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2019 wird zum Jahr der Kryptobörsen

Von Dietegen Müller, Frankfurt Börsen-Zeitung, 19.12.2018 Kann bald Caffè Latte mit Bitcoin bezahlt werden? Nein, stellte Starbucks klar, als die Nachricht, die Kaffeehauskette beteilige sich an einer Kryptobörse, im Sommer 2018 entsprechend...

2019 wird zum Jahr der Kryptobörsen

Von Dietegen Müller, FrankfurtKann bald Caffè Latte mit Bitcoin bezahlt werden? Nein, stellte Starbucks klar, als die Nachricht, die Kaffeehauskette beteilige sich an einer Kryptobörse, im Sommer 2018 entsprechend interpretiert wurde. Anlass war, dass der Börsenbetreiber Intercontinental Exchange (ICE) unter dem Namen Bakkt einen Dienst für den Handel und die Verwahrung von digitalen Vermögenswerten angekündigt hat. Dies zusammen mit Starbucks, Microsoft und dem Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG). Die von Kelly Loeffler, Ehefrau von ICE-CEO Jeffrey Sprecher, geleitete Plattform wollte ursprünglich vor Weihnachten den Handel in einem Ein-Tages-Bitcoin-Terminkontrakt mit physischer Lieferung starten. Loeffler hat den Start zuletzt aber gegen Ende Januar in Aussicht gestellt – vorbehaltlich des Abschlusses des durch die US-Derivateaufsicht CFTC begleiteten Selbstzertifizierungsprozesses.Die Initiative von Bakkt zeigt, dass trotz des Kurseinbruchs der sogenannten Kryptowährungen im zurückliegenden Jahr (vgl. Grafik) das Interesse an einer Institutionalisierung von Krypto-Assets weiterhin hochgehalten wird. Überall sprießen Projekte für Kryptohandelsplattformen aus dem Boden, und 2019 dürfte zum Jahr der Handelsplattformen für digitale Assets werden. Für den Kryptomarkt wäre der Start von Bakkt ähnlich bedeutsam wie die Handelsaufnahme von Bitcoin-Futures ohne physische Lieferung durch CBOE und CME im Dezember 2017. Denn Bakkt verspricht eine vertrauenswürdige Preisbildung in Bitcoin-Preisen. Mehr Qualität in Preisbildung Der Aspekt der nicht manipulierbaren Preisbildung ist essenziell für die Zulassung regulierter börsengehandelter Kryptoprodukte. Es ist das Bindeglied, mit dem eine “sumpfige” Ecke der Finanzbranche institutionalisiert werden kann. Erst dann ließe sich mit Krypto-Asset-Produkten dauerhaftes Wachstum erzielen.Die US-Wertpapieraufsicht SEC hat bisher etwa noch niemandem erlaubt, Exchange Traded Products (ETPs) oder Exchange Traded Funds (ETFs) auf Kryptowährungen aufzulegen. Dies stets mit dem Verweis eines mangelhaften Manipulationsschutzes – womit auch die Handelsplattformen in die Pflicht genommen sind. Zuletzt hat die SEC eine Entscheidung über den Van Eck SolidX Bitcoin Trust ETF bis auf Ende Februar aufgeschoben. Dieses vom ETF-Anbieter Van Eck aufgelegte Produkt stützt sich auf außerbörsliche Kassa-Bitcoin-Notierungen der Handelsplattformen Circle Trade, Cumberland und Genesis Trading und gilt als potenzieller Eisbrecher für Krypto-ETFs. Bisher gibt es weltweit nur wenige Bitcoin-Fonds, die für qualifizierte Investoren zugänglich sind. An der Schweizer Börse ist zwar im November ein Exchange Traded Product (ETP) auf vier Kryptowährungen aufgelegt worden, doch ist diese Schuldverschreibung regulatorisch nicht vergleichbar mit einem börsengehandelten Indexfonds.Bakkt soll mit institutionellen Händlern rund um die Welt, die auch andere Assetklassen handeln, vernetzt