne in Richtung Kooperation, weil wir schon sehr international aufgestellt sind. Wir haben unsere eigene Infrastruktur, unser eigenes Instant-Payment-Netzwerk.

Welches Wachstumspotenzial sehen Sie mit Blick auf das Transaktionsvolumen für den Markt insgesamt und für Deutschland?

Für Deutschland haben wir gar keine Wachstumsprognose, weil wir erst vor kurzem hier gestartet sind. Grundsätzlich kann ich sagen, dass wir mittlerweile Milliardenvolumina abbilden jedes Jahr. Und das Open-Banking-Feld beschleunigt sehr stark, und zwar in ganz Europa. Es gibt mehr und mehr Märkte, wo die Infrastruktur sich verbessert hat. Neben Deutschland ist auch UK zum Beispiel ein großer Markt für Open Banking mittlerweile. Frankreich hinkt so ein bisschen hinterher, aber da konnte man ja auch noch lange mit einem Scheck bezahlen im Supermarkt. Aber die großen Wirtschaften in Europa wachen jetzt langsam alle auf. Und das beschleunigt natürlich auch das Wachstum der Kategorie insgesamt.

Wie sieht es mit Risiken wie Zahlungsausfällen oder Betrug aus?

Es gibt im Grunde genommen bei uns keine Zahlungsausfälle, denn wenn der Kunde das Geld nicht auf dem Konto hat, kann er auch keine Überweisung machen, es wird also keine Zahlung ausgelöst. Das ist so wie bei einer Überweisung. Das geht bei dem Verfahren auch nicht, es sei denn, Sie wollen den Dispo nutzen. Das funktioniert bei uns aber nicht. Es muss immer ein Betrag vorhanden sein. Zurzeit ist der Dispo jedenfalls bei uns ausgeschlossen. Wie sich das in Zukunft entwickelt, wird man sehen. Und was die Sicherheit angeht: Man muss jede Zahlung einzeln freigeben mit dem Online-Banking-Login. Deswegen gibt es bei uns sehr wenige Betrugsfälle.

2022 hatten Sie das Break-even gemeldet. Wie entwickeln sich Ihr Umsatz und Ihr Gewinn?

Umsatz und Gewinnzahlen legen wir nicht vor. Wir sind noch zu jung dafür. Ich kann sagen, wir sind stark gewachsen.

Wo würden Sie Ihr Gebührenmodell im Wettbewerbsvergleich etwa zu Paypal einordnen?

Viel günstiger. Wir sind insgesamt eine der günstigeren Zahlungsarten. Normalerweise hat man bei Kreditkartenzahlungen noch den Bereich Chargebacks und Betrug, das ist ganz signifikant. Es gibt Kategorien, da zahlt man noch mal 1% etwa drauf. Und das macht sie dann insgesamt teurer. Das fällt bei uns komplett weg, weil es keine Betrugsfälle aufgrund dieser sicheren Freigabe gibt. Wir sind also am anderen Ende des Spektrums. Und bei uns ist die Zahlung für den Verbraucher immer kostenlos. Es zahlt nur der Händler, doch da es eine günstigere Zahlungsart ist, ergibt es für ihn keinen Sinn, eine Zusatzgebühr zu erheben, denn er will ja incentivieren, dass die Kunden die günstigere Zahlungsart nutzen.

Haben Sie Exitpläne, in Richtung Börse zum Beispiel?

Aktuell noch nicht. Das liegt aber daran, dass der Markt sehr jung und nicht reif genug ist, so dass wir noch keine Konsolidierung sehen. Aber wir sind ein Venture-finanziertes Scale-up. Ein Mehrgenerationenunternehmen werde ich hieraus wohl nicht mehr bauen können. Dementsprechend wird es irgendwann einen Exit geben, aber wir haben keinen konkreten Plan dafür. Es ist auf jeden Fall nicht so, dass wir in drei Jahren das Unternehmen verkauft haben wollen.


Über Brite Payments: Bezahlen von Konto zu Konto

Auf Basis der Open-Banking-Regulierung in Europa entstehen neue Zahlverfahren wie Pay-by-Bank, der in den USA gängige Begriff für Konto-zu-Konto-Zahlungen (Account-to-Account, A2A). Diese Zahlverfahren ermöglichen es Käufern im E-Commerce, die Zahlung direkt auf das Konto eines Händlers zu überweisen – und bei Retouren laufen Erstattungen vice versa. Das schwedische Fintech Brite Payments bietet ein solches A2A-Zahlverfahren für Instant Payments und Instant Pay-outs an. Die Onlinezahlungen werden in Echtzeit direkt vom Bankkonto gebucht, ohne dass ein Kunde die Shop-Umgebung verlassen muss, und ohne Intermediäre wie die Payment-Netze der Kreditkartenanbieter. Hierbei brauchen Kunden sich nicht zu registrieren, da sie über das Identifikationsverfahren ihrer Bank authentifiziert sind.

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