"2018 war kein gutes Jahr"
Sowohl beim platzierten Eigenkapital als auch bei Unternehmensanleihen ging das Volumen im laufenden Jahr zurück. Doch geht die Société Générale für 2019 von einer Besserung insbesondere bei den Eigenkapitaltransaktionen aus. Bei deutschen IPOs könnte eine Menge passieren. wrü Frankfurt – “2018 war kein gutes Jahr an den Eigenkapitalmärkten in Europa”, erklärt Ralf Darpe, der bei der Société Générale das Eigenkapitalgeschäft (ECM) in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet. “Es war vielmehr eines der schlechtesten der vergangenen zehn Jahre.” Denn wie Darpe vor der Presse in Frankfurt erläuterte, hat sich das Volumen der Eigenkapitalfinanzierung von 236 Mrd. Euro im Vorjahr auf nur noch 134 Mrd. Euro ermäßigt, wobei die Zahl der Transaktionen von 1 067 auf 793 zurückging. Nach einem guten Jahresbeginn sei die Volatilität an die Märkte zurückgekehrt, und die Emittenten hätten insbesondere in der zweiten Jahreshälfte vorsichtig agiert. In einem herausfordernden Marktumfeld seien die Bewertungen in Europa deutlich gefallen, von einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 14,9 vor Jahresfrist auf aktuell 12,8. Zudem habe eine Flucht in die defensiven Aktien eingesetzt, so dass vor allem zyklische Sektoren deutliche Einbußen erlitten haben, während der Sektor Healthcare sogar eine positive Performance erzielt hat.Für 2019 geht Darpe insgesamt von einer Besserung beim Volumen auf 165 bis 188 Mrd. Euro aus. Eigenkapital sei von Emittenten zum Teil auch wieder gefragt, weil die Anleihenfinanzierung etwas schwieriger geworden sei und weil auch bei M & A die Mittel knapper geworden seien. Die Dividendenrendite beim Stoxx sei inzwischen auf 3,8 % angestiegen, was für Investoren ein langfristig interessantes Niveau sei.Vor allem sprach sich Darpe für eine stärkere Nutzung der Aktie aus: “Ich hoffe, dass die Aktienquote in allen Altersvorsorgeanlagen erhöht wird.” In Deutschland liege die Aktienquote bei Pensionskassen bei gerade einmal 4,4 % im Vergleich zu 50 bis 60 % in nordischen Staaten. Das Ergebnis seien extrem niedrige oder mitunter gar negative Renditen hierzulande und Renditen von 6 % und mehr in Dänemark oder Norwegen. Mit einer Erhöhung der Aktienquote in Deutschland auf 15 bis 20 % wäre vor allem im Interesse der Anleger schon viel gewonnen.Am IPO-Markt sei 2018 das Volumen in Europa von 46 Mrd. Euro im Vorjahr auf 39 Mrd. zurückgegangen. Dabei habe sich gerade der deutsche IPO-Markt mit einem Anteil von 29 % in guter Verfassung präsentiert, was Darpe auf die drei großen Emissionen Siemens Healthineers, Knorr-Bremse und DWS zurückführte. Auch 2019 könnte sich bei Neuemissionen hierzulande eine Menge tun. Für entsprechende Möglichkeiten sorgten die Aufspaltung von Thyssenkrupp oder der Börsengang der Lkw-Sparte von Volkswagen. Nach 17 IPOs in Deutschland 2018 geht Darpe für 2019 von 10 bis 15 Emissionen aus. Als “Traum” bezeichnete er es, wenn wieder wie früher 50 % eines Börsengangs in Deutschland platziert werden könnten, aktuell würden bis zu 80 % einer Emission ins Ausland verkauft. Europaweit erwartet der Experte 2019 einen Anstieg des Volumens auf 40 bis 45 Mrd. Euro.Auch die Accelerated Bookbuildings (beschleunigte Platzierungen) litten 2018 unter dem schwierigen Marktumfeld, so dass ihr Volumen in Europa von 91 Mrd. Euro im Vorjahr auf 51 Mrd. Euro zurückging. Hier geht Darpe für 2019 von einem Anstieg der Platzierungen auf wieder 65 bis 70 Mrd. Euro aus. Blaupause CovestroAls Erfolgsgeschichte stellte der Eigenkapitalexperte die Platzierung von Covestro durch Bayer heraus. Beim IPO habe Bayer mit 24 Euro für eine Covestro-Aktie den Preis nicht ausgereizt. Über mehrere Platzierungen habe Bayer dann aber im Durchschnitt einen Preis von 71 Euro je Covestro-Aktie erzielt. Dieses Vorgehen sei sicher eine Blaupause für andere Adressen.Auf der Anleihenseite ist zum ersten Mal seit mehreren Jahren 2018 das platzierte Volumen bei Euro-Unternehmensanleihen deutlich zurückgegangen, und zwar von 380 Mrd. Euro im Vorjahr auf etwa 320 Mrd. Euro. “Die Party ist immer noch im Gange, die schönste Zeit liegt aber hinter uns”, erklärt Martin Wagenknecht, der bei der Société Générale das Geschäft mit Fremdkapital (DCM) in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet. Dass die EZB ihr Kaufprogramm auslaufen lasse, wirke sich klar auf den Markt aus. Es fehle schlichtweg einer der großen Nachfrager, und vor diesem Hintergrund sei auch mit einer Zunahme der Volatilität zu rechnen. Darüber hinaus habe es 2018 erstmals wieder Emissionen gegeben, die abgesagt wurden. Dies sei aber im Grunde nichts anderes als die “Rückkehr zur Normalität”. Potenzial für Social BondsFür das Jahr 2019 geht Wagenknecht von leicht steigenden Zinsen, leicht steigenden Spreads und einem selektiveren Vorgehen der Investoren aus. Das Volumen an Euro-Corporates dürfte sich leicht auf 323 Mrd. Euro erhöhen. Viel Potenzial gebe es für Social Bonds, hier herrsche ein deutlicher Nachfrageüberhang. Mehrere Unternehmen reagierten hier zunehmend auf den Druck der Investoren.