werden, erklärte CEO Loeffler. Ziel sei es, ein “nahtloses globales Netzwerk” aufzubauen, in dem Konsumenten und Institutionelle digitale Assets kaufen, verkaufen, lagern und ausgeben können. Es geht also nicht nur um einen Bitcoin-Future. Die Zusammenarbeit mit Starbucks ist attraktiv, da die Kette die am meisten verbreitete Zahlungsapp in den USA mit rund 15 Millionen Nutzern im Markt hat. “Wir geben diesen Konsumenten mehr Wahl, wie sie bezahlen”, so Loeffler. ICE-CEO Sprecher betonte, die Bakkt-Transaktionen würden über das Clearinghaus von ICE verrechnet. Damit bestehe “kein Leverage-Risiko”. Dies bedeute auch, dass die Finanzindustrie im Boot sei. Das Risikokomitee von ICE Clearing US, in dem Vertreter der US-Finanzbranche sitzen, habe bereits zugestimmt. Die Verwahrung der digitalen Assets stellt Bakkt Warehouse sicher.Bakkt ist eines von vielen ambitionierten Kryptoplattform-Projekten. Der Chicagoer Derivatemarkt Eris Exchange (Erisx) will zusammen mit DRW Holdings, Virtu Financial und TD Ameritrade den Handel von Bitcoin, Ether, Bitcoin Cash, Litecoin und Terminkontrakten aufnehmen – auch hier begleitet die CFTC den Prozess. Die US-Technologiebörse Nasdaq wiederum hat den Start von Bitcoin-Terminkontrakten für das erste Halbjahr 2019 angekündigt und kooperiert dabei mit Van Eck. Die zum US-Fondsriesen Fidelity gehörende Fidelity Digital Asset Services ihrerseits macht den Handel in Kryptowährungen einer institutionellen Klientel zugänglich. Bison-App in Beta-PhaseIn Europa gehört die Stuttgarter Börse zu den Vorreitern. Sie arbeitet am Aufbau einer Plattform für Initial Coin Offerings (ICOs). Für das erste Halbjahr 2019 ist deren Marktfähigkeit geplant. Ebenfalls im ersten Halbjahr 2019 soll eine Kryptohandelsplattform an den Start gehen, die mit der Solaris Bank aufgebaut wird. Für diese werde eine Regulierung als multilaterale Handelsfazilität (MTF) angestrebt, heißt es. Die Solaris Bank, die unter anderem Gelder von Arvato, BBVA, Finleap und Visa eingeworben hat, stelle für die Gruppe Börse Stuttgart auch die im Kryptohandel benötigten Banking-Services bereit. Langsamer als ursprünglich in Aussicht gestellt geht es auch mit der Kryptohandels-App Bison voran. Am Dienstag wurde die offene Beta-Phase gestartet, in der nun vorab registrierte Interessenten handeln können.Auch in den als gegenüber Kryptoanlagen besonders liberal eingestellt geltenden Jurisdiktionen wie Gibraltar, Liechtenstein, Malta und der Schweiz wird am Aufbau von Kryptoplattformen gearbeitet. Die Gibraltar Blockchain Exchange ist der erste regulierte Marktplatz außerhalb Japans, wo Kryptohandelsplätze im Rahmen einer Selbstregulierung zugelassen werden können (vgl. BZ vom 24. November). An der GBX lassen sich Initial Coin Offerings durchführen, und es gibt einen Sekundärmarkt für digitale Münzen (Token). 2019 sollen tokenisierte Wertpapiere folgen – Wertpapiere, die durch eine digitale Entsprechung weltweit transferierbar sind.Auch die Schweizer Börse will mit der Six Digital Exchange im dritten Quartal 2019 ein Pilotprojekt in den Markt bringen (vgl. BZ vom 6. November). Die Six konzentriert sich auf die Digitalisierung bestehender Assets und will keinen Kryptowährungshandel anbieten. Doch auch weltweit, nicht zuletzt in Singapur, Südafrika, Australien, sind digitale Plattformen am Entstehen.