FINANZMARKTKALENDER -- NÄCHSTE WOCHE

Wall Street fürchtet Gewinneinbruch

Die großen amerikanischen Banken geben in der kommenden Woche den Startschuss zur Bilanzsaison

Wall Street fürchtet Gewinneinbruch

nok New York – Die Wall Street macht sich auf eine katastrophale Bilanzsaison gefasst. Analysten kalkulieren für die Unternehmen im Aktienindex S&P 500 mit dem stärksten Gewinnrückgang seit dem Schlussviertel des Jahres 2008 – also dem Höhepunkt der Finanzkrise. Nach einem schwierigen ersten Quartal 2020 war der Zeitraum von Anfang April bis Ende Juni vollständig von der Coronakrise geprägt, die mit Ausgangsbeschränkungen und Geschäftsschließungen für eine Vollbremsung der amerikanischen Konjunktur sorgte.Nach Angaben des Informationsdienstes Factset rechnen die Auguren der Wall Street im Vergleich zum Vorjahresquartal mit einem Rückgang der Gewinne im S&P 500 um knapp 44 %. Analysten haben ihre Prognosen seit Anfang des Quartals kontinuierlich zurückgenommen. Die Zahlen sind aber mit stärkeren Fragezeichen versehen als sonst, weil viele Firmen angesichts der coronabedingten Unwägbarkeiten keine eigenen Vorhersagen mehr wagten. Analysten fehlt damit ein wichtiger Anhaltspunkt.Finanzdienstleister im S&P 500 dürften nach Angaben von Factset mit einem erwarteten Gewinnrückgang von mehr als 50 % überdurchschnittlich zu den negativen Ergebnissen beitragen. In der kommenden Woche geben die großen amerikanischen Banken den Startschuss für die Berichtssaison des zweiten Quartals. Am Dienstag legen J.P. Morgan Chase, Wells Fargo und die Citigroup ihre Zahlen vor. Am Mittwoch folgt Goldman Sachs. Die Bank of America und Morgan Stanley berichten am Donnerstag.Analysten rechnen angesichts der hohen Arbeitslosigkeit und des Wirtschaftsabschwungs mit insgesamt steigenden Rückstellungen für Kreditausfälle. Die größten Banken wollten “Fragen der Verlustdeckung hinter sich bringen”, kommentierte Analyst Brian Kleinhanzl vom Wertpapierhaus Keefe Bruyette & Woods. Dazu leiden die Zinserträge der Banken unter dem niedrigen Zinsniveau. Ein Lichtblick für die Banken könnte allerdings das Wertpapiergeschäft sein, da der Handel mit Aktien und Anleihen angesichts der Marktschwankungen florierte. Stabile VerfassungDie Notenbank Fed hatte den größten amerikanischen Banken in ihrem jüngsten Belastungstest Ende Juni eine stabile Verfassung bescheinigt. Trotz der bestandenen Tests machte die Fed den Kreditinstituten aber Auflagen zur Stärkung ihrer Kapitalpuffer. Die Banken, die Rückkäufe eigener Aktien bis Ende Juli schon freiwillig ausgesetzt hatten, müssen nun auch im kommenden Quartal ihre Aktienrückkäufe aussetzen. Dazu dürfen sie ihre Dividenden nicht erhöhen. Wells Fargo hat als einzige der großen Banken die Dividende nach dem Stresstest gekürzt.Die angespannte Ertragslage der Banken resultierte in diesem Jahr in einen deutlichen Rückgang der Aktienkurse. Das Branchenbarometer KBW Nasdaq Bank Index liegt aktuell um fast 39 % im Minus und notiert damit deutlich schwächer als der S&P 500. Die Bankaktien haben sich nach den heftigen Rückschlägen im März in den vergangenen drei Monaten nur minimal erholt. “Die anstehenden Ergebnisse für das zweite Quartal werden verwirrend, schlampig und schockierend sein”, meint Gerard Cassidy, Analyst von RBC Capital Markets. “Wir sind jedoch vorsichtig optimistisch, da wir bis zum Ende des Jahres mit zunehmendem Wirtschaftswachstum rechnen.” Cassidy unterstellt Bankaktien angesichts der erwarteten Erholung langfristig Kurschancen. Investoren sollten allerdings Banken mit diversifizierten Einnahmequellen wählen, die weniger stark von Zinsen abhängen. In anderen Worten: Cassidy empfiehlt große Universalbanken wie J.P. Morgan Chase, die ein großes Kapitalmarktgeschäft haben.