FINANZMARKTKALENDER - NÄCHSTE WOCHE

EZB steht vor Aufstockung von PEPP

Euro-Hüter haben Signale für mehr Anleihekäufe gegen die Coronakrise gegeben - Debatte über Urteil

EZB steht vor Aufstockung von PEPP

Von Mark Schrörs, FrankfurtDie nächste Zinssitzung des EZB-Rats am Donnerstag, 4. Juni, wird infolge der Corona-Pandemie erneut als rein virtuelles Treffen stattfinden – und auch die anschließende Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird wie im April rein virtuell abgehalten. Aber nicht nur das macht die Sitzung mutmaßlich zu einer besonderen. Denn inzwischen wird verbreitet erwartet, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre ohnehin bereits beispiellos expansive Politik noch einmal lockert.In den vergangenen Tagen und Wochen haben gleich eine Reihe Top-Euro-Notenbanker Erwartungen untermauert, dass der EZB-Rat nur drei Monate nach den historischen Anti-Corona-Maßnahmen von Mitte März erneut nachlegen wird. Mit am deutlichsten war da am Dienstag sicher Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau, als er sagte: “Im Namen unseres Mandats müssen wir höchstwahrscheinlich noch weiter gehen.”Im Mittelpunkt steht das Pandemie-Notfallankaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme). Am 18. März hatten die Euro-Hüter das Programm aufgelegt, das aktuell 750 Mrd. Euro umfasst und bis mindestens Ende 2020 terminiert ist. Der EZB-Rat hat stets betont, dass er bereitsteht, PEPP in Umfang oder Zusammensetzung anzupassen. Und genau das erwarten Beobachter nun. Viele setzen auf eine Aufstockung um 500 Mrd. Euro, einige erwarten aber auch eine Verdopplung auf 1,5 Bill. Euro. Zu den Erwartungen trägt bei, dass das Eurosystem gerade im Rekordtempo kauft und die 750 Mrd. Euro bereits im Herbst ausgeschöpft sein könnten. Eine Verlängerung ins Jahr 2021 erscheint ebenfalls naheliegend.Villeroy de Galhau ließ derweil am Dienstag auch mit der Aussage aufhorchen, dass die Flexibilität des PEPP-Programms mindestens so wichtig sei wie das Volumen. Zudem sagte er, das Festhalten am Kapitalschlüssel sei “eine unangemessene Einschränkung, die die Wirksamkeit unserer Interventionsbemühungen untergraben würde” (vgl. BZ vom 27. Mai). Zwar hat sich der EZB-Rat bei PEPP bereits sehr viel mehr Flexibilität eingeräumt, was den Kapitalschlüssel betrifft, und das Eurosystem kauft aktuell vor allem italienische Staatsanleihen. Grundsätzlich aber fungiert der Schlüssel laut dem März-Beschluss weiter als Benchmark für die PEPP-Käufe. Villeroy de Galhau signalisierte nun die Bereitschaft, stärker vom Kapitalschlüssel abzukehren. Das dürfte aber im EZB-Rat zu hitzigen Diskussionen führen. Die Bundesbank etwa hatte bei den EZB-Käufen stets auf den Kapitalschlüssel gepocht.Bereits zwei Tage vor der Zinssitzung, am Dienstag, veröffentlicht die EZB erstmals eine detaillierte Übersicht zu den ersten beiden vollen Monaten PEPP. Das dürfte dann auch die Debatte wieder anheizen, ob die EZB nicht doch eine verbotene Staatsfinanzierung betreibt, weil sie mit PEPP gezielt einzelne Länder vor dem finanziellen Kollaps bewahrt.Umso mehr Brisanz hat das wegen des kritischen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum EZB-Anleihekaufprogramm PSPP (Public Sector Purchase Programme) von Anfang Mai. Die Richter haben der EZB drei Monate Zeit gegeben, die Verhältnismäßigkeit von PSPP besser darzulegen, sonst dürfe die Bundesbank nicht mehr teilnehmen. Die EZB will zwar keine weitere Eskalation mit Karlsruhe, aber viele wollen auch keinen gefährlichen Präzedenzfall schaffen. Die EZB hält für sich nur den EU-Gerichtshof für maßgeblich.