US-Banken im Stimmungstief
Von Stefan Paravicini, New YorkDie Stimmung unter Beobachtern des US-Bankensektors ist kurz vor dem Auftakt in die Berichtssaison überwiegend schlecht. Der Dezember war für den Sektor an der Börse der schlechteste Monat seit fast zehn Jahren. Der KBW Bank Index, der die Aktien von zwei Dutzend der wichtigsten US-Institute abbildet, hat den alten Turnus mit einem Minus von rund einem Fünftel abgeschlossen und allein im Dezember 16 % verloren. Aber auch zum Auftakt in das neue Jahr häufen sich bisher die negativen Analysteneinschätzungen für die Branche. Die Experten der US-Investmentbank Raymond James korrigierten zum Anfang der Woche gleich für 13 Branchentitel ihre Empfehlungen nach unten und reduzierten die Gewinnerwartungen über den gesamten Sektor. Positive Analystenkommentare wie die jüngste Einschätzung von UBS zu Bank of America (BoA) und ein Kaufsignal von Citi für die Aktie von Morgan Stanley gehörten in den vergangenen Tagen zu den Ausnahmen.In der nächsten Woche wollen die Institute für einen Stimmungswechsel sorgen. Denn mit Citi, J.P. Morgan und Wells Fargo, Bank of America, Goldman Sachs sowie Morgan Stanley legen in dieser Reihenfolge die sechs wichtigsten Banken die Zahlen zum abgeschlossenen Geschäftsjahr vor. Zahlen aus der zweiten Reihe, unter anderem von der größten Regionalbank U.S. Bancorp, werden das Bild komplettieren. Den Anfang macht am Montag Citigroup, bevor es am Dienstag mit Branchenprimus J.P. Morgan und Wells Fargo weitergeht. Am Mittwoch folgen Bank of America und U.S. Bancorp sowie die Investmentbank Goldman Sachs. Den Abschluss unter den wichtigsten US-Banken macht am Donnerstag Morgan Stanley. Kreditgeschäft im FokusInvestoren dürften ihr Augenmerk vor allem auf die Entwicklung des Kreditgeschäfts legen, das zuletzt von steigenden Zinsen profitiert hat, mit Blick auf eine Ausweitung des Kreditbuches aber nicht so Recht in Schwung kommen will. Eine positive Überraschung würde das Vertrauen in eine anhaltend starke US-Konjunktur stärken, solange eine steigende Kreditvergabe nicht mit sinkender Kreditqualität erkauft wurde.Die Entwicklung der Handelserträge wird ebenfalls mit Spannung erwartet, da viele Investoren den Dezember – der schlechteste Monat für US-Aktien seit 1931 – an der Seitenlinie verbracht haben. Daneben werden Marktbeobachter bankspezifische Themen wie die rechtlichen Risiken von Goldman Sachs wegen der Verstrickung in den Finanzskandal rund um den malaysischen Staatsfonds 1MDB oder die regulatorischen Beschränkungen für Wells Fargo wegen ihrer Probleme im Risikomanagement im Auge haben.Einige Beobachter trauen den US-Banken auch wegen Sparmaßnahmen und Effizienzsteigerungen dank der Deregulierungsbemühungen der US-Regierung 2019 ein Comeback zu. In dieses Lager gehört auch Investorenlegende Warren Buffett, der im dritten Quartal mehr als 13 Mrd. Dollar in Branchentitel gesteckt hat.