Zitterpartie für Boris Johnson
Donnerstag, 12.12.:Der britische Premierminister Boris Johnson hat sich lange in Sicherheit wiegen können. Meinungsumfragen erweckten den Eindruck, dass die regierenden Tories in der Wählergunst so weit vorn liegen, dass Labour bis zum Wahltermin am kommenden Donnerstag nicht mehr gleichziehen oder gar zum Überholmanöver ansetzen kann. Abgesehen davon, dass es wegen des britischen Wahlrechts gar nicht darauf ankommt, wer in landesweiten Umfragen am besten abschneidet, hat die Partei von Jeremy Corbyn zuletzt deutlich aufgeholt. Die Wahl wird zur Zitterpartie, zumal die Mehrheitsverhältnisse mancherorts äußerst knapp sind.Das weckt Erinnerungen an 2017, als Theresa May Neuwahlen ansetzte. Auch damals erschien der Vorsprung der Konservativen uneinholbar. Am Ende kostete er May die Mehrheit im Unterhaus. Johnson will sie mit dem Versprechen, den EU-Austritt endlich über die Bühne zu bringen, zurückerobern.Führende Labour-Politiker wie John McDonnell, Keir Starmer und Emily Thornberry versuchen, ihre Partei gegen den Willen des zunehmend isoliert wirkenden Parteichefs Jeremy Corbyn als Anti-Brexit-Bewegung zu positionieren. Das geht auf Kosten der Liberaldemokraten, die voll und ganz auf dieses Thema gesetzt haben, bei vielen Wählern wegen ihrer Zustimmung zur Sparpolitik der Tories in der bis 2015 währenden Koalitionsregierung aber wenig beliebt sind. Labour verspricht neben einem weiteren EU-Referendum eine lange Liste von sozialen Wohltaten, durch die sich die Lebenshaltungskosten einer Familie nach Rechnung der Partei um mehr als 6 700 Pfund pro Jahr reduzieren lassen. Da mag so mancher darüber hinwegsehen, dass der unbeliebte Corbyn immer noch Parteichef ist.Die Wahllokale schließen um 22:00 Uhr britischer Zeit. Die Auszählung dürfte gegen 2:00 Uhr morgens im Großen und Ganzen abgeschlossen sein. Am frühen Freitagmorgen dürfte klar sein, wer die Wahl gewonnen hat.hip