Open Banking

Von PSD2 zu „Embedded Finance“

Die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 hat „Open Banking“ in den vergangenen Jahren zu einem viel diskutierten Thema gemacht. Immer mehr europäische Finanzinstitute öffnen sich über standardisierte technische Schnittstellen – sogenannte Application...

Von PSD2 zu „Embedded Finance“

Die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 hat „Open Banking“ in den vergangenen Jahren zu einem viel diskutierten Thema gemacht. Immer mehr europäische Finanzinstitute öffnen sich über standardisierte technische Schnittstellen – sogenannte Application Programming Interfaces (APIs) – nach außen und ermöglichen es Partnern und Kunden, Umsatzdaten auch in Bereichen jenseits des eigentlichen Bankgeschäfts zu nutzen.

Doch abgesehen von den regulatorisch bedingten Öffnungen stehen viele Banken dem Thema noch zurückhaltend gegenüber. Ein Zögern, das sie sich angesichts des stetig wachsenden Konkurrenzdrucks nicht leisten sollten. Denn in der Finanzbranche wird schon längst über die nächste Stufe der Entwicklung gesprochen: „Embedded Finance“.

Während Open Banking es Drittanbietern erstmals ermöglichte, auf Bankdaten von Kunden zuzugreifen, integriert Embedded Finance nun komplette Finanzprodukte und Bankdienstleistungen nahtlos in die Angebote und IT-Systeme bankferner Unternehmen. So binden bereits heute beispielsweise zahlreiche Online-Shops verschiedene Zahlungsfunktionen direkt in ihre digitale Angebotsstrecke ein und reduzieren so signifikant die Kaufabbruchraten.

Für viele Nutzer von Fahrdiensten wie Uber oder Free Now ist es inzwischen selbstverständlich, am Ende ihrer Fahrt nicht mit Bargeld, sondern per Smartphone-App zu bezahlen. Zudem bietet Google seit neuestem an ausgewählten Standorten die Funktion „Pay for parking“ an, mit der Autofahrer ihre Parkplätze in der Google-Maps-App suchen und noch vor Ort abrechnen können. Doch Embedded Finance beschränkt sich nicht allein auf Zahlungstransaktionen. Auch Kredite, Versicherungen oder Investments können über technische Schnittstellen genau dort eingebunden werden, wo der Kunde sie gerade benötigt.

Wer am Monatsende unter Geldknappheit leidet, dem hilft beim Online-Kauf die Option „später bezahlen“. Alternativ können Kunden den Endbetrag auch einfach per Klick in mehrere Raten aufteilen. Der Abschluss der Finanzierung erfolgt dann ganz unbürokratisch noch während des Bezahlvorgangs. Für die Zukunft vorsorgen können Verbraucher unter anderem mit Sparprogrammen, die ihre Einkaufsbeträge automatisch aufrunden und das Kleingeld beispielsweise in Aktien investieren. So macht Embedded Finance Bankprodukte zu einem unsichtbaren und doch allgegenwärtigen Teil des täglichen Lebens.

Durch das Verschmelzen der verschiedenen Anwendungsbereiche entstehen innovative digitale Applikationen mit einem hohen Grad an Komfort und Benutzerfreundlichkeit. Für Kunden stellt Embedded Finance deshalb einen enormen Mehrwert dar. Sie erleben Banking künftig direkt im Kontext der von ihnen genutzten Angebote, ohne zwischen separaten Apps hin und her wechseln zu müssen.

Für Unternehmen hingegen bietet eine offene Datenökonomie die Möglichkeit, neue Zielgruppen zu erschließen und potenzielle Kunden genau dort anzusprechen, wo es für diese relevant ist. Eine branchenübergreifende Vernetzung rückt dadurch für viele Firmen zunehmend in den Mittelpunkt des Geschäftsinteresses. Und auch für Finanzinstitute stellt diese übergreifende Zusammenarbeit eine große Chance dar.

Die Deutsche Bank entwickelt bereits seit 2015 eigene Premium-APIs, auf deren Basis sie nun auch ihr Embedded-Finance-Angebot vorantreibt. Die Schnittstellen ermöglichen es, bestehende oder neuartige Bankprodukte und -dienstleistungen vollständig in die Anwendungen und IT-Systeme ihrer Partner und Kunden zu integrieren. So können Privatkunden etwa auf einer großen Vergleichsplattform ein neues Konto eröffnen, ohne deren Internetauftritt verlassen zu müssen. Den umgekehrten Weg können Geschäftskunden gehen, indem sie ihr Bankkonto in die eigene IT-Landschaft einbinden und ihre Geschäftsprozesse auf Basis ihrer Bankdaten automatisieren. Dies ist beispielsweise für Online-Händler interessant, die durch die Verknüpfung von Kontoumsätzen und Warenwirtschaftssystem ihre Versandabwicklung deutlich beschleunigen können.

Flexible Bankgeschäfte

Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig digitale Prozesse für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens sind und wie sehr sich Verbraucher flexible Bankgeschäfte wünschen. Embedded Finance greift genau diese Bedürfnisse auf. Nicht ohne Grund prognostizieren Plattformstrategie-Experten wie Simon Torrance für Embedded Finance eine Gesamtmarktnachfrage von mehr als sieben Bill. Dollar im Jahr 2030. Für europäische Banken ein weiterer Grund, ihr Zögern zu überwinden, Partnerschaften einzugehen und externen Unternehmen Zugang zu den Daten ihrer Kunden zu ermöglichen. Denn eines ist bereits heute abzusehen: Kunden werden in Zukunft verstärkt auf jene Angebote zurückgreifen, die ihnen ein hochwertiges und individuelles Konsumerlebnis bieten – inklusive bequemer Bezahl- und Finanzierungsmöglichkeiten.