FINANZMARKTKALENDER - NÄCHSTE WOCHE

EZB-Debatte nach Inflationssprung

Euro-Hüter im Dilemma zwischen solider Wirtschaft und politischer Unsicherheit - Kerninflation im Fokus

EZB-Debatte nach Inflationssprung

Von Mark Schrörs, FrankfurtWenn der EZB-Rat am Donnerstag zu seiner ersten geldpolitischen Sitzung im Jahr 2017 zusammenkommt, ist Bundesbankpräsident Jens Weidmann nicht stimmberechtigt. Gemäß der 2015 begonnenen Rotation setzt Weidmann im Januar aus. Das gleiche Schicksal ereilt ihn dann auch noch im Juni. Im November ist er ebenfalls nicht stimmberechtigt, allerdings gibt es in dem Monat keine geldpolitische Sitzung.Weidmann wird das wohl verschmerzen: Zu entscheiden dürfte es in der Sitzung am Donnerstag ohnehin nichts geben. Bei der Zinssitzung Anfang Dezember hatte der Rat – unter anderem gegen die Stimme Weidmanns – das umstrittene Wertpapierkaufprogramm (Quantitative Easing, QE) bis Dezember 2017 verlängert, wenn auch ab April mit einem reduzierten monatlichen Kaufvolumen von 60 Mrd. Euro statt aktuell 80 Mrd. Euro.Zu diskutieren dagegen gibt es genug – und daran darf und wird sich auch Weidmann beteiligen: Denn im Dezember 2016 hat sich die Inflation im Euroland stärker beschleunigt als angenommen. Die Teuerungsrate verdoppelte sich fast von zuvor 0,6 % auf 1,1 %. Im Januar und Februar dürfte es weiter nach oben gehen – womöglich bis auf 1,7 %. Zugleich präsentiert sich die Euro-Wirtschaft zum Jahreswechsel in guter Verfassung – vor allem, was die Stimmungsindikatoren betrifft. Das Wachstum dürfte zulegen.Das hat insbesondere in Deutschland die Debatte über die Angemessenheit des EZB-Kurses verschärft. Vor allem konservative Politiker und viele Ökonomen fordern eine baldige Kehrtwende, und auch die Bürger sorgen sich um ihre Ersparnisse in einer Zeit, in der die Inflation anzieht, während die Leitzinsen nahe oder sogar unter 0 % verharren.Auch im EZB-Rat, in dem Weidmann und andere darauf drängen, nicht zu lange mit dem Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik zu warten, dürfte die Intensität der Debatte zunehmen. Die Mehrheit aber wird wohl der Argumentationslinie folgen, die das einflussreiche Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré zum Jahreswechsel im Interview der Börsen-Zeitung entworfen hatte: Coeuré sagte, dass sich zwar Wachstum und Inflation “klar in die richtige Richtung” entwickelten – und fügte hinzu: “Eine Diskussion über eine Normalisierung der Geldpolitik ist nötig.” (vgl. BZ vom 31. 12. 2016) Zugleich mahnte er aber, diese Debatte müsse “sehr vorsichtig begonnen werden”. Die Inflation sei noch sehr niedrig und bei der Kernrate ohne Energie und Lebensmittel warte der EZB-Rat immer noch auf eine Beschleunigung deutlich über 1 % hinaus. Zuletzt lag sie bei 0,9 %. Zudem gebe es sehr viel politische Unsicherheit im Euroraum und weltweit.Ein großer Unsicherheitsfaktor ist dabei die Entwicklung in den USA unter dem künftigen Präsidenten Donald Trump. Ausgerechnet am Tag nach der EZB-Sitzung wird Trump in seinem neuen Amt vereidigt. Was Trumps Wirtschaftspläne für die US-Wirtschaft, für die US-Notenbank Fed sowie für die Weltwirtschaft und das globale Finanzsystem bedeuten – das alles ist mittelbar auch für die Euro-Hüter entscheidend.Allerdings wird erst in den nächsten Monaten klarer ersichtlich sein, wohin da die Reise geht – wie bei vielen anderen Themen auch. Dann wird auch die EZB intensiv schauen und diskutieren müssen, wie es weitergeht: ob sie an ihren Dezember-Plänen festhält oder Korrekturen nötig sind. Und dann sind womöglich auch wieder Entscheidungen fällig.