Kick-off-Veranstaltung „Finanzplatz Deutschland“

Fußläufigkeit reicht als Standortvorteil nicht

Frankfurt hat viele Vorteile als Finanzstandort. Aber es fehlt an Unterstützung der Politik. Das konstatierte Lutz Diederichs, Chef der deutschen Niederlassung der französischen Großbank BNP Paribas, anlässlich der Kick-off-Veranstaltung „Finanzplatz Deutschland“.

Fußläufigkeit reicht als Standortvorteil nicht

Fußläufigkeit reicht nicht aus

Neue Veranstaltungsreihe soll den Finanzplatz sichtbarer machen

Nach der Finanzkrise hat die Politik die Förderung des Finanzplatzes zu lange brachliegen lassen, so Lutz Diederichs, Deutschlandchef von BNP Paribas, auf der Kick-off-Veranstaltung "Finanzplatz Deutschland", zu der die Börsen-Zeitung mit Unterstützung von Frankfurt Main Finance, FrankfurtRheinMain und Deloitte geladen hat.

lee Frankfurt

Der Finanzplatz Deutschland wird der volkswirtschaftlichen Bedeutung des Landes nicht gerecht. Darauf hat Lutz Diederichs, Chef der deutschen Niederlassung der französischen Großbank BNP Paribas, hingewiesen. Anlass war die Kick-off-Veranstaltung „Finanzplatz Deutschland“ am Mittwoch, mit der die Börsen-Zeitung der Branche am Standort mehr Sichtbarkeit verleihen will – sowohl in der öffentlichen Diskussion als auch im direkten Austausch mit der Politik. Unterstützt wird sie dabei von Frankfurt Main Finance e. V., der Standortmarketinggesellschaft FrankfurtRheinMain und Deloitte.

Volkswirtschaftliches Pfund

Obwohl Deutschland eine der größten Volkswirtschaften der Welt ist, sei der Finanzplatz innerhalb Europas nur einer von mehreren, konstatierte Diederichs vor etwa 50 geladenen Gästen aus der Finanzwirtschaft. „Und schlimmer noch: Global ist keiner der europäischen Finanzplätze unter den Top 5.“ Dabei sei das volkswirtschaftliche Gewicht der Branche enorm, wie der Vergleich mit dem Nachbarland Frankreich zeige: „Die Sichteinlagen der hiesigen Kreditinstitute summieren sich auf 2,8 Bill. Euro, das entspricht dem gesamten Bruttoinlandsprodukt Frankreichs.“

Vor diesem Hintergrund mahnte er mehr Unterstützung von der Politik bei der Förderung des Finanzplatzes an. Mit Verwunderung hatte die Finanzplatzcommunity nach dem Brexit zur Kenntnis genommen, mit welcher Verve der französische Staatspräsident Emmanuel Macron um die Finanzdienstleister geworben hatte. Die deutsche Politik hatte sich dagegen weitgehend bedeckt gehalten. Dabei hatten viele Dienstleister auf Drängen der Regulatoren nach neuen Standorten innerhalb der Europäischen Union gesucht.

Die Zurückhaltung der deutschen Politik hat nach allgemeinem Dafürhalten auch dazu beigetragen, dass Frankfurt im Rennen um die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA das Nachsehen hatte. Das gerne vorgetragene Argument, dass Frankfurt aufgrund seiner überschaubaren Größe und seiner relativ hohen Dichte an Finanzdienstleistern und internationalen Institutionen ein besonders attraktiver Standort sei, ließ Diederichs nicht gelten. Zwar sei es wünschenswert, dass Aufsichtsbehörden und andere internationale Institutionen wie der grüne Standardsetzer ISSB in der Bankenmetropole angesiedelt seien. „Für unsere tägliche Arbeit hier ist es aber nicht relevant, ob wir die Regulatoren zu Fuß erreichen können“, sagte er.

„Wir werten den Finanzmarkt anders als die Industrie“, sagte Diederichs. Obwohl Deutschland insgesamt bei der Privatisierung weiter sei als Frankreich, werde im Finanzsektor an einem „privatisierungsunfreundlichen Mindset“ festgehalten. Das habe auch etwas mit der Finanzkrise zu tun. Danach habe es hierzulande fast ein Jahrzehnt gedauert, bis deutsche Politiker wieder mit Vertretern der Finanzbranche gesprochen hätten. „Das war in Frankreich definitiv anders“, konstatierte er.

Diederichs wies aber auch auf kulturelle Unterschiede hin. Frankreich habe eine andere Tradition der Vernetzung zwischen Staat und Industrie. Davon profitierten auch die Banken, die sich einer ungebrochenen Unterstützung durch ihre Regierung erfreuten. Sichtbar sei das auch an den Werdegängen französischer Bankmanager, deren Karrieren sehr oft im Staatsdienst begonnen hätten. Das sei nicht zuletzt im Krisenfall hilfreich, wenn es gelte, Stützungsmaßnahmen zu orchestrieren.

Verbriefung kein Bankenthema

Mit Blick auf die Förderung des Finanzplatzes hat nach Ansicht Diederichs’ auch die Kommunikation der Branche noch Luft nach oben. Deutlich werde das am Beispiel der Wiederbelebung des Verbriefungsmarkts. „Das Thema wird bei uns immer als Bankenthema dargestellt“, kritisierte er. Tatsächlich handele es sich aber um ein gesellschaftliches Thema, da es erst die Voraussetzung schaffe, die grüne Transformation voranzutreiben. Angesichts des gigantischen Finanzierungsbedarfs und der regulatorischen Fesseln, denen die Banken bei der Kreditvergabe unterliegen, sei ein vitaler Verbriefungsmarkt unerlässlich, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann.

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