Trumps nächste Wahl zum Präsidenten
Von Dieter Kuckelkorn, FrankfurtAuch wenn Donald Trump die amerikanischen Präsidentschaftswahlen vom 8. November gewonnen hat, noch ist er offiziell nicht der designierte nächste Präsident der USA bzw. im amerikanischen Sprachgebrauch der “President Elect”. Dies wird er erst am Montag sein, wenn die Versammlung der Wahlfrauen und Wahlmänner, das “Electoral College”, ihn per Mehrheitsbeschluss zum nächsten Präsidenten erkoren hat, der dann am 20. Januar von Barack Obama das Weiße Haus übernimmt.Was bei den Präsidentenwahlen der vergangenen Dekaden nur eine wenig beachtete Formalie war, erfährt diesmal etwas mehr Aufmerksamkeit. Es gibt nämlich von Teilen der unterlegenen Demokratischen Partei erhebliche Anstrengungen, die darauf zielen, Wahlmänner davon zu überzeugen, statt “The Donald” entweder Hillary Clinton oder als Kompromisskandidaten einen moderaten Republikaner wie Mitt Romney zu wählen. Bisher hat sich zwar erst ein einziger republikanischer Wahlmann dahingehend geoutet, dass er nicht für Trump stimmen wird. In führenden liberalen Qualitätsblättern wie der “Washington Post” und “New York Times”, die das Anti-Trump-Lager anführen, gibt es aber momentan fast jeden Tag an prominenter Stelle Kommentare zu lesen, in denen den Wahlmännern nahegelegt wird, diesen für die amerikanische Demokratie gänzlich ungewohnten Weg zu gehen. Das ist zweifellos ein Novum auch in der jüngeren Geschichte der US-Medien.In der “New York Times” schrieb denn auch Wahlmann Christopher Suprun, der das in der Regel linientreu-republikanische Texas vertritt, er habe geschworen, sein Land und die Verfassung gegen alle inneren und äußeren Feinde zu verteidigen. Genau das werde er am 19. Dezember tun.Auf die Verfassung sowie auf einschlägige Äußerungen der Gründerväter der Vereinigten Staaten berufen sich auch die den Demokraten nahestehenden Medien und Aktivisten. Die US-Verfassung weist trotz der vielen Nachbesserungen in Gestalt der berühmten “Amendments” als eines der ältesten demokratischen Grundgesetze aus heutiger Sicht zahlreiche Ungenauigkeiten auf. Sie würde es theoretisch durchaus zulassen, sich als Wahlfrau oder Wahlmann gegen Trump zu entscheiden. Ein imperatives Mandat kennt die Bundesverfassung auch für diese kritische Abstimmung nämlich nicht. Not-Aus-KnopfZwar schreibt etwas mehr als die Hälfte der US-Bundesstaaten ihren Wahlmännern vor, für wen sie zu votieren haben. Allerdings sind die Strafen für eine Zuwiderhandlung gering, sie werden in der Regel auch nicht verhängt. Dies hängt auch damit zusammen, dass sich die Väter der Verfassung das Electoral College unter anderem als eine Art “Not-Aus-Knopf” der repräsentativen Demokratie gedacht haben, der verhindern soll, dass ein für das Amt gänzlich ungeeigneter Präsidentenanwärter das Land ins Verderben stürzt. Tumult und UnordnungDenn wie schrieb Alexander Hamilton, der erste US-Finanzminister und nach dem Tod von George Washington Generalstabschef der Armee: “Der Prozess der Wahlen erfordert die Gewissheit, dass das Amt des Präsidenten niemals derjenigen Sorte von Männern zufällt, die nicht (…) über die notwendigen Qualifikationen verfügen.” Die Wahlmänner, so Hamilton, müssten ihr Urteilsvermögen einsetzen, um “Tumult und Unordnung” zu verhindern, die daraus resultieren, dass ein “Störenfried” von Präsident sein “Talent für die niedrige Intrige” und die “gering einzuschätzende Kunst der Volkstümlichkeit” ausschlachte. Es verwundert daher nicht, dass sich ein loses, aber lautstarkes Bündnis von Trump-Verhinderern die “Hamilton-Wahlmänner” nennt.Die Hamilton-Jünger haben bis zu einem möglichen Erfolg aber noch einen sehr langen Weg vor sich. Denn als Wahlergebnis gibt es 306 Wahlmänner, die für Trump stimmen sollen, und 232 für Clinton. Da der nächste Präsident 270 Stimmen benötigt, gilt es also, mindestens 38 von den Republikanern entsandte Delegierte für einen Kandidaten zu gewinnen, den auch sämtliche 232 Demokraten wählen. Zählt man den erwähnten Herrn Suprun bereits als gesetzt, wären in der kurzen verbleibenden Zeit noch 37 Wahlmänner erfolgreich zu bearbeiten.Zwar ist die amerikanische Hauptstadt berühmt-berüchtigt für ihre oft die Parteigrenzen überwindende Hinterzimmer-Diplomatie. Noch aber muss sich Donald Trump wohl keine ernsten Sorgen machen, dass dem Tycoon der Einzug in die wohl bekannteste Immobilie der Welt verwehrt wird.