SAP beschließt turbulentes Jahr
Von Sebastian Schmid, FrankfurtZwischen der vorerst letzten Hauptversammlung von Europas größtem Softwarekonzern in der heimischen SAP-Arena am 15. Mai 2019 und dem geplanten virtuellen Aktionärstreffen am kommenden Mittwoch liegt kaum mehr als ein Jahr – und doch liegen Welten zwischen den beiden Events. Dabei ist die Tatsache, dass die gewohnte Zusammenkunft in dem Mannheimer Sporttempel mit entsprechender kulinarischer Verköstigung flach fällt, nur ein Kuriosum, an das man sich in Zeiten der Coronavirus-Pandemie fast schon gewöhnt hat. Viel ungewöhnlicher ist der gleich doppelte Wechsel an der Konzernspitze in den vergangenen Monaten. Schnelle KehrtwendeErst hatte der langjährige CEO Bill McDermott im vergangenen Oktober überraschend seinen unmittelbaren Rückzug verkündet und SAP mit Christian Klein und Jennifer Morgan zum wiederholten Mal eine Doppelspitze installiert. Dann folgte vergangenen Monat schon wieder die Kehrtwende und damit die Trennung von der ersten Dax-Vorstandschefin. Eine Doppelspitze sei angesichts der schnellen Entscheidungen, die in den aktuell schwierigen und herausfordernden Zeiten vonnöten seien, doch keine adäquate Lösung, zeigte sich das Unternehmen von der noch jungen eigenen Entscheidung schon wieder enttäuscht. In dieser Einschätzung seien sich auch Klein und Morgan einig gewesen.Das wirft natürlich Fragen auf: Waren schnelle Entscheidungen bislang eher nicht prioritär? Gab es einen grundsätzlichen Dissens in Bezug auf die strategische Ausrichtung zwischen Morgan und Klein oder Morgan und Aufsichtsratschef und Mitgründer Hasso Plattner, der große Stücke auf den erst 39-jährigen Konzernchef hält? Alles Spekulation, und mit Sicherheit auch Thema der virtuellen Hauptversammlung.Schon lange vor dieser lässt sich der Redetext von Konzernchef Klein, der mit einem Gehaltsverzicht in der Krise gleich zum Amtsantritt einen bescheidenen Ton gesetzt hat, auf der Website abrufen. Antworten auf die Fragen enthält dieser nicht wirklich. SAP sei sich bewusst, dass es zuletzt einige Personalwechsel auf Vorstandsebene gegeben habe, räumt der CEO darin ein. Ein Generationenwechsel finde nun einmal auf allen Ebenen statt. Genauso gebe es Vorstandsmitglieder, die von sich aus sagen, sie wollten künftig andere Wege gehen. Das dürfte Nachfragen provozieren, zumal mit Stefan Höchbauer ein weiterer hochrangiger Manager das Unternehmen Ende September verlassen wird, um bei Wettbewerber Salesforce die Leitung der DACH-Region zu übernehmen.Auch geschäftlich lief es zuletzt gemischt. Zwar ist SAP als Softwarekonzern weniger stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen als viele Industrieunternehmen und wächst auch ordentlich weiter. Die Jahresziele wurden nach dem ersten Quartal leicht zurückgeschraubt. Und auch die Kursentwicklung weiß nach mehreren starken Jahren nicht mehr zu überzeugen. Zur Hauptversammlung 2019 notierte die Aktie fast 10% höher. Immerhin soll die Dividende von 1,50 auf 1,58 Euro je Aktie steigen. Zwar gibt es wie üblich keine Gegenanträge: Genug Diskussionsstoff für eine lang dauernde virtuelle Sitzung ist dennoch vorhanden.