RWE und Innogy auf dem Prüfstand
Von Christoph Ruhkamp, DüsseldorfJetzt wird sich zeigen, ob die Vorschusslorbeeren berechtigt gewesen sind. Zum ersten Mal seit der Abspaltung des Stromnetzbetreibers Innogy vom Mutterkonzern RWE und zum ersten Mal seit dem Börsengang der Innogy am 7. Oktober legen die beiden Unternehmen unabhängig voneinander ihre Neunmonatszahlen vor. Innogy veröffentlicht am heutigen Freitag (11.11.) ihre Bilanz, der Mutterkonzern RWE folgt am Montag (14.11.).Für Innogy wird das Zahlenwerk der erste harte Test nach dem äußerst erfolgreichen Börsengang sein. Das Unternehmen, in dem RWE neben den lukrativen Netzen auch den Stromvertrieb und die Ökostromerzeugung gebündelt hat, brachte es auf Anhieb bei der mehrfach überzeichneten Emission auf eine Marktkapitalisierung von 20 Mrd. Euro und ist damit der wertvollste Energiekonzern in Deutschland. Mit einem Emissionserlös von 4,6 Mrd. Euro für 23 % der Anteile handelte es sich um den viertgrößten Börsengang aller Zeiten in Deutschland, für den RWE die Deutsche Bank und Goldman Sachs engagiert hatte.Doch gleich nach der bejubelten Erstnotiz sind härtere Zeiten angebrochen. Die Marktkapitalisierung von Innogy ist inzwischen um 10 % auf 18 Mrd. Euro gefallen. Offenbar wurde die Bewertung zu sehr ausgereizt. Jetzt suchen die Investoren nach Belegen für den künftigen Geschäftserfolg. Innogy prognostiziert jedoch für das Gesamtjahr 2016 einen leichten Rückgang des Gewinns vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) auf 4,1 Mrd. bis 4,4 Mrd. Euro nach 4,5 Mrd. Euro im Jahr 2015. Im kommenden Jahr soll der operative Gewinn dann wieder auf 4,5 Mrd. Euro steigen.Auch für RWE ist das von zentraler Bedeutung. Das Innogy-Ergebnis wird nach dem Börsengang Anfang Oktober noch voll in der Bilanz von RWE auftauchen. Der Mutterkonzern hält noch knapp 77 % der Anteile an Innogy und ist auf die Dividenden der Tochter dringend angewiesen, um damit Schulden zu begleichen, Verpflichtungen zu erfüllen und neue Geschäftsfelder zu erschließen. Vor allem die Kosten für den Atomausstieg und für die Renaturierung zerstörter Landschaften im rheinischen Braunkohlerevier machen RWE zu schaffen.Bis zum Spätsommer kommenden Jahres muss der Konzern mehr als 6 Mrd. Euro für die Atommüll-Entsorgung an eine öffentlich-rechtliche Stiftung überweisen. Vielleicht müssen dafür auch weitere Innogy-Aktien verkauft werden. Wie groß die Probleme sind, lässt sich an der Marktkapitalisierung von RWE ablesen, die sich seit Ende 2014 halbiert hat. Mit 7,4 Mrd. Euro liegt das Gewicht von RWE weit unter dem Börsenwert von Innogy, obwohl RWE drei Viertel der Anteile hält. Offenbar schätzen Investoren die bei RWE verbliebenen Atom- und Kohlekraftwerke einzig und allein als teure Altlast ein.Für den neuen RWE-Chef Rolf Martin Schmitz, der an die Spitze des Konzerns gerückt ist, nachdem der bisherige RWE-Chef und jetzige Innogy-Chef Peter Terium den Posten im Zuge des Börsengangs der Innogy abgegeben hat, wird der erste Auftritt in der neuen Rolle die Gelegenheit sein, eine Zukunftsstrategie für den kriselnden Konzern zu skizzieren: Bisher hat RWE weder eine solche Strategie – bis zum Frühjahr 2017 will sich der Konzern damit noch Zeit lassen – noch gibt es eine Prognose von RWE für den operativen Gewinn im kommenden Jahr, wie sie die Tochter Innogy längst vorgelegt hat. Schon im laufenden Jahr erwartet RWE einen Gewinneinbruch. So soll das Ebitda von gut 7 Mrd. auf 5,2 Mrd. bis 5,5 Mrd. Euro abrutschen. Commerzbank-Analystin Tanja Markloff rechnet nach neun Monaten mit einem Rückgang um knapp 12 % auf 3,9 Mrd. Euro.