Der große EU-Krisengipfel
Von Andreas Heitker, BrüsselDrei große Krisen haben die Europäische Union in den vergangenen Jahren im Kern erschüttert: die Euro- und die Flüchtlingskrise sowie die britische Brexit-Entscheidung. Auf alle drei Herausforderungen und den damit verbundenen Vertrauensverlust in der Bevölkerung sollen auf dem Ende nächster Woche anstehenden EU-Gipfel Antworten gefunden werden. Am Donnerstag steht im Kreise der 28 Staats- und Regierungschefs zunächst der Versuch auf der Agenda, eine gemeinsame Ausrichtung in der Asyl- und Flüchtlingspolitik zu finden. Nachdem die EU-Innenminister bei ihrem jüngsten Treffen keinerlei Kompromissansätze gefunden hatten, das Dublin-System zu reformieren, eine gerechte Verteilung von Flüchtlingen und Kosten zu schaffen und einheitliche Asylregelungen einzuführen, galt das Projekt eigentlich schon als gescheitert. Doch spätestens die Regierungskrise in Deutschland hat für neue Bewegung in den festgefahrenen Gesprächen gesorgt. Unter anderem hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk in dieser Woche neue Vorschläge vorgelegt, wonach außerhalb von Europa Sammelpunkte für Asylsuchende eingerichtet werden sollen. Nach der deutsch-französischen Verständigung zu den EU-Reformvorhaben in Meseberg in dieser Woche wird nun viel davon abhängen, wie mehrheitsfähig die Vorlage der zehn Staaten ausfällt, die bereits am Sonntag in Brüssel zu einem informellen Flüchtlingsgipfel zusammenkommen. Am Freitag berät dann die EU-27, also ohne Großbritannien, zunächst über Reformen in der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Die Vorlage hierfür liefern die Finanzminister, die gestern Abend in Luxemburg ihre Beratungen hierzu abschlossen. Erwartet wird nun, dass auch die Staats- und Regierungschefs eine Stärkung des Euro-Rettungsschirms ESM billigen sowie grünes Licht für die Einführung einer Letztsicherung für den gemeinsamen Bankenabwicklungsfonds geben. Die ebenfalls diskutierte Einführung einer europäischen Einlagensicherung (Edis) wird wohl erneut auf Eis gelegt. Hier hatten sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lediglich auf die Aufnahme von Arbeiten an einer neuen Roadmap einigen können.In der Brexit-Frage wird erwartet, dass der Europäische Rat dazu aufrufen wird, Vorsorge für den Fall zu treffen, dass keine Verständigung mit Großbritannien gefunden wird. Eigentlich sollte jetzt auf dem Gipfel die Irland-Frage, die Teil des Austrittsabkommens sein wird, zumindest in groben Zügen gelöst werden. Von einer Lösung ist man in den Verhandlungen aber noch weit entfernt.—– Notiert in Brüssel Seite 8