Für Daimler kommt es knüppeldick
Von Stefan Kroneck, MünchenDrei Gewinnwarnungen 2019 in Folge, ein miserables Auftaktquartal 2020 aufgrund der Coronakrise: Daimler ist derzeit das krasse Gegenteil einer erfolgreichen Equity Story. Die Krise ist aber nicht ausgestanden. Daimler ist noch mittendrin.Für Vorstandschef Ola Källenius, für seine Mannschaft und für die Aktionäre kommt es daher zur Vorlage der Zahlen des zurückliegenden Dreimonatsabschnitts knüppeldick: Nach dem dramatischen Gewinneinbruch im ersten Quartal wird der Stuttgarter Auto- und Nutzfahrzeughersteller aller Voraussicht nach auf Basis des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern im Industriebereich tiefrote Zahlen geschrieben haben. Der Tag der Wahrheit für den CEO wird der kommende Donnerstag sein, wenn der Dax-Konzern seinen Zwischenbericht veröffentlicht. Ursächlich für die zu erwartenden schlechten Zahlen ist erneut die Pandemie. Der abermalige Absatzschwund der Pkw-Kernmarke Mercedes-Benz (- 20 %), zeitweilige Werksstilllegungen, Restrukturierungsmaßnahmen und Abschreibungen auf Vorräte belasteten das Ergebnis erheblich. Freier Cash-flow unter DruckSomit geben die Zahlen von Daimler einen Vorgeschmack darauf, was den Wettbewerbern Volkswagen und BMW blüht, wenn diese ihre Halbjahresberichte vorlegen. Der Wolfsburger Mehrmarkenkonzern macht dies am 30. Juli, der Münchner Autohersteller ist am 5. August so weit. BMW-Finanzvorstand Nicolas Peter signalisierte bereits, im Kerngeschäft Automobile fürs zweite Quartal von einem Verlust auf Ebene des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern auszugehen.Für Daimler werden die Quartalszahlen erneut ein Beleg dafür sein, dass Källenius noch eine lange Fahrt bevorsteht, um das Unternehmen wieder in die Spur zu bringen. Denn mit jeder Zusatzbelastung sinkt für ihn der finanzielle Spielraum, um den Konzern für die Zukunftsfelder sattelfest aufzustellen. So befürchtet der Vorstand fürs Industriegeschäft einen abermaligen negativen freien Cash-flow im zweiten Quartal. Zum Jahresauftakt waren es bereits – 1,9 Mrd. Euro gewesen. Personalabbau birgt KonflikteReichlich Konfliktpotenzial birgt auch der verschärfte Sparkurs. So kündigte dieser Tage Personalvorstand Wilfried Porth an, dass mehr Stellen auf der Streichliste stehen würden. Das ergibt einen Rückstellungsbedarf für Abfindungen. Bislang plante die Konzernführung den Abbau von über 15 000 Arbeitsplätzen. Dieses Thema sorgt für Unruhe im Unternehmen, schließlich galt Daimler trotz aller Widrigkeiten für die Belegschaft als Hort der Stabilität. Dies ist mit der Seuche nun endgültig vorbei. Konflikte und harte Verhandlungen mit dem Betriebsrat sind programmiert. Das bindet Managementkapazitäten, die dringlich für die notwendigen strategischen Anpassungen auf den Gebieten Elektromobilität und autonomes Fahren benötigt werden. Der Strukturwandel der Branche bindet auch bei Daimler bereits viele Kräfte und liquide Mittel.Die kürzlich mit Nvidia aus Kalifornien vereinbarte Kooperation dient Källenius als Ersatz für die gescheiterte Zusammenarbeit mit BMW bei der Fortentwicklung der automatisieren Mobilität. Der CEO mag mit dem jüngsten Schritt die Firmenkasse schonen, schafft aber zugleich neue Abhängigkeiten.